Noch nie wurde über einen Krieg intensiver berichtet als über die russische Invasion in die Ukraine. In Echtzeit rapportieren Newsticker von Raketeneinschlägen in Kiew. In unzähligen Social-Media-Videos sind Kriegsszenen aus den Frontgebieten im Donbass zu sehen. Beinahe hat man sich gewöhnt daran, dass in Europa wieder Krieg herrscht. Zumal sein Ende, so zumindest meinen einige Militärfachleute, vorauszusehen sei. Doch wird der Krieg wirklich mit einem sauberen Schnitt enden – mit Sieg und Niederlage, einem tragfähigen Verhandlungsschluss?

«Der Krieg ist ein wahres Chamäleon» – dauernd wandelt er seine Erscheinungsform: So hat es der preussische Generalmajor Carl von Clausewitz (1780–1831) einst formuliert, der meistzitierte Kriegstheoretiker der Geschichte. Zwar sind fast 200 Jahre verstrichen seit seinem Buch «Vom Kriege», aber die Beobachtung trifft immer noch zu: Jeder Krieg ist ein hochdynamisches Ereignis, sein Verlauf ist nicht vorhersehbar, sein Ende oft unklar. 

Das gilt auch für seinen Anfang. Ausser zur Selbstverteidigung ist Krieg völkerrechtlich verboten; festgehalten wird das in der Charta der Uno von 1945. Seither ist die Zeit der formellen Kriegserklärungen vorbei. Entstanden ist das allgemeine Gewaltverbot nach den beispiellosen Verwüstungen durch den Zweiten Weltkrieg. Aber auch aus Notwendigkeit: Die beiden Atombombenabwürfe der USA auf Nagasaki und Hiroshima hatten klargemacht, wozu diese Waffen imstande sind.