40 Jahre seines Lebens verbrachte Roger Hausmann, ohne zu wissen, dass er hochbegabt ist. Dass er in der Schule kaum je Aufgaben erledigen musste, dessen war er sich zwar schon immer bewusst, aber von seiner Hochbegabung erfuhr er eher durch Zufall. Vor zwei Jahren stiess der heute 42-Jährige auf die Homepage des Vereins Mensa, in dem Menschen mit einem Intelligenzquotienten von über 130 Mitglied sind. Er machte den Test mehr aus Spass und gehört seither auch zu diesem exklusiven Klub.

Als Hausmann zur Schule ging, war Hochbegabung kein Thema: «Ich langweilte mich zu Tode, störte den Unterricht und ging dem Lehrer auf den Wecker», sagt er über diese Leidenszeit. Obwohl er der beste Schüler war, ging er nicht aufs Gymnasium – die Schule war ihm verleidet.

Hausmann absolvierte eine Banklehre. Da er schnell begriff, konnte er früher als andere komplizierte Geschäfte abwickeln und schon als Lehrling Kunden beraten. Doch aus der klassischen Bankkarriere wurde nichts, denn Hausmann wechselte wegen seiner Schreibleidenschaft den Beruf: Er wurde Journalist und arbeitete bei der «Finanz und Wirtschaft», bis er sich vor fünf Jahren als Texter selbstständig machte.

Hausmann empfindet seine Hochbegabung zwar als Geschenk, doch sie belastete seine Ehe. «Wenn meine Frau ein Problem schilderte, hatte ich oft die Lösung gefunden, bevor sie fertig erzählt hatte», nennt er als Beispiel für die Schwierigkeiten in der Beziehung. «Sie warf mir dann jeweils vor, ich hörte ihr gar nicht richtig zu.»

Der geschiedene und zu 50 Prozent allein erziehende Roger Hausmann hat einen Sohn, der an der Grenze zur Hochbegabung ist. Seine frühere Ehefrau und er wollen bei der Erziehung «möglichst kein Theater» um diese Begabung machen. Hausmanns Erkenntnis: «Wichtig ist, dass man aus den Stärken etwas macht und bei den Schwächen Hilfe holt.»

Quelle: Dan Cermak