Guido Fluri scheut die Kamera. Einer breiteren Öffentlichkeit ist er erst bekannt, seit er die Miss-Schweiz-Wahl übernahm – und diese neu positionierte als Charity-Organisation für die Stiftung für das Kinderherz des Chirurgen Thierry Carrel. Nur ungern erzählt er von sich. Seine Familien-Holding veröffentlicht keine Geschäftszahlen. Doch wer ist der Mann, der ein geschätztes Vermögen in dreistelliger Millionenhöhe besitzt und sich für die Opfer von Behördenwillkür starkmacht?

Aus einfachsten Verhältnissen arbeitete er sich hoch und betreibt mittlerweile ein Geschäft mit Liegenschaften an besten Lagen in allen grossen Zentren der Schweiz. Ein wesentlicher Teil des Gewinns fliesst in seine eigene Stiftung. Diese wiederum spiegelt sein Leben wider: Sie setzt sich ein gegen Gewalt an Kindern, finanziert die Erforschung von Schizophrenie und unterstützt die Behandlung von Hirntumoren.

«Ich hatte Panikattacken»

Fluri wurde als uneheliches Kind einer 17-jährigen Serviertochter geboren. Seine Mutter erkrankte kurz nach seiner Geburt an Schizophrenie, den Vater kennt er bis heute nicht. Als Kleinkind wurde er von einem Ort zum anderen geschoben, lebte kurz im Kinderheim Mümliswil SO, das er inzwischen der Gemeinde abgekauft und zur ersten Gedenkstätte für Heim- und Verdingkinder ausgebaut hat.

«Als Kind habe ich darunter gelitten, in einem kleinen Dorf ein uneheliches Kind zu sein», erzählt Fluri. Er habe teils schreckliche Erfahrungen gemacht. «Ich hatte Panikattacken, die im Lauf des Lebens immer stärker wurden.» Erst durch jahrelange Therapie habe er diese überwunden.

Die Lehre als Spengler brach er ab, jobbte an einer Tankstelle. Mit seinem Ersparten von wenigen tausend Franken und einem Bankkredit kaufte er ein Grundstück und bebaute es. Aus dem Verkauf resultierte ein satter Gewinn, der Beginn einer Tellerwäscherkarriere. Fluri wurde zum Geschäftsmann, der beharrlich seine Ziele verfolgt. Doch er blieb nicht von Tiefschlägen verschont. 2005 erkrankte er am seltenen Akustikusneurinom, einem gutartigen Tumor, der aber lebensbedrohliche Folgen haben kann. Ein einschneidendes Erlebnis, das für ihn glücklich endete.

Nun will Fluri Geld vom Staat. Nicht für sich, sondern für die Opfer der Zwangsmassnahmen. «Ich will Gerechtigkeit für jene, die durch den Staat Unrecht erlitten», sagt er. «Ich selber bin ein Betroffener. Aber ich bin kein Opfer.»

«Es war ein langer Prozess, der nun zur Lancierung der Wiedergutmachungsinitiative geführt hat», sagt Guido Fluri. Die Idee war ihm mitten in der Nacht gekommen. «Immer wieder habe ich darüber nachgedacht, wie unerträglich es ist, dass die Schweiz bis heute die Folgen der früheren fürsorgerischen Zwangsmassnahmen verdrängt und Heim- und Verdingkinder, Weggesperrte, Zwangssterilisierte und Zwangsadoptierte mit ihrem Leid alleinlässt.»

Plötzlich war für ihn klar: Das Schweizer Stimmvolk soll darüber abstimmen, ob den Opfern dieser jahrelangen Behördenwillkür eine finanzielle Wiedergutmachung geleistet werden soll.

1 SR 101

2 Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmung wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.