Lothar S. und Sara P. arbeiten als Team. Ihre Aufgabe ist es, ein neues Produkt zu vermarkten. Doch bei der Zusammenarbeit der beiden harzt es gewaltig: «Sie ist langsam, viel zu pingelig und blockiert alle neuen Ideen mit Einwänden und Bedenken», schimpft Lothar S. über seine Kollegin. Und Sara P. kontert: «Er ist ein arroganter, unkollegialer Angeber, der nur seine Karriere im Kopf hat.»

Die zwei Angestellten lassen keine Gelegenheit aus, einander anzuschwärzen und auszutricksen – bis es dem entnervten Chef zu bunt wird: Einer der Streithähne muss gehen. Kurzerhand schickt er Sara P. die Kündigung. Sie sei schliesslich weniger lang im Betrieb als ihr Kollege, lautet seine Begründung.

Auseinandersetzungen zwischen Arbeitnehmenden sind in Schweizer Büros und Werkhallen keine Seltenheit, wie die Erfahrungen an der Beobachter-Hotline zeigen. Und häufig enden die Konflikte mit der Entlassung eines der Kontrahenten.

Nach einem neueren Entscheid des Bundesgerichts kann ein solcher Schritt den Arbeitgeber aber teuer zu stehen kommen. Eine voreilige Kündigung zur Rettung des Betriebsklimas ist unter Umständen missbräuchlich.

Klägerin war im betreffenden Fall eine Operationsschwester aus dem Kanton Waadt, die mit einer Arbeitskollegin in einem ständigen Konflikt lebte. Die Folge: ein stark beeinträchtigtes Betriebsklima. Der ungute Zustand dauerte einige Jahre, bis die Operationsschwester schliesslich verwarnt und wenig später entlassen wurde. Sie wollte die Kündigung aber nicht hinnehmen und ging vor Gericht.

Die Richter kamen zu folgendem Schluss: Grund für das schlechte Arbeitsklima war der Konflikt zwischen zwei Personen, die sich nicht ausstehen konnten. In einem solchen Fall sei der Arbeitgeber verpflichtet, Massnahmen zu treffen, um die Situation zu entschärfen. Dies ergebe sich aus der gesetzlich verankerten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.

Zwar habe es zahlreiche Gespräche gegeben, aber immer nur mit der Klägerin. Eine Aussprache zwischen den Konfliktparteien sei zwar vorgeschlagen worden, habe aber gleichwohl nicht stattgefunden. Und auch die schriftliche Verwarnung sei kein passendes Mittel gewesen, um die Situation zu bereinigen. Erstens kam sie zu spät, und zweitens hätte neben der Operationsschwester auch die andere Mitarbeiterin eine Verwarnung erhalten müssen.

Die Lausanner Richter befanden die Kündigung als missbräuchlich. Die Krankenschwester erhielt eine Entschädigung von rund 20'000 Franken.