Bei der Bildung sind sich die Parteien einig wie sonst selten. Die SVP setzt sich gemäss Parteiprogramm für ein «qualitativ hochstehendes, effizientes und leistungsorientiertes Bildungswesen» ein. Die SP fordert, dass Steuersenkungen nicht «auf Kosten von Bildung, Erziehung und Forschung geschehen». Die CVP sagt, sie habe dafür gesorgt, dass «die Mittel für Bildung, Forschung und Innovation massiv erhöht» wurden.

37 Milliarden Franken haben Bund, Kantone und Gemeinden 2016 für Bildung ausgegeben. Das sind 16 Milliarden mehr als vor zwanzig Jahren. Doch wie hängen finanzieller Aufwand und Bildungserfolg zusammen?

Wenn man die kantonalen Bildungsausgaben ins Verhältnis setzt mit dem Abschneiden der Schüler bei einem Vergleichstest in Mathematik und Sprachkompetenz, erhält man ein überraschendes Ergebnis. Die allerbesten Resultate erzielten ausgerechnet die Schülerinnen und Schüler aus Kantonen, deren Schulen am wenigsten Kosten verursachen. Kantone, die mehr in ihr Bildungssystem investierten, lieferten zum Teil schwächere Ergebnisse.

Probleme in Basel-Stadt und Basel-Landschaft

Die Daten, auf denen der Vergleich basiert, stammen aus der Überprüfung der Grundkompetenzen ÜGK, organisiert von der Erziehungsdirektorenkonferenz. Beim ersten Test 2016 wurde die Mathematikkompetenz von Schülern im elften Schuljahr * geprüft, 2017 die Sprachkompetenz im achten Schuljahr *. Besonders beim Mathematiktest variieren die kantonalen Ergebnisse stark.

Im Kanton Basel-Stadt scheiterten 57 Prozent beim Mathetest. Kein anderer Kanton erzielte einen so schlechten Wert. Besser waren die Ergebnisse beim Sprachtest, aber auch hier landete der Stadtkanton auf dem zweitletzten Platz.

Umgekehrt sieht es bei den Bildungsausgaben aus: Mit rund 23'200 Franken pro Jahr und Schüler (Durchschnitt 2007 bis 2016) gibt Basel-Stadt am meisten aus für seine Schulen.

Auf Rang zwei folgt mit 19'600 Franken der Kanton Zug, allerdings bei überdurchschnittlicher Bildungsleistung. Hier fielen beim Mathetest nur 33 Prozent durch, deutlich weniger als im Schweizer Durchschnitt (38 Prozent). Bei der Sprachprüfung landete Zug im Mittelfeld.

Ausgaben und Bildungserfolg klaffen auch im Kanton Basel-Landschaft auseinander. Trotz jährlicher Aufwendungen von 17'600 Franken pro Schüler erreichte bloss gut jeder zweite die geforderten Kompetenzen in Mathematik.

Schwach waren auch die Resultate von Solothurn und Luzern. Solothurn gibt pro Schüler 15'600 Franken aus, Luzern 15'900 Franken. Das entspricht etwa dem Zehn-Jahres-Durchschnitt der Kantone, der bei rund 16'000 Franken pro Schüler und Jahr liegt.

Günstig und gut: Wallis, Appenzell Innerrhoden & Co.

Viele Kantone mit günstigen Bildungssystemen erzielten jedoch überraschend gute Resultate. Im Wallis etwa kostet ein Schüler in Schnitt nur 13'400 Franken, gut drei von vier bewältigten aber den ÜGK-Mathetest.

Besser war nur Appenzell Innerrhoden, wo vier von fünf erfolgreich waren – bei jährlichen Kosten von 13'500 Franken.

Gut schnitten in Mathematik auch Freiburg mit 78 Prozent (bei Ausgaben von 13'600 Franken) und das Waadtland (14'000 Franken) ab.

Wallis und Freiburg gehörten in Mathematik auch beim Pisa-Test im Jahr 2012 zu den Spitzenreitern. Schlusslicht bildeten damals allerdings Genf, Neuenburg und das billige Tessin.

Innerrhoder und Walliser rechnen besser

Infografik: Innerrhoder und Walliser rechnen besser
Quelle: BFS/EDK – Infografik: Anne Seeger
Vergleich von Schulausgaben und Schulerfolg «nicht zulässig» 

Wie aussagekräftig ist dieser Vergleich von Bildungskosten und Schulerfolg Bildung Chancengleichheit in der Schule? Fehlanzeige! ? Das Bundesamt für Statistik äussert Vorbehalte. Die Genauigkeit der Daten nehme mit zunehmendem Detaillierungsgrad ab.

Den Vergleich als «schwierig» beurteilt Stefan Wolter, Direktor der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung. «Die Kantone verwenden das Geld für unterschiedliche Inhalte und Fächeranteile. Die Lehrerlöhne Lehrermangel Und der Frust wächst weiter hängen vom kantonalen Lohnniveau ab, die Kantone können sie nur bedingt beeinflussen.»

Ähnlich argumentiert auch Andreas Walter vom Volksschulamt Solothurn. Der Vergleich von Schulausgaben und Schulerfolg sei «nicht hilfreich» und «wissenschaftlich nicht zulässig». Die Unterschiedlichkeiten zwischen den Kantonen in Bezug auf «Lohnniveau der Lehrpersonen, freiwillig bereitgestellte Leistungen, Schülerzusammensetzung, Klassengrössen, Lektionentafel, Lehrplan – neben allen Unterschiedlichkeiten in den Kostengefässen und so weiter» – würden dabei nicht berücksichtigt.

Doch erklärt das Ausgabenunterschiede von rund 10'000 Franken pro Schüler? Wolter und mehrere Kantone sagen, die Höhe der Ausgaben hänge unter anderem mit der Zusammensetzung der Schülerschaft zusammen.

Ein hoher Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund erklärt das schlechte Abschneiden bei der ÜGK aber nur bedingt. Basel-Stadt hat zwar mit 49 Prozent den zweithöchsten Anteil. Noch höher ist er mit 56 Prozent aber im Kanton Genf, der bei der ÜGK in Mathematik mit 61 Prozent im Mittelfeld und im Sprachtest sogar auf einem Podestplatz landet.

Teurer integrativer Ansatz

Basel-Stadt erklärt die hohen Schulkosten vor allem mit Millioneninvestitionen in die Infrastruktur und dem integrativen Ansatz .

«Diese Betreuung ist zum Teil sehr kostenintensiv, aber die Politik steht hier hinter der Volksschule», sagt Simon Thiriet vom basel-städtischen Erziehungsdepartement. Er wolle aber nicht um den heissen Brei herumreden: «Die Resultate sind für Basel-Stadt nicht gut. Wir wollen und wir müssen besser werden.» Das sehen auch andere Kantone so, die schlecht abgeschnitten haben.

Die Kantone mit gutem Abschneiden sehen als Gründe «verantwortungsbewusste und motivierte Lehrkräfte» und, so der Kanton Freiburg, «ein hohes Mass an Stabilität». Das Wallis verweist auf die intensive Leseförderung in den Primarschulen. Und: «Wir haben nicht übereifrig Reformen umgesetzt. So wurde das System nicht überfordert Bildung «Es läuft so viel schief – leider!»


* Kindergartenjahre werden als Schuljahre gezählt, das 11. Schuljahr entspricht also der neunten Klasse

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Dominique Strebel, Chefredaktor
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