Editorial: Weg mit Ruhegehältern für Polit-Jungrentner!
Veröffentlicht am 10. August 2000 - 00:00 Uhr
Jeden Monat landen 20000 Franken aus der Staatskasse auf seinem Konto. Ein schlechtes Gewissen? Nein, das hat er nicht. Schliesslich ist er «Finanzchef einer Firma mit einem 11-Milliarden-Budget und Personalchef von über 40000 Angestellten»: Christian Huber, Zürcher Regierungsrat. «Ich verdiene diesen Lohn», meint er trocken (siehe Interview).
Einige seiner Parteifreunde sehen das anders. Sie wollen die Magistratsgehälter kürzen. Das ist dem SVP-nahen «Bund der Steuerzahler» in der Limmatstadt bereits auch gelungen – mit einer Volksinitiative, die das Stadtratsgehalt um rund 30000 auf 220000 Franken reduziert. Anderorts sind ähnliche Bestrebungen im Gang.
So wird nun hüben wie drüben mit dem Rechenschieber politisiert und mit dem Neid spekuliert. Verdient nicht ein Senator der Millionenstadt Berlin umgerechnet nur 240 Riesen? Hat nicht sogar der Präsident der USA bloss 300000 Franken cash? Steht einem Exekutivmitglied der Stadt Zürich (mit 360000 Einwohnern) nicht mehr zu als einem Regierungsrat des Kantons Zug (97000 Einwohner)?
Die Rechnerei bringt weder grosse Einsparungen noch sinnvolle Resultate. Wie sagt Christian Huber? «Wenn ich das Gefühl habe, meine Arbeit werde nicht geschätzt, mache ich lieber etwas anderes, das geschätzt wird.» Ein vergleichbarer Job in der Privatwirtschaft ist besser bezahlt. Lohnkürzungsinitiativen sind deshalb Unsinn. Wer Regierungsverantwortung trägt, soll gut entschädigt werden – solange er oder sie eine gute Arbeit macht.
Weit angezeigter wäre es, endlich die Ruhegehälter und Privilegien bei Altersrenten zu überdenken. Warum braucht etwa eine nach vier Amtsjahren abgewählte 47-jährige Luzerner Ex-Stadträtin eine Pension auf Lebenszeit? Die frühere Anwältin und Notarin wird gewiss ein neues Auskommen finden. Und ist die Existenz eines Aargauer Regierungsrats mit einer Viertelmillion Jahresgehalt nicht so weit gesichert, dass er nicht auch noch ein Ruhegehalt als alt Bundesrichter nötig hat? Ganz zu schweigen von der einstmaligen Bundesrätin, die seit ihrem unfreiwilligen Abgang Jahr für Jahr 190000 Franken bezieht.
Ruhegehälter im Vorruhestand, ohne jede Gegenleistung bezogen, gehören abgeschafft. Viel zeitgemässer ist eine Vorsorgeregelung mit Versicherungssystem – wie das Normalsterbliche kennen. Ehemalige Regierungsmitglieder haben – dank besten Kontakten – auf dem Markt mindestens so gute Chancen wie Manager aus der Privatwirtschaft. Obendrein ziehen bestimmte Verwaltungsratsposten Ex-Magistraten an wie Honigtöpfe die Bienen. Top-Leute in gut bezahlten Regierungsämtern – das wollen wir. Aber nicht Jungrentner auf Kosten der Steuerzahler.