«Mein Arbeitgeber wollte mich in die IV abschieben, dabei konnte und wollte ich voll arbeiten», empört sich der 60-jährige Roland Schürch, der 20 Jahre lang bei der Firma Auverna im solothurnischen Horriwil in leitender Funktion angestellt war. Der Verwaltungsratspräsident und der Geschäftsführer des Präzisionsteilherstellers mit 25 Angestellten hätten ihm, so Schürch, nach einem Herzinfarkt nahe gelegt, sich invalidschreiben zu lassen. «Sie sagten, andere in meiner Situation hätten eine volle Invalidenrente.» Später berechnete ihm Geschäftsführer Peter Büttler die Invalidenrente und zeigte Schürch, dass er damit bloss 500 Franken weniger Einkommen hätte. Auf Schürchs Frage, ob denn seine Leistung nicht mehr stimme, habe Büttler gemeint: Nein, nein. Die sei in Ordnung.

Schürch hatte mit 56 Jahren einen Herzinfarkt, erholte sich aber so gut, dass er schnell wieder voll arbeitsfähig war und auch lange Velotouren unternehmen konnte. Nach 16 Jahren als Betriebsleiter versetzte man ihn in den Aussendienst und kürzte den Lohn um 1500 Franken pro Monat; Schürch blieb aber Mitglied der Geschäftsleitung. Dann landeten keine Offertstellungen mehr auf seinem Pult – Geschäftsführer Büttler machte sie nun selbst. Später seien seine Sachen ohne sein Einverständnis vom Einzel- ins Grossraumbüro gezügelt worden.

«Eine massive Unterstellung»
Nachdem er sich im November 2004 geweigert hätte, eine IV-Rente zu beantragen, habe ihm der Geschäftsführer Anfang März wieder einen neuen Vertrag präsentiert: Tätigkeit nicht mehr im Büro, sondern in der Werkhalle, nochmals 1000 Franken weniger Lohn. «Dieser Vertrag war die Quittung dafür, dass ich mich nicht in die IV abschieben liess», ist Schürch überzeugt. Die erneute Herabstufung brachte das Fass zum Überlaufen: Schürch wurde krankgeschrieben.

Die Auverna bestreitet Schürchs Darstellung: «Die Behauptung, Herrn Schürch in die IV abschieben zu wollen, ist falsch und eine massive Unterstellung», meint Geschäftsführer Büttler. Auf Schürchs Wunsch habe die Auverna im Oktober 2004 seine zukünftigen finanziellen Einkommensverhältnisse im Falle einer Teil- oder Vollinvalidität sowie die einer vorzeitigen Pensionierung dargestellt. Im März 2005, also ein halbes Jahr später, habe er mit Schürch über einen möglichen zusätzlichen Arbeitsinhalt gesprochen. «Es entstand weder eine Lohnkürzung noch ein neuer Vertrag», meint Büttler. Im selben Monat habe sich Schürch krankgemeldet, später gekündigt und seine Tätigkeit bis zu seinem Austritt nicht wieder aufgenommen.

Dem widerspricht Schürchs Hausarzt: «Roland Schürch wollte kein IV-Fall werden. Er wollte immer arbeiten.» Und weshalb wurde er krankgeschrieben? «Schürch war sehr frustriert, dass ihn sein langjähriger Arbeitgeber in die Invalidität drängen wollte, und geriet dadurch in eine Depression», sagt der Hausarzt. Deshalb und nicht weil Schürch nicht arbeiten wollte, habe er ihn krankgeschrieben.

Auch die Tatsachen sprechen für Schürch: Statt lange Krankentaggeld zu beziehen und sich bei der IV anzumelden, ging Schürch umgehend auf Arbeitssuche, fand schnell einen Job und arbeitet seit November bei der Konkurrenz.