Elektroheizungen: Geschenke erhalten die Kundschaft
Mit grosszügigen Geschenken halten Elektrizitätswerke die Besitzer von Elektroheizungen bei Laune. Die Grosszügigkeit könnte sich langfristig als Bumerang entpuppen.
Veröffentlicht am 10. August 2000 - 00:00 Uhr
Wer in der Nordostschweiz Probleme mit seiner Elektroheizung hat, kann sich vertrauensvoll an sein Elektrizitätswerk wenden. Für nur 50 Franken schickt es einen Berater vorbei, der einen Check-up vornimmt. Wird eine Reparatur fällig, zahlt das Werk 80 Prozent der Ersatzteilkosten.
Als obere Grenze für diese Subvention haben die Nordostschweizerischen Kraftwerke (NOK) sinnigerweise die durchschnittliche jährliche Stromrechnung des Kunden festgelegt. Wer eine aufwändige Reparatur vornehmen muss, erhält also zum Trost quasi die letzte Stromrechnung geschenkt. Das kann ganz schön einschenken: Beim hohen Stromverbrauch der Elektroheizungen ist das Präsent schnell ein paar tausend Franken wert.
Uber die Kosten dieser grosszügigen Aktion schweigen die NOK vornehm: «Wir geben keine Zahlen bekannt», erklärt Peter Keller von der Informationsstelle Nordostschweizer Strom. Gegenüber dem Preisüberwacher mussten sich die NOK vor einem Jahr aber zu einer Antwort bequemen: Rund eine Million Franken pro Jahr lassen sich die NOK und ihre Verteilwerke die Subventionen an die elektrisch heizende Minderheit kosten.
Darüber werden sich die Besitzer einer Gas- oder Ölheizung kaum freuen. Vor allem, wenn sie weiter erfahren, dass die Berner BKW Energie AG Elektroheizer ebenfalls bevorzugt behandelt: Seit letztem Herbst bezahlen diese in Winternächten anderthalb Rappen weniger als andere Kunden. Wert des Geschenks: einige hundert Franken jährlich. Nun will die BKW die kleineren Elektrizitätswerke in ihrem Gebiet zu Tarifsenkungen für Elektroheizer bewegen, indem sie einen Teil des Rabatts übernimmt. Die Aktionen erinnern an die siebziger Jahre, als die «Stromer» auf Teufel komm raus Elektroheizungen förderten, um die Nachtproduktion der neuen Atomkraftwerke abzusetzen.
Heute ist dies politisch nicht mehr ganz korrekt. Allein die Verbrauchszahlen der 230000 Elektroheizungen sind ein Politikum. Je nach Quelle fressen diese im Winter zwischen einem Zehntel und einem Fünftel des Landesverbrauchs. Mit der Bevorzugung von Elektroheizungen haben die Werke den latenten Winterengpass in der Versorgung selber verschärft.
Die Aktivitäten der NOK «widersprechen den Intentionen des Aktionsprogramms Energie 2000», schrieb Eduard Kiener, Direktor des Bundesamtes für Energie, bereits vor einem Jahr dem Preisüberwacher. Doch dieser unternahm nichts, weil er die Aktion für ein energiepolitisches Problem hielt. Und dem Bundesamt sind die Hände gebunden, weil das Parlament die Bewilligungspflicht für Elektroheizungen aus dem neuen Energiegesetz gestrichen hat.
Zwar haben sich auch die Elektrizitätswerke längst von der Elektroheizung verabschiedet und propagieren stattdessen die viel sparsameren Wärmepumpen als ökologisches «Prinzip Natur» zumindest in den Inseraten. Offensichtlich ist ihnen aber der riesige Verbrauch der Elektroheizungen immer noch viel wert. «Kundenbindung im Heizungsmarkt», erhofft sich die BKW von ihren Rabatten.
Für die Kunden könnte die Bindung zum Bumerang werden. Bereits heute sind Elektroanlagen trotz den Rabatten im Betrieb rund doppelt so teuer wie Wärme aus Gas oder Öl. Und dieser Strompreis wird weiter steigen. Das jedenfalls glaubt Heini Glauser, Vizepräsident der Schweizerischen Energiestiftung. «Der Stromtarif zum Heizen ist ein politischer Preis, der im freien Markt nicht überlebt.»
Infos
Wer von der Elektroheizung auf eine andere Energiequelle umschwenken will, kann sich bei folgenden Quellen informieren:
Adressen
Literatur