Auf dem Werbeflyer verspricht St. Moritz seinen Gästen das Blaue vom Himmel: «Schneekristalle und Sonnenschein». Wenig erhellend hingegen ist ein Blick in den Jahresbericht des örtlichen Kur- und Verkehrsvereins. Wer im Nobelort pro Tag bis zu fünf Franken Kurtaxe bezahlt, findet keine Angaben darüber, wohin die insgesamt 3,5 Millionen Kurtaxen-Franken im letzten Geschäftsjahr geflossen sind.

Offenbar wusste das nicht einmal der Finanzchef des Verkehrsvereins. So erklärte er auf eine schriftliche Anfrage, mit den Kurtaxen finanziere der Verein auch Werbung. Später dementierte er.

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Eine solche Zweckentfremdung der Gästesteuer widerspräche auch dem kommunalen Kurtaxengesetz und der Bundesgerichtspraxis: Das oberste Schweizer Gericht entschied, die Kurtaxen sollen allein den Touristen zugute kommen.

St. Moritz ist nicht der einzige Wintersportort, der Mühe hat zu erklären, was mit den Kurtaxen passiert. Die Bündner Gemeinden Laax, Flims und Falera übertrugen die klassischen Aufgaben des Verkehrsvereins einer Aktiengesellschaft, der Alpenarena.ch. Dieser bezahlen die drei Gemeinden eine jährliche Pauschale von etwas über drei Millionen Franken. «Unter dem Strich geben wir bedeutend mehr für die Gäste aus, als die Gemeinden an Kurtaxen einnehmen», sagt Alpenarena-Geschäftsführer Roman Cathomas. Doch zu welchen Teilen sich die Beiträge der Gemeinden aus Steuergeldern und Kurtaxen zusammensetzen, berechnete die Alpenarena.ch erst auf Anfrage des Beobachters.

Grosser Ermessensspielraum
Noch komplizierter gestaltet sich die Rechnung im Detail. Auf einer Skala von eins bis 100 bewertete die Alpenarena.ch jeden Ausgabenposten nach dem Nutzen für die Gäste. Die Waldweihnacht etwa taxierte sie als 100-prozentige Gästeveranstaltung. Aber auch eine Helferparty, die Betreuung von Medienschaffenden oder die Marktforschung kommen nach ihrer Einschätzung teilweise den angereisten Gästen zugute – obwohl das Bundesgericht festgehalten hat, dass Kurtaxen nur für touristische Einrichtungen und Veranstaltungen und nicht für ordentliche Gemeindeaufgaben eingesetzt werden dürfen.

In der Praxis bleibt den touristischen Destinationen allerdings ein riesiger Ermessensspielraum. Inwieweit beispielsweise ein Snowboardrennen für die zahlenden Gäste veranstaltet wird oder zu Werbezwecken für den Ferienort dient, lässt sich kaum auseinander halten.

Im Falle der Alpenarena.ch kommt hinzu, dass sie als AG nur dem Verwaltungsrat Rechenschaft schuldig ist. Die demokratische Kontrolle bleibt aussen vor. So verweigerte der Gemeinderat der Geschäftsprüfungskommission den Einblick in die Bücher der Alpenarena.ch. Sie kann somit auch nicht prüfen, ob die Kurtaxen gesetzeskonform eingesetzt werden.

Für den einzelnen Gast fallen die paar Franken Kurtaxen pro Tag zwar kaum ins Gewicht, für die Touristenorte sind sie jedoch eine wichtige Einnahmequelle.

Peter Anrig, Direktor des Schweizer Tourismus-Verbandes, schätzt, dass in der Schweiz jährlich 50 bis 100 Millionen Kurtaxen eingenommen werden.

Vielleicht sollten sich die Wintersportorte den Ratschlag des Verkehrsvereins Graubünden im Leitfaden für Touristenorganisationen zu Herzen nehmen: «Informieren Sie Ihre Gäste, und zwar freundlich und umfassend.» Bleibt nur anzufügen: Auch darüber, was sie mit den Kurtaxen finanzieren.