Das späte Souvenir einer Städtereise, die nie stattgefunden hat, fand Annemarie Schoch kürzlich in ihrem Briefkasten. Unter dem Titel «Bussgeldbescheid» wurde die Frau aus dem zürcherischen Bauma auf einem amtlich anmutenden Formular aufgefordert, innert drei Wochen Fr. 291.54 Busse für ein im August 2003 in London begangenes Parkvergehen zu bezahlen. Wenn nicht, drohe ihr eine Klage, «und ausserdem kann Ihre Kreditwürdigkeit beeinflusst werden».

«Ich war zu dieser Zeit gar nicht in London», sagt Annemarie Schoch, «erst recht nicht mit dem Auto.» Auf ihrem dubiosen Strafmandat ist denn auch – neben dem richtigen Kennzeichen – eine ganz andere Automarke vermerkt.

Zahlungsaufforderung ignorieren
Absender des Schreibens ist die Inkassofirma Euro Parking Collection (EPC) mit Sitz in London. Sie gibt an, im Auftrag verschiedener europäischer Städte nicht bezahlte Bussen von ausländischen Automobilisten einzufordern. Im Fall von Annemarie Schoch ergibt die Nachfrage bei den Zuständigen der City of Westminster jedoch, dass man dort von einem derartigen Inkassomandat nichts weiss. Von EPC selber gibt es keine Aufklärung zu diesem Widerspruch: Anfragen via Mail bleiben unbeantwortet, und per Telefon ist die Firma erst gar nicht zu erreichen.

In Deutschland hat die grenzüberschreitende Bauernfängerei so weit verfangen, dass der Automobilverband ADAC im Herbst aktiv wurde: Er warnte seine Klientel vor den dreisten Praktiken der Firma, «die ganz extrem die Unwissenheit des Bürgers ausnützt». Die Schweiz ist für EPC noch Neuland. Für Andreas A. Roth, Präsident der juristischen Kommission des ACS, ist der Fall auch ohne einschlägige Erfahrung klar: «Die Vollstreckung eines Urteils – auch einer Busse – ist ausschliesslich Sache der staatlichen Instanzen. In keinem Fall ist eine private Firma dazu berechtigt.» Roths Rat an Betroffene: Zahlungsaufforderungen von EPC einfach ignorieren.