Rauchfreie Zigaretten werden seit einigen Wochen an Kiosken der Valora und an manchen Tankstellen verkauft. Bisher mussten solche Produkte über Internetshops aus dem Ausland importiert werden. Die elektrischen Zigaretten der Valora verdampfen eine Flüssigkeit, die weder Tabak noch Nikotin enthält. Manche Raucher entdecken sie darum als Alternative zum schädlichen Tabakrauch, für andere sind sie eine Möglichkeit, in Rauchverbotszonen wenigstens Dampf abzulassen.

Doch Dampfer und Valora haben die Rechnung ohne den Bund gemacht. Der will die lukrativen Tabakraucher nämlich nicht einfach ziehen lassen. Auch als Dampfer sollen sie Tabaksteuer zahlen. Und so fliessen heute rund 30 Prozent des Verkaufspreises für sogenannte Liquids, mit denen die elektrischen Zigaretten nachgeladen werden, in die Staatskasse.

«Wir verkaufen ein Inhalationsgerät»

Jetzt formiert sich Widerstand gegen das Steuergeschäft mit den Dampfern. Der Generalimporteur der Kioskzigarette, die Zirel GmbH, hat ein Anwaltsbüro beauftragt, gegen die «illegale Besteuerung» vorzugehen. Zirel-Geschäftsleiterin Barbara Schnackig: «Wir verkaufen keine Tabakzigaretten, sondern ein Inhalationsgerät, das eine Flüssigkeit mit Aromastoffen verdampft.» Sie verweist auf die Zulassung des Produkts durch den Kanton Bern, die in Absprache mit dem Bundesamt für Gesundheit erfolgt sei. Demnach wurde das Produkt im Juli 2010 als gesundheitlich unbedenklich freigegeben und als Gebrauchsgegenstand gemäss dem schweizerischen Lebensmittelgesetz eingestuft.

Die Zirel geht nicht als Einzige gegen die Tabaksteuer ohne Tabak vor. Bei den Zollkreisdirektionen sind zurzeit mehrere Beschwerden hängig, wie die Eidgenössische Zollverwaltung bestätigt. Einige stammen von Konsumenten, die Dampfzigaretten und Nachfüllflüssigkeiten aus dem Ausland importiert hatten. Liquids sind dort auch mit Nikotinzusatz erhältlich. Doch selbst für diese sei eine Tabakbesteuerung nicht zulässig, argumentieren Anwälte der Dampfer.

Einer der Konsumenten hätte anfänglich sogar Tabaksteuer für die Hardware – die elektrische Zigarette und das Ladegerät – zahlen sollen. Diesen Entscheid hat der Zoll wieder aufgehoben. In anderen Fällen ist der Import gleich ganz verweigert worden, weil das Produkt in der Schweiz verboten sei. Auch dies trifft nicht zu, die Ware musste vom Zoll freigegeben werden. Im November reichte der Anwalt eines Konsumenten Beschwerde gegen die Besteuerung der Liquids für die Dampfzigarette ein. Der Entscheid der Eidgenössischen Zollverwaltung steht noch aus.

Nikotinkaugummis hingegen sind steuerfrei

«Es spielt keine Rolle, ob eine solche Flüssigkeit Nikotin oder Tabak enthält», begründet Stefan Schmidt, Leiter der Sektion Tabak- und Bierbesteuerung bei der Oberzolldirektion, die Steuerpraxis. Er verweist auf eine Verordnung zum Tabaksteuergesetz, die eine Steuer auch für Produkte vorsieht, die «wie Tabak oder Tabakfabrikate verwendet werden, auch wenn sie für den Verbrauch nicht angezündet werden müssen». Für den Zoll trifft die Bestimmung auch auf die Liquids der elektrischen Zigaretten zu. Nicht besteuert werden dagegen nikotinhaltige Produkte zur Raucherentwöhnung, wenn sie von Swissmedic zugelassen worden sind, also Kaugummis, Pflaster oder spezielle Inhalationsgeräte.

Ein Sonderzug innerhalb Europas

Wie der Bund Gesetz und Verordnung auslegt, stösst bei Dampfern und Händlern auf Unverständnis. Es sei nie die Idee des Gesetzgebers gewesen, die Bestimmung auf Produkte wie eine E-Zigarette auszuweiten, argumentiert der Anwalt eines Konsumenten und verweist auf die Botschaft des Bundesrats und auf Sitzungsprotokolle aus dem Parlament von Mitte der neunziger Jahre, als das Gesetz revidiert wurde.

Ein wichtiger Grund für die Revision war die Harmonisierung der Tabakbesteuerung mit dem EU-Recht. Insbesondere sollten Zusatzstoffe in Zigaretten nicht mehr von einer Steuer befreit sein. Mit ihrer Politik schlägt die Schweiz jetzt wieder einen Sonderweg ein. Weder Deutschland noch Österreich erheben Tabaksteuern auf das Dampfen.