Kinder. Ich mag sie nicht. Nicht nur, dass sie laut sind, alles anfassen und durcheinanderbringen. Ich weiss schlicht nichts mit ihnen anzufangen. Ich finde es nicht süss, wenn sie essen, gähnen, lächeln, pupsen oder in die Windeln machen. Ich mag sie nicht. Doch wehe, wenn ich das laut sage! Unmöglich. Man darf Kinder nicht nicht mögen. Das ist fast so, als würde man Fast Food als gesund bezeichnen, Umweltverschmutzung gut finden oder Tierversuche befürworten.

Kinder sind süss, sie sind toll, sie sind unsere Zukunft. Deshalb haben wir möglichst viele von ihnen in die Welt zu setzen. Mit «wir» meine ich übrigens Frauen. Wenn Männer sagen, sie wollten keine Kinder, ist es eine Lebenseinstellung. Bei Frauen im besten Falle ein Zeugnis geistiger Unreife. Und so entgegnen mir alle, die hören, dass ich keine Kinder bekommen will – ja sogar Gleichaltrige und Kinderlose –, denselben Satz: «Ach, du bist doch noch so jung, das kommt dann schon noch!» Meine Mitmenschen sagen das mit einem Unterton, wie wenn sie – die Reifen, die Erleuchteten – mich Ungläubige bekehren müssten.

Das perfekte Kinderalter

So ist das mit den jungen Erwachsenen: Kinder gehören zu ihrem Bild der Zukunft. Man will sie, man plant sie. Nicht heute, aber morgen. Spätestens mit 27, denn 27 ist das optimale Alter. Man hat gelernt, gefeiert, getrunken, hat einige Beziehungen hinter sich, die knapp bezahlbare Neubauwohnung mit Souvenirs von Reisen aus aller Welt aufgepeppt. Das Sparkonto zeigt nun deutlich mehr als eine Null, womit das perfekte Kinderalter eingeläutet ist. Die Idee, dass mein Wunsch, keine Kinder zu bekommen, bewusster erfolgt sein könnte als der Kinderwunsch künftiger Eltern, kommt diesen gar nicht in den Sinn.

Es ist nicht nur beleidigend, nicht ernst genommen zu werden. Nein, es ist, als würde man einem Schwulen nach seinem Coming-out sagen: «Keine Angst, das ist nur eine Phase. Das vergeht wieder, wenn du dir ganz, ganz viele schöne Frauenbilder anschaust.»

Bin ich deswegen eine Egoistin?

Doch warum eigentlich soll der einzige Weg zur Glückseligkeit übers Kinderkriegen führen? Wird uns nicht immer wieder gepredigt, dass jeder frei ist, seinen Weg zu wählen? Warum bin ich erwachsen genug, Auto zu fahren, abzustimmen und – ja, sogar fürs Kinderbekommen? Beim Nicht-Kinderkriegenwollen werde ich aber behandelt, als hätte ich eben erst laufen gelernt. Warum verlangt man von mir den Beweis, reif und reflektiert zu sein, während andere ohne Ausbildung und ohne finanzielle Absicherung Kinder bekommen dürfen, ohne dass sie darauf geprüft werden? Weshalb sind Menschen ohne Kinder schlecht für die Gesellschaft? Während jene, die aus Unüberlegtheit Kinder in die Welt setzen und unfähig sind, für sie zu sorgen, vom Steuerzahler und damit auch von Kinderlosen finanziert werden?

Nein, Kinder passen nicht in mein Leben. Denn ich habe einen Plan. Schon mit 12 wusste ich exakt, wo ich heute – mit knapp 23 – stehen will. Auch von den nächsten 15 Jahren habe ich eine genaue Vorstellung. So bin ich. Ich plane, und wenn ich geplant habe, ziehe ich es durch. Doch bin ich deswegen eine Egoistin? Und sind all jene, die aus reiner Selbstverständlichkeit oder Mangel an Alternativen Kinder in die Welt stellen, per se Altruisten?

Und wenn ich mit 35, gegen meine heutige Überzeugung, die Karriere hingeschmissen und Kinder haben sollte, wäre das gut so. Im Unterschied zu allen Eltern kann ich mich noch lange umentscheiden, ohne dass ein Kind darunter leidet.