Das war ein hormonell bedingter Entscheid. Einige Herren des Generalstabs und des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport waren so hingerissen von der jungen Frau, dass sie alle Vorschriften vergassen.» So lautet der Tenor einiger Offiziere zur Blitzbeförderung der ersten Schweizer Feldpredigerin.

Den Stein ins Rollen brachte Walter Schwarz, ein pensionierter Rechtsanwalt, Oberst und Verfasser des Ogi-Witzbüchleins «Freude herrscht!». In der «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift» (ASMZ) vom März schildert er den Fall so: «Im Mai 2000 nahm ich als Zuschauer an der Fahnenabgabe des Geb Inf Bat 17 in Kandersteg teil. Auch der Regimentskommandant war in Begleitung einer uniformierten jungen Dame präsent. Diese wurde mir als Feldpredigerin vorgestellt.» Es war die 37-jährige Christina Eppler, evangelisch-reformierte Pfarrerin in Zumikon ZH. Und Oberst Schwarz freute sich, «dass nun auch eine Frau Feldprediger geworden ist».

So weit, so gut. Einige Monate später aber sah Schwarz rot, als er erfuhr, dass die attraktive Pfarrerin ohne einen einzigen Diensttag in eine Uniform gesteckt worden war und bloss drei, vier Schnuppertage absolviert hatte. Mehr noch: Das VBS bot Christina Eppler wenig später zu einem dreiwöchigen Feldpredigerkurs auf und beförderte sie schnurstracks zum Hauptmann.

Für Oberst a. D. Walter Schwarz ist das eine «Köpenickiade» – wie im Stück von Carl Zuckmayer, wo ein arbeitsloser Schuhmacher in Hauptmannsuniform seine Umgebung zum Narren hält: «Kann man jetzt auch in der Schweizer Armee innert 20 Tagen mit einem guten Coach, einem Herrn Oberst und Nationalrat, vom Zivilisten zum Hauptmann aufsteigen?»

Divisionär als Frauenförderer

Mit «Coach» meint er den Berner FDP-Nationalrat Johann-Niklaus Schneider, Oberst im Generalstab und Regimentskommandant. Bei ihm hatte Eppler ihre Feldprediger-Schnupperlehre gemacht. Und Schneider fand solchen Gefallen an der charmanten Pfarrerin, dass er sie gleich im Regiment behalten wollte.
«Das ging natürlich nicht», erklärt Divisionär Waldemar Eymann, Chef der Untergruppe Personelles im VBS. Aber er verteidigt die rasante Beförderung als hundertprozentig korrekt.

Freiwillige könnten der Armee zugewiesen werden, und der Generalstabschef habe in Ausnahmefällen die Kompetenz, Wehrmänner zu befördern. Diese Ausnahmenorm sei letztes Jahr erstmals angewandt worden. Schwarz’ Kritik weist Eymann als Angriff auf die weiblichen Armeeangehörigen zurück. «Wenn ich wieder mal eine solche Frau habe, mache ich auch sie zum Feldprediger.»

Kritik am «Hormonentscheid»

Zahlreiche Kollegen von Schwarz und ein Dutzend Feldprediger sind vor den Kopf gestossen. «Das VBS verwechselt Zuweisung mit Beförderung», kritisiert auch der Schwyzer CVP-Ständerat Bruno Frick, Oberst im Generalstab und Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission. Hier liege eine Rechtsungleichheit gegenüber «normalen» Feldpredigern vor, deren Ausbildung rund 20 Wochen dauert. Gegenüber der Zeitschrift «Facts» bezeichnete Frick das Vorgehen des VBS gar als «Beförderung ausserhalb der gesetzlichen Grundlagen».

Christina Eppler ist der Wirbel um ihre Person unangenehm. Als Pfarrerin wolle sie einfach «auch in der Armee Gott den Menschen näher bringen». Sie sei stolz auf ihre Aufgabe und habe eigentlich damit gerechnet, eine Rekrutenschule besuchen zu müssen. Ihre einzige Feldpredigerkollegin hat denn auch eine RS absolviert. Zur eigenen Blitzbeförderung sagt Christina Eppler gewunden: «Ich bin bereit, alle Entscheidungen, die die vorgesetzten Stellen bejahen, in meine Aufgabe zu integrieren.»

Von einem «Hormonentscheid» mag CVP-Ständerat Frick nicht reden. «Doch hier hat man aus Imagegründen eine Frau gewählt und auf einem Weg befördert, der nicht korrekt ist.» Das müsse sich ändern. Vor Ostern schrieb der Politiker dem VBS: «Ich ersuche Sie, darauf hinzuwirken, dass in Zukunft die gesetzlichen Beförderungsregeln eingehalten werden.»