Der rasende Fotograf stürzt in der ersten Minute des Tests vom Brett, später schrammt der Reporter über den Asphalt. Dazwischen ist die Testcrew am Werk – weit erfolgreicher und absolut unfallfrei: die vier Geschwister Fabian (18), Tina (15), Marius (13) und Dominic (10), verstärkt von ihren zwei Freunden Ben (18) und Benjamin (11) sowie der Nachbarin Anna (14). Die geplante Geschlechterparität platzt im letzten Moment; deshalb werden die von den beiden Testerinnen verteilten Punkte doppelt gezählt.

Die Aufgabe: zehn Mini-Scooter nach persönlicher Einschätzung beurteilen. Im Mittelpunkt stehen dabei Fahrvergnügen, Lenkbarkeit und Aussehen. Zudem werden Rollgeschwindigkeit und Bremsweg ermittelt – nach objektiven Kriterien, um einen direkten Vergleich zu ermöglichen. Die Wirksamkeit der Bremsen interessiert vor allem im Hinblick auf die Unfallgefahr. Die Warnungen auf den Geräten sind deutlich genug, auch wenn sie manchmal nur in Englisch («JD Air», «Wetzer», «Dreirad-Kickboard») und wenig sinnvoll auf der Unterseite des Bretts («JD Air», «Wetzer») angebracht sind.

Ein Roller völlig von der Rolle
Die kleine Schar von Jugendlichen flitzt davon: auf Geräten, die Kickboards heissen, weil man auf einem Brett («board») steht und mit dem Fuss «angibt» («to kick»); die Scooter genannt werden, da man mit ihnen rasen kann («to scoot»); die der Prospekt als Stickboards anpreist, weil die Bretter mit einem Stab («stick») gelenkt werden; die manchmal aber auch simpel als Trottinette (auf das französische Verb «trottiner» zurückzuführen) bezeichnet werden, was übersetzt «kurzen Trab gehen» bedeutet.

Fabian hat das Pech, gleich zu Beginn die grösste Niete zu ziehen. Das «Dreirad- Kickboard» entpuppt sich als störrischer Esel. Mit den besten Absichten hat er sich an die Arbeit gemacht und sämtliche Vorurteile über Bord geworfen – überzeugte Skateboarder stehen freiwillig nicht auf solche Langweiligkeiten –, doch der gute Wille hat nicht geholfen: Das Kickboard mit dem breiten Chromstahlschutzblech über dem Hinterrad ist zwar hübsch anzusehen, aber mehr nicht. «Da stehe ich nicht mehr drauf», gibt er bekannt. Kaum lenkbar sei es, eine schwabblige Sache – quasi gemeingefährlich. Seine Schwester Tina deklariert das Gerät kurzerhand als «Seich», und Freundin Anna springt nach zwei Tritten mit einem entsetzten «Uii!» vom Brett.

Es ist unmöglich, das Gerät für den Geschwindigkeits- und den Bremstest über 50 Meter geradeaus zu steuern (Sturz!). Mit der Gesamtnote 2,3 landet das «Dreirad-Kickboard» auf dem letzten Platz. Bestes Beispiel dafür, was man bei der Konstruktion solcher Freizeitgeräte – in diesem Fall immerhin 340 Franken teuer – alles falsch machen kann.

Der Rest der Flitzer schneidet mit einer Gesamtpunktzahl zwischen 4,6 und 8 weit erfreulicher ab. Das Maximum von 10 erreicht indes kein Produkt.

Als Hauptkriterium haben die sieben Jugendlichen den Fahrspass zu beurteilen. Mit welchem Scooter amüsieren sie sich am meisten? Kann man auf dem Hinterrad fahren, also ein «Mändli» machen? Bockt der Untersatz, wenn er zum «Wiibli» gezwungen wird, also das ganze Gewicht auf dem Vorderrad liegt? Sind auch Sprünge möglich?

Der Entscheid ist eindeutig. Wie auch bei der Gesamtnote schneiden beim Spassfaktor jene Geräte am besten ab, die direkt von den klassischen Trottinetten abgeleitet sind: «Micro Skate Air», Gesamtsieger «JD Air» und die zwei «Puky» belegen punkto Vergnügen vier der ersten fünf Ränge. Sie rollen auf luftgefüllten Reifen und verfügen über einen traditionellen T-Lenker.

