Bescheiden lächelt sie uns an – ein wenig von unten. Schön ist sie, jung und wie aus dem Bilderbuch: eine fürsorgliche Mutter, fleissige Hausfrau, treue Gattin. Sie kocht, wäscht, putzt, schaut fürs Wohl der ganzen Familie. Trotz Belastung im Haushalt ist sie gepflegt. Sie hat reine Haut, Zähne wie Perlen, eine Traumfigur und gefällt ihrem Gatten oder zukünftigen Ehemann.

Zugespitzt, zugegeben – doch die Darstellung der Frau in den Beobachter-Inseraten seit 1927 bestätigt die Kritik. Klischiert sei dieses Bild und frauenfeindlich. Die Frau werde höchstens als Konsumentin wahrgenommen – ansonsten bitte man sie an den angestammten Platz.

Dieser Platz aber hat sich verändert. Der Blick zurück widerspiegelt, allen Klischees zum Trotz, die Lebensumstände und den weiblichen Alltag in der Schweiz in den letzten 75 Jahren. Völlig jenseits der Realität kann dieses Bild nicht sein. Dafür bürgt die hohe Akzeptanz des Beobachters. Seine Leserschaft repräsentiert die Schweizer Bevölkerung – und deren Wünsche spiegeln sich in der Werbung.

Diese Wünsche sind wenig spektakulär. Alltägliche Gebrauchsgüter für (Wasch-)Küche und Haushalt finden sich. Zum Beispiel Bouillon, Kopfwehtabletten, Bodenwichse, Haferflocken und Waschmittel. Oder Speisefett, Leintücher, Ovomaltine, Zahnpasta und Hühneraugenpflaster. Luxusartikel fehlen fast ganz. Die Werbung richtet sich an eine Leserin mit eher knappem Haushaltgeld.

Vor allem in den ersten Jahren gleichen sich die Werbeslogans. Sparsamkeit scheint der Hausfrauen höchste Tugend zu sein. Dies gilt lange vor Kriegsausbruch, spitzt sich aber zwischen 1939 und 1945 zu: Mit den Männern an der Grenze müssen die Frauen erst recht haushälterisch denken. Damit leisten sie ihren Beitrag zur geistigen Landesverteidigung.

Im Übrigen ist Sauberkeit ein zentrales Thema. Das 1930 angepriesene Putzpaket Hyga definiert den Einsatzbereich der Frau und bringt – so die Verheissung – mit «Scheuertuch, Abwaschtuch, Poliertuch, Staubtuch und Kochgeschirr-Reiniger jedes Frauenherz in helles Entzücken».

Die Werbung für Waschmittel, wen erstaunts, ist ein Dauerprogramm. Schon 1927 sorgt die Copa-Seife für unschlagbare Sauberkeit, später folgt Vigor fürs Bunte. Dann Persil, Radion, Enka, Omo, die Weisse und Frische in die Wäsche zaubern. Der Eindruck drängt sich auf: Frauen scheinen nichts lieber zu tun, als zu waschen – in einer Art Waschwettkampf, der von der Werbung inszeniert ist und offenbar immer noch andauert.

Tipps fürs richtige Speisefett
Die Waschküche ist die wahre Domäne der Frau. Hier darf (oder muss?) sie schalten und walten – und ist als Expertin unumstritten. In der Küche hingegen wird ihre Kompetenz immer wieder in Frage gestellt. 1927 rät ihr die männliche Werbestimme zum Kauf des richtigen Speisefetts, ab den dreissiger Jahren benutzt sie Knorr- und Maggi-Produkte und kann dank Suppenwürfeln und -würsten einfach, schnell und günstig kochen.

In den fünfziger Jahren eröffnen sich durch revolutionäre Konservierungsmethoden neue Horizonte. Die Hausfrau entdeckt die Hero-Birnen, «die feinen St. Galler Büchsenravioli», die sie als «gute Hausfrau vorrätig hat und damit auch anspruchsvolle Gäste bewirtet». Später kommen die praktischen Kartoffelflocken dazu, die im Nu zu Stock werden.

