Ehepartner haften nicht für voreheliche Schulden des andern. So steht es im Zivilgesetzbuch. Doch die Thurgauer Gemeinde Arbon foutiert sich ums Gesetz: «Sofern die Einkommensverhältnisse dies zulassen, sind bezogene Sozialhilfeleistungen im Rahmen der ehelichen Unterstützungspflicht zurückzubezahlen, auch bei Gütertrennung oder vorehelichen Schulden», meint Hans-Jürg Fenner, Leiter der Sozialen Dienste Arbon. Obschon rechtlich unhaltbar, setzt seine Behörde dieses Argument bei Geldrückforderungen ein. Beispielsweise bei der Familie Susanne und Arno Zessack. Es geht um 21'477 Franken; so viel hatte die damals allein stehende und arbeitslose dreifache Mutter Susanne zwischen 1994 und 1995 von der Gemeinde Arbon erhalten. Seit Wochen versucht das Sozialamt, diesen Betrag von ihr respektive ihrem heutigen Ehemann einzufordern.

«Ich finde das eine Frechheit»
Das Ehepaar wehrt sich, denn Susanne Zessack hat nach wie vor keine eigenen Einkünfte. Sie kümmert sich um ihren jüngsten Sohn und den Haushalt. Und für die vorehelichen Schulden kann ihr Ehegatte nicht in die Pflicht genommen werden. Doch das Amt beharrt auf Rückzahlung, droht gar mit einer Rückerstattungsverfügung. Dass die Behörde keine juristische Handhabe hat, das Geld einzutreiben, bestreitet Amtsleiter Hans-Jürg Fenner.

Die Familie ist wohl nicht die einzige, die so drangsaliert wird: Im Herbst 2005 begann das Amt, die Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen «systematisch zu bewirtschaften», wie es gegenüber dem Beobachter festhält. «Ich finde es eine Frechheit, dass das Amt ohne Rechtsgrundlage versucht, Leute so lange einzuschüchtern, bis sie bezahlen», ärgert sich Susanne Zessack über die Vorgehensweise. Davon will Sozialvorsteher Fenner nichts wissen: «Unser Ziel ist die Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen, deshalb gehen wir direkt und offen auf unsere Klientschaft zu. Mit Einschüchterung hat das gar nichts zu tun.»