«JD Air» und «Micro Skate Air» sind Weiterentwicklungen der ursprünglichen Mini-Trottinette wie «Micro Skate Classic», ausgerüstet mit kleinen Kunststoffrädern aus Polyurethan (PU). Grössere, mit Luft gefüllte Räder führten die Hersteller ein, weil so auch Ausflüge über Kies und Kopfsteinpflaster möglich sind. Marius lobt den daraus resultierenden Fahrkomfort: «Das ÐMicro Skate Air? rollt angenehm weich, es gibt keine Schläge.» Benjamin kürt das «JD Air» gleich zu seinem Favoriten: «Das ist tipptopp, das würde ich nehmen!»

Erstaunlich: Wim Ouboter, Entwickler der «Micro Skate»-Scooter, und Dölf Baltensperger, Importeur der amerikanischen Konkurrenz «JD», bezeichnen die von den Jugendlichen so gut eingestuften Geräte als überholt. Für eine hohe Rollgeschwindigkeit sei ein hoher Luftdruck nötig, was einen regelmässigen Griff zur Pumpe erfordere; das sei umständlich. Doch auch mit dem korrekten Druck seien die Geräte zu langsam: Deshalb wird neu auch bei den grösseren Rädern eine Bereifung aus Polyurethan oder Lycra angeboten. Ouboter: «Diese Geräte sind Raketen!»

Gut in Fahrt – mit miesen Bremsen
Ein Entscheid, der punkto Unfallgefahr nicht besonders klug ist; denn auch bei den Bremsen schneiden die Geräte mit luftgefüllten Rädern mehrheitlich besser ab.

Beim Test der Bremsleistung hinterlässt Sieger «JD Air» eine schwarze Bremsspur auf dem Boden und steht bereits nach drei Metern. Das grössere der zwei «Puky» wird von seinen Felgenbremsen nach 4,3 Metern gestoppt; der «Wetzer», das einzige gut platzierte Gerät mit kleinen PU-Rädern (Rang 3), benötigt 5,7 Meter bis zum Stillstand. Die Bremsleistung des «Wetzers» beruht auf einer wirksamen Bügelbremse, die gleichzeitig auf die Hinterräder greift: ein überlegenes Konzept. Das «Micro Skate Classic», mit Tritt auf das Schutzblech gebremst, benötigt doppelt so lange. Nur noch das «K2 Pro Kick» schneidet fast so schlecht ab (Bremsweg 10,8 Meter). Wie das «Micro Skate Classic» ist das Brett eine Entwicklung von Wim Ouboter.

Hat Ouboter eine Erklärung dafür? «Natürlich könnten wir griffigere Bremsen machen», kommentiert er das schlechte Ergebnis, doch man habe bewusst darauf verzichtet, «weil ein blockierendes Hinterrad ausbrechen kann und dadurch die Unfallgefahr steigt». Was Ouboter verschweigt: Blockierende Räder lassen sich mit wenig Übung bald einmal kontrollieren; weit unangenehmer ist dagegen der unregelmässige Abrieb. Die Räder laufen nicht mehr ruhig; damit weiterhin ein ungetrübtes Fahrvergnügen garantiert ist, müssen sie bald einmal ersetzt werden. Kostenpunkt: rund 20 Franken. Bei diesen Modellen stuft Ouboter den Fahrkomfort höher ein als die Sicherheit, dafür bietet er bei anderen Modellen optimale Sicherheit: Zum Preis von 400 Franken ist seine «Classic»-Version mit Scheibenbremse erhältlich, und bald wird auch ein Modell mit einem miniaturisierten Antiblockiersystem zu haben sein.

Bei der Bewertung der Lenkung interessieren vor allem die Unterschiede zwischen den zweirädrigen Geräten und den drei- beziehungsweise vierrädrigen. Im Gegensatz zu klassischen Trottinetten und ihren Nachfolgern werden «Wetzer», «K2 Pro Kick» und «Killer Loop Junior» nicht mit einem T-Lenker und den Händen gesteuert, sondern mittels Lenkstab und Körpergewicht. Das Prinzip ist nicht ganz so einfach zu beherrschen wie der T-Lenker, bedarf aber nur einer kurzen Angewöhnung. Der Lenkstab mit dem Knauf dient gleichzeitig als Haltegriff; bereits nach wenigen Runden ermöglicht er einen sicheren Stand auf den Brettern. Allerdings ergibt die unterschiedliche Konstruktion ein abweichendes Lenkverhalten. Während sich mit zweirädrigen Trottinetten auch enge Kurven fahren lassen, drehen «Wetzer», «K2 Pro Kick» und «Killer Loop Junior» träge.