Das Zubereiten halbfertiger Produkte bereitet der Frau offenbar keinerlei Mühe. Und selbst in den neunziger Jahren wünscht sich die Familie nichts sehnlicher als liebevoll aufgetaute und aufgewärmte Tiefkühlkost. Wenn es aber ums wirkliche Kochen geht, dann ist die Hausfrau zuweilen mit ihrem Latein am Ende und froh, einen Rat zu erhalten. Zum Beispiel den, wie sie «beim Würzen nicht in Verlegenheit kommt» – «Aromat» heisst das Zauberwort. Oder sie lässt sich sagen, wie eine gebrauchsfertige Beutelsauce zu einem besonders schmackhaften Bratensaft gemacht wird. Die ständig neuen Produkte, die im Zug der industriellen Nahrungsmittelverarbeitung auf den Markt kommen, erleichtern die Küchenarbeit. Ohne sie, so die Botschaft, ist jede Hausfrau überfordert. Hier kündigt sich an, dass die Mütter ihr angestammtes Reich immer häufiger verlassen. Sie sehen sich ausser Haus nach einem neuen Sinn um und beginnen, ihren Aufenthalt in der Küche abzukürzen.

Kochen, Waschen, Putzen – Hausfrauenarbeit ist hart. Dazu das Muttersein: Die Werbung für Stärkungsmittel, geschaffen speziell für Frauen, deutet darauf hin, dass diese schon damals an ihre Grenzen kamen. 1949 bringt Elchina «die Mutter wieder in Schwung: Nach Operation, Grippe, Wochenbett, allgemeiner Schwäche und chronischer Übermüdung». Und die «Pink-Pillen helfen der Frau gegen Blutarmut, Niedergeschlagenheit, Nervosität, Schwächezustand, Gewichtsverlust und Mattigkeit». In den sechziger und siebziger Jahren kommt «allen Hausfrauen und Müttern, die immer fit sein müssen», der mit Traubenzucker angereicherte Instantkaffee Duo zu Hilfe.

Jagd auf den Staub
Neben den chemischen kleinen Helfern treten vermehrt die elektrischen Haushaltgeräte auf den Plan: Inserate für die ersten Staubsauger finden sich bereits in den dreissiger Jahren. Zwanzig Jahre später hält die Technik definitiv Einzug im Haus: Vollautomatische Näh- und Waschmaschinen, Dampfkochtöpfe, Bügeleisen und die ersten Geschirrspülmaschinen werden zum Allgemeingut. Das Wirtschaftswunder der fünfziger Jahre erleichtert auch grössere Anschaffungen.

Dass mit der technischen Aufrüstung auch die Ansprüche an die Hausfrau steigen, versteht sich: Sie wird regelrecht auf Höchstleistung getrimmt. Endlich bügelt sie «alle seine Hemden tipptopp sowie messerscharfe Bügelfalten in seine Hosen». Keine einfache Aufgabe. Denn der männliche Hemdenträger verrät uns, «dass er in dieser Hinsicht sehr heikel ist».

Übrigens eignen sich Haushaltgeräte hervorragend als Weihnachtsgeschenke. Überreicht der Herr etwa einen Hoover, «bereitet er wirklich Freude – nicht nur am Weihnachtsabend, sondern Tag für Tag». Hoovermatic, «die sensationelle Waschmaschine», der Hoover-Reiniger, die «Hoover-Constellation, die schwebende Wunderkugel mit der stärksten Saugkraft», oder der tragbare Staubsauger, der neue Bewegungsfreiheit verspricht – ein Eldorado für die Hausfrau, die sich der Perfektionierung ihrer Arbeit verschrieben hat. Lächelnd saugt sie von nun an Vorhänge und Polstermöbel. Eine Jagd auf Staub, die im Rückblick ziemlich grotesk wirkt.

