European Financial Consultants Association» (EFCA) heisst das im deutschen Riegelsberg beheimatete Projekt grossspurig. In der halben Schweiz finden in diesen Tagen Veranstaltungen statt, an denen Gutgläubige zum Mitmachen überredet werden: in Birr AG, in Naters VS, in Rapperswil SG, in Hergiswil NW und in Zürich. 100 bis 150 Interessierte nehmen pro Anlass teil. Wollen sie einsteigen und weitermachen, müssen sie jeweils fünf neue Bekannte mobilisieren – das klassische Schneeballprinzip zum möglichst raschen Aufbau einer Organisation.

Hinter dem Schweizer EFCA-Ableger steht Jürgen Käfer, gegen den sich in seiner Wohngemeinde Uetliburg SG die Betreibungsbegehren stapeln. Beobachter-Leser und -Leserinnen kennen ihn unter anderem als Chef der Firma Trendline Seminar AG; sie verkaufte 1993 sündhaft teure psychologisch angehauchte Kurse. Käfer und seine Mitstreiter haben bereits 500 bis 600 Schweizerinnen und Schweizer zum Mitmachen fürs neuste Projekt verpflichtet.

Ein fast hypnotischer Redner
Käfer redet gern und geschickt von der «genialen Idee» seines Unternehmens. Mit viel rhetorischem Brimborium, Bildern von teuren Autos und wunderschönen Videos verspricht er das grosse Geld für alle, die bei der EFCA mitmachen.

Wichtig ist vor allem der Teamgeist: Alle seien wie eine Familie, und nur Zusammenhalten führe zum Erfolg, so lautet Käfers Devise. Seine Methoden «grenzen an Hypnose», berichtet Kurt Rindlisbacher (alle Namen von Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmern geändert). Rita Sommerhalder spricht begeistert vom «supergeilen» Jürgen Käfer. «Trotzdem weiss ich eigentlich nicht, worum es geht. Jürgen informierte nicht, er demagogisierte nur. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass etwas faul ist.»

Ihr Gefühl trügt nicht. Laut ihren Formularen ist die EFCA eine AG mit Sitz an der Seestrasse 25 in Zollikon ZH. Dort gibts aber nicht einmal einen Briefkasten, und im Handelsregister ist keine EFCA AG eingetragen. Für Jürgen Käfer sind das nur Startschwierigkeiten: «Die Firma ist erst in Gründung, und die Adresse gehört zum Büro eines früheren EFCA-Mitarbeiters.»

Zu 20 Prozent an der EFCA beteiligt sein soll der bayrische Softwarekonzern Infomatec, der auch die nötigen Geräte liefern werde, heisst es an den Seminaren. Doch Infomatec-Pressesprecher Jürgen Schulze hat «den Namen EFCA noch nie gehört». Beteiligt ist laut mehreren Seminarteilnehmern auch die Currex Research & Trading GmbH in Arizona USA. Sie gehört laut Handelsregister einem weiteren «alten Bekannten» des Beobachters: Daniel Sabbia, der unter anderem 1993 ohne Bewilligung eine Arbeitsvermittlung betrieb. Sabbia ist als Schweizer EFCA-Chef aufgetreten, bevor Käfer den Posten übernahm. Unterdessen haben sich die beiden zerstritten: «Sabbia ist nicht mehr dabei. In ihm haben wir uns getäuscht.»

Doch wie soll Käfers Projekt eigentlich funktionieren? Wer an den Seminaren war, darf nachher so genannte Settop-Boxen vertreiben. Dank diesen Geräten erhalten alle, die ein Fernsehgerät besitzen, Zugang zum Internet. Dadurch wird der Markt über die Computerbesitzer hinaus vergrössert. In der virtuellen Welt will EFCA einen digitalen Supermarkt aufbauen, der die Wünsche der Benützer immer genauer kennt. Das System registriert jeden Mausklick, leitet daraus Hobbys und Vorlieben der Kundinnen und Kunden ab – und sucht möglichst zielgruppengerechte Kaufangebote. Orwell lässt grüssen.

Für jeden Kauf sollen dann die beteiligten Firmen der EFCA Provisionen abliefern, und zwar angeblich bis zu 20 Prozent. Wer diese grosszügigen Firmen sind, ist unbekannt; Verträge werden keine vorgelegt. Die Provisionen sollen dann an jene fliessen, die den Kunden angeworben haben – das klassische Schneeballprinzip, neuerdings in der Internetversion. Käfer bestreitet allerdings den Vorwurf des Schneeballsystems: «Niemand muss zuerst investieren, um weiterzukommen.»

«Ihr Einkommen bestimmen Sie selbst durch Ihre Leistung», verspricht die EFCA. Realistisch seien etwa 12500 Franken pro Monat. Das grosse Geld machen aber vorderhand nicht die Anhänger, sondern die Chefs. Der erste Informationsabend kostet 60 Franken «Reservationsgebühr», die Seminare bis zu 590 Franken. Mit bis zu 150 Teilnehmern pro Abend und drei Veranstaltungen pro Woche läppert sich das zusammen. Wer dabei ist, wird unter Erfolgsdruck gesetzt: Jeden Tag wollen die Vorgesetzten wissen, wie viele neue Leute angeworben wurden.

Teilnehmer fühlen sich verschaukelt
Umgekehrt erfahren die Mitarbeiter nur selten, wenn sie von den Chefs angelogen werden. So hiess es wochenlang, die Settop-Geräte würden den Kunden gratis zur Verfügung gestellt, um den Umsatz anzukurbeln. Seit dem 6. November ist klar: Die Geräte müssen für 399 Euro verkauft werden, also fast 640 Franken – mehr als doppelt so teuer wie vergleichbare Angebote. Geschockt verliessen Dutzende den Saal in der Frankfurter Kongresshalle, wo das Produkt lanciert werden sollte. Auch das Startdatum wurde – einmal mehr – verschoben, angeblich weil EFCA noch zu wenig Mitarbeiter zählt. Auch hier die unterschwellige Botschaft von oben nach unten: Ihr habt zu wenig hart gearbeitet.

Unnötig zu erwähnen, dass den Seminarteilnehmern fast nichts Schriftliches abgegeben wird. So kommen sie nicht in Versuchung, das Versprochene zu überprüfen. Und stellen sie trotzdem kritische Fragen, werden sie auf später vertröstet: auf das nächste «Opportunity Meeting», auf den kommenden «Powerday», auf die offizielle Lancierung des Produkts.

Das stösst selbst eingefleischten Anhängern sauer auf. «Wann beginnt man endlich, die für die Mitarbeiter relevanten Fragen zu beantworten?», fragt ein Schweizer entnervt im EFCA-internen Kommunikationsnetz. «Warum versuchen Sie alles schönzureden?», will ein Deutscher von den Chefs wissen. Zwei gute Fragen. Vor allem weil die Antworten ausblieben.