«Woody» bietet was fürs Auge
Bei der Bewertung der Lenkung bekennt sich die Testcrew wieder zu ihren bisherigen Lieblingen: Die Zweiräder «JD Air», «Micro Skate Air» und «Micro Skate Classic» schwingen obenaus. Hauptkriterium ist die fehlende Wendigkeit der anderen Geräte. K2 will diesem Übel nun abhelfen. Die Firma wartet in der kommenden Saison mit dem «K2 Carve Board» auf, das engere Kurven und eine grössere Kurvengeschwindigkeit gestatten soll.

Beim Outfit trumpft ein Aussenseiter auf: «Woody» heisst das Gerät, erreicht in dieser Sparte Rang 2, ist aus einheimischem Holz gefertigt und kostet nur 98 Franken. Vertrieben wird es von der Migros – als Bausatz, der teilweise von Behinderten abgepackt wird. Dominic und Benjamin, die jüngsten Tester, erfreuen sich am nostalgischen Roller. «Sehr attraktiv», sagt Dominic, und endlich mal kein Metall! «Woody» ist für Kinder bis zwölf ausgelegt. Noch höher bewerten die Tester nur das Design des «Puky R09» – weils so schön bunt ist.

Das «Dreirad-Kickboard» wird beim vierstündigen Test am wenigsten gefahren; nach den vernichtenden Urteilen steht es unbenutzt da. Doch auch eine Fehlkonstruktion hat Vorteile: Ihre Mängel dienen als Basis für eine Checkliste beim Kauf.

  • Wo soll das Gerät eingesetzt werden? Auf dem Trottoir? Auf dem Schulhausplatz? Für Akrobatik?

  • Ist das Trittbrett gross genug? Welche Belastung erträgt es?

  • Lässt sich die Bremse für das Hinterrad schnell (und ohne Blick zurück) finden? Wie gut greift sie? Verfügt sie über einen Hitzeschutz, damit die entstehende Wärme nicht auf die Füsse übertragen wird?

  • Spricht die Lenkung präzis an? Bleibt sie auch bei hoher Geschwindigkeit stabil?

  • Welche Radgrösse entspricht den persönlichen Bedürfnissen? Wie lange garantiert der Hersteller Nachschub, auch für die Kugellager?

  • Sind tragende Teile miteinander verschraubt anstatt verschweisst? Sind die Schweissnähte sauber gezogen?

  • Ist das Gerät mit unnötigem Luxus ausgestattet, der anstelle des Fahrkomforts eher den Preis hebt (etwa Federbeine für das Vorderrad)?


Auch BMW fährt auf Scooter ab

Die Prognosen für das Jahr 2001 versprechen der Branche weitere Verkaufserfolge, vor allem, weil neue Kundensegmente erschlossen werden: Die «Grassboards», geländetaugliche Bretter mit grossen Reifen und Crossprofil, sind auf jene Könner zugeschnitten, die sich auf Asphalt zu wenig herausgefordert fühlen. Auch Autohersteller BMW ist in den Markt eingestiegen und bietet einen «Streetcarver» an – mit Rennreifen und Pendelstützen aus der Fünferserie. Und Wim Ouboter, der mit seiner Firma Micro Mobility Systems im letzten Jahr eine Million Mini-Scooter verkauft hat, wartet mit dem «Bobby Board» auf. Die Kleinstausführung unter den Mini-Flitzern sollen schon Dreijährige beherrschen.

Die Verfasser dieses Beitrags legen ihr persönliches Augenmerk allerdings auf andere Geräte als diese Neuheiten. Der Fotograf war vom «ungeschlagenen» Fahrkomfort des «Puky T2000L» angetan; der Journalist äusserte seine Vorliebe für den «Wetzer», weil das Gerät nicht stürzt, wenn der Fahrer stürzt. Es bleibt stehen und wartet wie ein treues Pferd.