Die Produktepalette hat sich seit den Beobachter-Anfängen markant verändert und erweitert. Aber immer standen bodenständige Güter im Vordergrund. Dies auch im wörtlichen Sinn – etwa bei der Stewi-Libelle. Mit der drehbaren Hängevorrichtung gestaltet sich das Wäscheaufhängen nicht mehr als Dauerlauf den Leinen entlang. Zudem lässt sich der Stewi-Ständer schon einmal zweckentfremden und als Sonnenschutz benutzen. Die Frau darf schliesslich auch mal ausruhen.

Die Frau ist schön, gepflegt, städtisch – und sehr, sehr jung. Die täglichen körperlichen Anstrengungen, das Kinderkriegen haben keinerlei Spuren hinterlassen. Eine Frau ist stets gut gekleidet – als sei sie eben dabei, das Haus für einen Bummel zu verlassen. Merke: Schöne Frauen putzen besser. Das Aussehen ist von Beginn an ein wichtiges Thema für die Werbung. Ein «Schulmädchenteint» und eine «moderne schlanke Linie» erfreuen nicht nur den Gatten, sondern auch die Frau selbst.

Produkte aus Hollywood
«Rasch rauben die Jahre die strahlende Jugend eines lieblichen Teints, wenn Sie ihn nicht davor schützen» – ist in den dreissiger und vierziger Jahren noch mit Palmolive-Seife Erfolg garantiert, wird er in den fünfziger Jahren durch Hautbalsam, Gesichtscremen, Tinkturen und Masken zu erreichen versucht.

Neue Produkte aus Übersee kommen auf den Markt: «Amerikas meistgekauftes Shampoo». Es macht das Haar «leuchtend und duftend». Cremen, die Hollywoods Schönheiten benutzen. Zahnpasta, die perlweisse Zähne garantiert und erst noch schlechten Atem beseitigt. Dass es hier nicht nur um Äusserlichkeiten geht, zeigt Colgate. Bis in die sechziger Jahre führt die Firma das Leid von Frauen vor, die wegen schlechter Mundhygiene verschmäht und erst durch die richtige Zahnpasta aus ihrer Ehelosigkeit erlöst werden.

Das Bild der vornehmlich jungen, verheirateten oder so gut wie verheirateten Frau wird in der Werbung für Schönheitsmittel erst in den späten achtziger Jahren ergänzt. L’Oréal wirbt für ihre Haarprodukte mit einem eher sportlich-herben Model. Mehrere Produktelinien wenden sich in den neunziger Jahren explizit an die Frau ab 50. Die Werbung wagt, wenn auch unterschiedlich überzeugend, diese gar ins Bild zu setzen: grauhaarig, mit Falten, selbstsicher – und sehr attraktiv.

Schlank sein ist ein Evergreen. Schon 1927 verspricht eine Kur mit Redunal «straffe Schönheit». 1965 soll ein Gerät mit vibrierendem Band namens Vibro-Former «schlaffes und wabbeliges Gewebe» festigen. 1968 können Frauen dank Assugrin das tägliche Kalorienplus vermeiden. Einige Jahre später «knabbern sie sich schlank» mit dem Gurmevit-Biskuit; mit Linea-Produkten werden sie «niemals dick» – oder nehmen sofort wieder ab mit den Weight-Watchers. 1995 müssen die Fettpölsterchen mit der neuen Technik von Liposkulpture weg. Überflüssige Kilos, so der Eindruck, haben lediglich die Frauen. Und das Problem der Männer? Dass sie sich an diesen Kilos stören.

Schwer tut sich die Werbung mit der Menstruation. Der befreiende Sprung von der Stoff- zur Wegwerfbinde ist werbemässig nicht leicht umzusetzen. Aussergewöhnlich erscheint daher die Frau 1934 in der Werbung für die Wegwerfbinde, die nicht nur «gute Laune, ungetrübte Reise- und Ferienfreuden» und unbeschwertes Ausüben des Berufs ermöglicht, sondern auch noch «ohne Verstopfungsgefahr im WC auflösbar» ist. Direkt zur Sache kommt die Tamponwerbung von 1954: In-Fit steril Tampons sind «die ersten und einzigen keimfrei gemachten intra-vaginalen Tampons». Die Trägerin übt sich als Bogenschützin und zeigt, dass sie sich «angenehm sicher und unbehindert» fühlt und auch beim Sport mithalten kann.

