«Wir sehen uns leider gezwungen, Ihren Arbeitsvertrag den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen.» Die verniedlichende Formulierung kann nicht darüber hinwegtäuschen: Hier geht es um einen Angriff aufs Portemonnaie. Lohnkürzung, längere Arbeitszeit, weniger Ferien, gestrichene Gratifikation – Möglichkeiten, auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu sparen, gibt es viele. Vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sehen sich Angestellte häufig mit einer Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen konfrontiert – von einem Tag auf den andern, gelegentlich auch rückwirkend. Muss man das hinnehmen?

Klar definierte Spielregeln

Klar ist, dass der Arbeitgeber von Gesetzes wegen ein Weisungsrecht gegenüber seinen Angestellten hat. Organisatorische Änderungen im Arbeitsablauf, ein Verschieben der Pausen, Beförderung und Versetzung von Mitarbeitern: All dies liegt im Kompetenzbereich des Arbeitgebers, solange die Anordnungen nicht schikanös oder persönlichkeitsverletzend sind und die arbeitsvertraglichen Rechte der Angestellten nicht tangieren. Konkret heisst dies beispielsweise:

  • Arbeitnehmende mit klar umschriebenem Aufgabenbereich müssen nicht akzeptieren, dass ihnen der Chef plötzlich eine weniger qualifizierte Tätigkeit zuweist.

  • Vertraglich vereinbarte Arbeitspensen sind einzuhalten.

  • Lohnkürzungen auf den nächsten Monatsersten oder sogar rückwirkend sind nicht erlaubt. Ebenso wenig kann der Arbeitgeber Anfang Dezember den bisher gewährten 13. Monatslohn streichen.

  • Die Versetzung an einen auswärtigen Arbeitsort muss zumutbar sein. Zusätzliche Spesen für den längeren Arbeitsweg zahlt der Arbeitgeber.


Angestellte können auf Einhaltung ihrer Verträge pochen. Verbindlich sind nicht nur schriftliche, sondern auch mündliche oder stillschweigende Abmachungen, die sich im Lauf der Zeit eingespielt haben.

Doch Arbeitsverträge sind nicht in Stein gemeisselt und können gekündigt werden. Ein Chef, der – wie es oft so schön heisst – eine «inhaltliche Neugestaltung der Arbeitsbedingungen» wünscht, kann dies tun, indem er den alten Vertrag auflöst und einen neuen zu geänderten Bedingungen anbietet. Eine solche Änderungskündigung ist gemäss Bundesgericht grundsätzlich zulässig. In der Regel ist dagegen nichts zu machen. Den betroffenen Arbeitnehmenden bleibt nur die Wahl, den neuen Vertrag zu akzeptieren oder den Arbeitsplatz zu wechseln. Ein paar Spielregeln sind aber zu beachten. Hier die wichtigsten Tipps:

  • Eine Änderungskündigung kann auch mündlich erfolgen. Entscheidend ist, dass die Kündigungsfrist des alten Vertrags eingehalten wird, die geänderten Arbeitsbedingungen also erst nach deren Ablauf in Kraft treten.

  • Kündigt der Arbeitgeber, weil man einer sofortigen Vertragsänderung nicht zustimmt, handelt es sich um eine missbräuchliche Rachekündigung.

  • Während der gesetzlich festgelegten Kündigungssperrfristen bei Krankheit, Militärdienst und Schwangerschaft darf keine Änderungskündigung erfolgen.

  • Erhalten innert 30 Tagen viele oder gar alle Mitarbeiter Änderungskündigungen, sind die Regeln über die Massenentlassung zu beachten. Das heisst, es braucht eine Konsultation der Arbeitnehmerschaft sowie eine Mitteilung ans Arbeitsamt. Unterbleibt die Anhörung, ist die Kündigung missbräuchlich. Fehlt die Anzeige ans Arbeitsamt, ist die Kündigung unwirksam.

  • Laut Bundesgericht kann eine Änderungskündigung ausnahmsweise missbräuchlich sein, wenn es für die erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen keine sachliche Rechtfertigung gibt. In diesem Fall kann eine Entschädigung eingeklagt werden. Allerdings ist es in diesem Fall am Arbeitnehmer, den Missbrauch zu beweisen. Lassen Sie sich beraten.


  • Falls Sie am Monatsende weniger als den vereinbarten Lohn erhalten, sollten Sie den Grund sofort abklären. Protestieren Sie aus Beweisgründen schriftlich gegen eine sofortige oder gar rückwirkende Lohnkürzung beziehungsweise andere Vertragsänderungen. Pochen Sie auf Einhaltung der Kündigungsfrist.

  • Kündigt der Arbeitgeber, weil Sie einer sofortigen Vertragsänderung nicht zustimmen, handelt es sich um eine missbräuchliche Rachekündigung, gegen die man sich wehren kann. Das Gleiche gilt, wenn es für die Vertragsänderung keine sachliche Rechtfertigung gibt oder wenn durch den neuen Vertrag gesetzliche oder gesamtarbeitsvertragliche Mindestbestimmungen verletzt werden. Holen Sie sich in diesen Fällen juristischen Rat.
  • Bei Krankheit, Militärdienst und Schwangerschaft gibt es einen Kündigungsschutz. Dieser gilt auch bei Änderungskündigungen.
  • Auch für den Fall, dass die Firma Ihres Arbeitgebers verkauft wird oder mit einem anderen Unternehmen fusioniert, ist dies kein Grund, Arbeitsverträge per sofort abzuändern. Denn mit dem Verkauf eines Unternehmens gehen die bestehenden Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über. Der neue Besitzer muss die geltenden Kündigungsfristen einhalten, falls er die Verträge anpassen will.
  • Achtung: Wenn Sie eine Vertragsänderung längere Zeit kommentarlos hinnehmen, kann dies als stillschweigende Zustimmung gewertet werden.

Ein Firmenverkauf ist kein Grund, Arbeitsverträge per sofort abzuändern. Denn mit dem Verkauf eines Unternehmens gehen die bestehenden Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über, sofern die Angestellten den Übergang nicht ablehnen. Will der neue Besitzer die Verträge der Mitarbeiter anpassen, braucht es eine Änderungskündigung.