Kinder, darin unterscheiden sie sich nicht von den Erwachsenen, gehen nicht gern ins Spital. Um die Kleinen willkommen zu heissen und ihnen wohl auch die Angst zu nehmen, hat die Kinderklinik des Berner Inselspitals 1978 beim Haupteingang ein Tretkarussell aufgestellt.

Doch was gut gemeint war, hatte schon für manches Kind schlimme Konsequenzen. «Es hat höllisch wehgetan», erinnert sich Gian-Luca Civelli. Der Siebenjährige brach sich am 27. Mai Waden- und Schienbein, als mehrere Kinder auf dem Karussell in die Pedale der Minivelos traten und Gian-Lucas Unterschenkel zwischen Pedal und Asphalt geriet. Vier Wochen musste er einen Gips tragen, nach wie vor ist er auf Krücken angewiesen.

«Unfälle passieren, das ist mir schon klar», sagt seine Mutter, Alexandra Civelli. «Dennoch staunte ich nicht schlecht, als mir praktisch alle im Notfall - von der Dame am Empfang bis hin zur Röntgenassistentin und zur diensthabenden Ärztin - erklärten, dass dort schon ‹mängisch› ein Kind verunfallt sei.»

Einzig ein Passant half
Auch Sievi-Delphin Strauss wurde Opfer des besagten Karussells. Vor fünf Jahren brach er sich auf gleiche Art und Weise wie Gian-Luca Schien- und Wadenbein. «Es war grässlich. Sein Fuss war um 180 Grad nach hinten gedreht - der Schnürsenkel hatte sich verfangen. Er hatte schreckliche Schmerzen», erinnert sich Mutter Gysela Strauss. «Am Empfang war niemand. Schliesslich half ein Passant, Sievi zu befreien.» Auch Familie Strauss bekam vom Notfallpersonal zu hören: «Das passiert immer wieder.» Für den damals Sechsjährigen bedeutete das kurze Vergnügen auf dem widrigen Spielgerät: hüfthoher Gips, vier Wochen Rollstuhl und starke Schmerzen. Als sich Familie Strauss postalisch bei der Spitalverwaltung über das gefährliche Gerät beschwerte, verwies diese lapidar auf die Aufsichtspflicht der Eltern. «Medizinisch halten wir sehr viel von der Kinderklinik, die Verwaltung hingegen hat uns enttäuscht», sagt Gysela Strauss.

Wie viele Kinder in den letzten 28 Jahren auf dem Karussell verunfallt sind, lässt sich laut Mediensprecher Markus Hächler kaum eruieren. «Die Patienten der Kinderchirurgie werden nicht nach Unfallort erfasst. Allein seit 1996 sind 800 Unterschenkelfrakturen dokumentiert, die manuell nach dem Unfallhergang durchforstet werden müssten.» Zudem könne die Spitalverwaltung nur dann reagieren, wenn sie über Unfälle informiert werde.

Tatsächlich handelte das Inselspital erst, als es einen Brief von Familie Civelli erhielt, in dem diese auf die Gefährlichkeit des Karussells aufmerksam machte und die Verwaltung aufforderte, das Gerät von einem Experten auf die Sicherheit prüfen zu lassen. Es sollten nicht noch mehr Kinder verletzt werden. Immerhin: Im Moment hindert eine Kette die Kleinen daran, auf einem der Velöli Platz zu nehmen und sich vielleicht ein Bein zu brechen. Und bald soll das gefährliche Tretkarussell für immer verschwinden.