Früh schon zeigt die Beobachter-Werbung die arbeitende Frau ausser Haus. Beispiel: die portable Schreibmaschine. Sie erlaubt es der Frau bereits ab 1927, ihre «schriftlichen Obliegenheiten zu erledigen». Falls es hierzu etwas Geist braucht, ist das Kräftigungsmittel Elchina zur Stelle: Ab 1939 wirbt die Herstellerfirma mit einer arbeitenden Frau, die weiss, dass man «intelligenten Frauen» nicht erst sagen muss, «wie sehr im Berufe der Erfolg von ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden abhängt». Im Übrigen: Die Elchina-Kur ersetzt «14 Tage Ferien». Das dürfte die Arbeitgeber gefreut haben…

Wer raucht, ist berufstätig
Die für die Philips-Glühbirne werbende Frau lässt sich dagegen nicht für die Profite anderer einspannen. Sie liest ein Buch. Ohne viele Worte, aber mit überzeugender Grafik wirbt 1949 «Cosmos, das unübertroffene Schweizerrad, leicht, elegant, rassig». Ebenso ist auch die Frau auf dem Sattel. Fast schon fliegt sie.

Auch die Zigarettenwerbung fehlt im Beobachter nicht. Schon bald nach Kriegsende raucht die Frau – sie wird inzwischen am Arbeitsplatz offenbar nicht mehr gebraucht – im Jazzlokal, wo ihr der männliche Begleiter eine Zigarette der Marke Boston anbietet. Anders in den siebziger Jahren: Die Frau ist inzwischen «hart» und raucht «leicht». Oft wird sie in der Zigarettenwerbung als ebenbürtige Partnerin oder selbstständige Person abgebildet: Wer raucht, ist entweder berufstätig oder absolviert ein Studium.

Die siebziger Jahre bringen Bewegung ins Frauenbild der Werbung. Zunehmend werden die Frauen sogar als Unternehmerinnen gezeigt. Sie sind nun kecker, ihr Auftreten ist partnerschaftlich. Die weiblichen Gesichter blicken uns direkt an, sind zuweilen sogar fordernd. Was ebenso auffällt: Das Alter steigt deutlich. Frauen drängen sich mit vollen Bierhumpen in der Hand in die männliche Trinkrunde (1977), frech-witzig schaut uns die Fertigsuppenesserin an (1985). Wenn eine Bäuerin zu ihren Biohühnern fast ein wenig «wie eine Gluggere» schaut, ironisiert das die Reduktion der Frau aufs Kinderkriegen (1995). Eine Schweizer Bank spricht die Anlegerin an (1995). Und im Jahr 2000 sehnt sich eine junge Mutter nach dem nächsten «NZZ-Folio»…

Fünfundsiebzig Jahre in der Beobachter-Werbung und kein bisschen müde. Und doch: Der Auftritt der Frau hat sich seit 1927 merklich verändert. Kümmerte sie sich anfangs ausschliesslich um Küche, Ehemann und Kind, befreit sie sich im Lauf der Zeit immer mehr aus diesem Korsett.

Die Werbung reagiert auf die Umwälzungen in der Gesellschaft: Ist die Frau in den Kriegsjahren noch sparsam und fürsorglich, legt sie nach und nach ihre Küchenschürze ab und verlässt Haus und Herd. Sie ist selbstständig und erledigt daneben ohne Probleme ihre Aufgaben im Haushalt – falls sie, wie ihr die Werbung nahe legt, regelmässig genügend Stärkungsmittel einnimmt und sich weiterhin über den geschenkten Hausrat ihres Gatten freut. Oder aber endlich Mann und Nachwuchs dazu bringt, ihren Beitrag im Haushalt zu leisten.