Der «Umweltbericht 1999/2000» ist vierfarbig, natürlich auf rezykliertem Papier gedruckt und berichtet auf zwanzig Seiten über die Erfolge der Firma Canon. Der Leser erfährt, dass die firmeneigenen Servicefahrzeuge immer weniger Kilometer zurücklegen, dass der Stromverbrauch des Unternehmens langsam zurückgeht und dass der Verbrauch von Kopierpapier abnimmt. Kurz: Der Schweizer Ableger des weltweit tätigen Bürogeräte-, Foto- und Videohändlers, der eng mit dem WWF zusammenarbeitet, hat die Umweltbelastung gesamthaft um 4,5 Prozent verringert.

Nicht alle Typen werden rezykliert

Doch mit dem firmeneigenen Rücknahme- und Wiederverwertungsprogramm hapert es. Beim Fotokopierer von Beobachter-Leser Karl L. ging der Toner zur Neige. Das Auswechseln ist kein Problem aber was tun mit der leeren Tonerkassette? Beigelegt ist ein Prospekt mit Anweisungen, wo man sie in Griechenland, Australien oder Finnland entsorgen kann. Doch von einem Recyclingprogramm in der Schweiz steht nichts.

Karl L. sucht im Internet. Fehlanzeige. Also ruft er die Firma Canon an. Er solle die Kassette einschicken. Diese werde dann neu gefüllt und zu einem reduzierten Preis wieder verkauft, sagt die Telefonistin zuerst. Dann erkundigt sie sich nach der Typennummer. «E 30? Der wird nicht rezykliert.» Also wegwerfen? «Ja, leider», heisst es am andern Ende der Leitung.

Warum wird der gleiche Typ Tonerkassette offenbar auf der halben Welt wieder verwertet ausser in der Schweiz?

«Die weltweit verbrauchten Tonerkassetten werden an drei Standorten demontiert und zum Teil wieder verwertet», sagt Umweltchef Edy Birchler. Anders in der Schweiz: Hier werde gut die Hälfte der Modelle tatsächlich aufgefüllt und als «Rebuilt-Modelle» gut einen Viertel billiger als üblich verkauft.

Und die andern Modelle wie zum Beispiel der Typ E 30? Die landen in der Kehrichtverbrennungsanlage oder bei einem Schrotthändler zur «fachgerechten Entsorgung». Dort werden zwar auch einzelne Teile aussortiert, der Löwenanteil der rund 800 Gramm schweren Kassetten wird aber verschrottet und verbrannt.

«Das betrifft vor allem jene Modelle, bei denen sich das Rebuilt-Verfahren nicht lohnt, weil zu wenig Stückzahlen verkauft werden», begründet Canon-Materialverkaufsleiter Rolf Tanner. Ausserdem schwinde auch die Nachfrage nach wieder aufgefüllten Modellen. Der telefonische Rat, die Tonerkassette wegzuwerfen, sei trotzdem falsch gewesen, sagt Rolf Tanner. Es sei sinnvoller, wenn Canon die nicht rezyklierten Modelle entsorgen lasse, als wenn alle ihre Tonerbehälter in den Müll werfen.

Technikboom gefährdet Recycling

Punkto Zahlen gibt sich Canon zurückhaltend. Die Chefs räumen aber ein, dass der Anteil der «Rebuilt-Module» in den letzten Jahren «infolge des schnellen Technologiewandels und der erhöhten Anforderungen massiv zurückgegangen» sei obwohl sich das Unternehmen als Umweltziel für 2001 gesetzt hat, «über 90 Prozent aller Produkte zu rezyklieren und wieder zu verwenden».

Immerhin sollen demnächst die in der Schweiz verkauften Modelle mit einem eigenen Kleber versehen werden. Damit klar ist, welche Teile tatsächlich rezykliert werden und welche nicht.