Es gibt dankbarere Aufgaben als die des Kassenwarts. Wer Einnahmen und Ausgaben in der Waage halten muss, macht sich damit selten Freunde. Das gilt auch für Kaspar Villiger, der mit dem Entlastungsprogramm 03 das Budget des Bundes um 3,3 Milliarden Franken kürzen will. Wenigstens kann sich der Finanzminister damit trösten, dass höhere Steuern noch unpopulärer wären. «Opfersymmetrie» soll dem Sparpaket den Weg ebnen. Nach dem Motto: Je mehr über einen Kompromiss lamentieren, umso höher die Chance, dass am Ende alle zustimmen.

So funktioniert Realpolitik, gewiss. Doch mit flächendeckenden Kürzungen statt klarer Prioritäten vernachlässigt die Politik eine ihrer wichtigsten Aufgaben anstatt zu gestalten, belässt sie es beim Verwalten. Erstaunlich ist das nicht: Politiker stehen in vielen Bindungen, sind ständig Einflüsterern ausgesetzt oder agieren offen als Interessenvertreter Konstellationen, die eine rasche Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner begünstigen.

Wo aber würde das Volk sparen? Antworten liefert eine repräsentative Umfrage, die das Konso-Institut im Auftrag des Beobachters durchgeführt hat. Wollen die Parlamentarier am selben Ort kürzen wie ihre Wählerinnen und Wähler? Um das zu erfahren, legten wir unsere Fragen auch den 209 National- und Ständeräten vor, die erneut kandidieren. Ergebnis: Volkswille und Politikervoten klaffen auseinander unsere Titelstory sagt, wie und wo (siehe Artikel zum Thema «Bundesfinanzen: Sparkurs am Volk vorbei»). So würden die Schweizerinnen und Schweizer den Rotstift vor allem bei der Armee und beim Strassenbau ansetzen Bereiche, die auf der Sparliste der Parlamentarier unter «ferner liefen» rangieren. Stattdessen machen sich die Politiker für Abstriche bei der Wohnbauförderung und bei Kinderkrippen stark. Das Volk jedoch würde hier lieber mehr ausgeben als bisher.

Natürlich liefert eine Publikumsumfrage nur eine Momentaufnahme und zeigt Stimmungslagen ein konkretes Konzept darf niemand erwarten. So nimmt es sich etwas sonderbar aus, wenn Parlamentarier die Frage nach den Sparprioritäten als «völlig undifferenziert» oder «nicht zielführend» abtun. Ein Abwehrreflex, der wohl eins klarstellen soll: Finanzpolitik ist Sache der Fachleute. Ganz falsch ist das zwar nicht. Aber eine Meinung sollten die Vertreter des Volkes diesem doch zubilligen selbst wenn sie das fein austarierte System realpolitisch begründeter Kompromisse zu stören droht.