Angestellte kosten Geld, selbst wenn sie nicht arbeiten. Ferien, Krankenlohn, AHV-Beiträge, Unfallversicherung und Pensionskasse - alles will bezahlt sein. Wen wundert’s, dass Schlaumeier unter den Arbeitgebern immer wieder versuchen, sich mit einem Trick von den unliebsamen Kosten zu befreien. Kurzerhand werden aus Angestellten Selbständigerwerbende, freie Mitarbeiter oder Freelancer. Bezahlt wird nur noch der «nackte» Lohn. Sozialleistungen und Versicherungen sind Sache der Arbeitenden.

Dass sich derlei Sparübungen für den Arbeitgeber aber meist nicht bezahlt machen, zeigt der folgende Fall, der kürzlich das Arbeitsgericht Zürich beschäftigte. Laura P. war bereits über 50jährig, als sie nach längerem Suchen im Frühling 1996 eine Stelle als freie Mitarbeiterin in einer Werbeagentur fand. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen, die Arbeitnehmerin musste sich aber verpflichten, nach einem im voraus festgelegten Wochenplan in der Agentur zu arbeiten. Für den geleisteten Einsatz stellte Laura P. jeweils Rechnung: Stundenlohn ohne Sozialleistungen. Mit der AHV solle sie selbst abrechnen, verlangte der Chef.

«Mir wurde gedroht, dass morgen jemand anderer meine Arbeitsstelle bekomme, falls ich nicht einverstanden sei», erinnert sich Laura P. So meldete sie sich wohl oder übel bei der AHV als Selb-ständigerwerbende an.

Das Arbeitsverhältnis war alles andere als erfreulich. «Es herrschte ein Klima von Angst und Unterdrückung», berichtet Laura P. «Kleinste Fehler wurden hart kritisiert. Anweisungen mussten peinlichst genau eingehalten werden. Wir Angestellten hielten dies nur aus, weil niemand es sich leisten konnte, den Job zu verlieren.»

Dreister Patron

Im Mai 1997 war es trotzdem soweit: Laura P. weilte gerade in den Ferien, die sie unfreiwillig nehmen musste. Man brauche sie ab sofort nicht mehr, wurde ihr telefonisch beschieden - ohne Angabe von Gründen. «Ich musste die Agenturschlüssel per Express zurücksenden und durfte das Gebäude nicht mehr betreten.»

Nun hatte Laura P. nichts mehr zu verlieren. Sie reichte Klage beim Arbeitsgericht ein und verlangte die Uberprüfung ihres angeblichen Freelance-Vertrages. Zudem forderte sie den Lohn während der Kündigungsfrist, Entschädigung wegen ungerechtfertigter fristloser Entlassung, Ferienlohn, Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen - und dies alles samt Verzugszins von fünf Prozent.

Ein Jahr später hielt Laura P. das für sie positive Urteil in den Händen. Das Gericht kam zum Schluss, dass das Vertragsverhältnis alle Merkmale eines Arbeitsvertrages aufweise, und präsentierte dem Arbeitgeber eine saftige Rechnung. Die Werbeagentur musste der ehemaligen Mitarbeiterin über 15'000 Franken bezahlen. Sparen hat eben manchmal seinen Preis.

Wann liegt ein Arbeitsvertrag vor?

«Durch den Arbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung eines Lohnes...» So steht es im Gesetz. In der Praxis ist es jedoch nicht immer einfach, den Arbeitsvertrag von anderen verwandten Vertragsverhältnissen - etwa dem Auftrag - zu unterscheiden. Wesentlich für einen Arbeitsvertrag sind:

  • Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer stellt dem Arbeitgeber die Arbeitskraft auf Zeit (befristet oder unbefristet) zur Verfügung. Sie oder er schuldet dem Arbeitgeber eine Arbeitsleistung während einer bestimmten Dauer und nicht einen konkreten Arbeitserfolg.
  • Der Arbeitnehmer fügt sich in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers ein, muss dessen Weisungen befolgen und sich kontrollieren lassen. In der Regel arbeitet er in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers, der ihm die notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung stellt. Er muss bestimmte Arbeitszeiten einhalten und trägt kein Unternehmerrisiko.
  • Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Lohn. Unentgeltliche Gefälligkeitsleistungen unter Freunden sowie ehrenamtliche Mitarbeit in Vereinen begründen keinen Arbeitsvertrag.
  • Während Selbständigerwerbende meist für mehrere Auftraggeber tätig sind, «dient» der Arbeitnehmer in der Regel einem einzigen Arbeitgeber. Er darf ihn nicht konkurrenzieren und ist verpflichtet, die berechtigten Interessen des Arbeitgebers zu wahren.

Die genannten Kriterien sind nicht immer eindeutig. Es gibt Ausnahmen und Grenzfälle. Oft lehnt auch die AHV die Anerkennung als Selbständigerwerbende ab. Massgebend ist dabei aber immer die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses und nicht etwa die Bezeichnung, die die Parteien dem Vertragswerk geben. In Zweifelsfällen muss gerichtlich entschieden werden, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt.