Beim Beobachter-Beratungstelefon gehen täglich Anfragen von Abonnenten ein, die wissen wollen, wie sie am besten ein Sparziel erreichen oder ein vorhandenes Vermögen vorteilhaft anlegen können. Drei typische Beispiele: Ein Hausbesitzer, nennen wir ihn Othmar Schneider, hat gerade 200'000 Franken geerbt, die auf einem Sparkonto liegen. Der 55-Jährige will damit die in zwei Jahren auslaufende Festhypothek reduzieren. Er hat noch keine Anlageerfahrung und will keine Risiken eingehen. Ein halbes Prozent Zins auf dem Sparkonto ist ihm aber zu wenig.

Die Geldexperten vom Beobachter-Beratungszentrum arbeiten aber keine individuellen Anlagevorschläge aus, sondern geben vor allem Ratschläge für möglichst sorgenfreie Anlagen. Ein anderer Fall, wie er so oder ähnlich immer wieder vorkommt: Judith Freimüller hat ein Vermögen von 50'000 Franken zusammengespart. Dieses will die 40-Jährige nun «besser» anlegen, da sie es voraussichtlich die nächsten zehn Jahre nicht braucht. Drittes Beispiel: Vanessa Pletscher, 25, wünscht sich, alle fünf Jahre ihr Auto gegen ein neues Modell einzutauschen. Sie rechnet damit, dass sie jeweils 20'000 Franken aufzahlen muss; diese muss sie also innert fünf Jahren ansparen.

Generell gilt: Sparen und Anlegen sollten Sie in erster Linie bei Ihrer Hausbank. Dort kennt man Sie, Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse und Ihre Bedürfnisse meist am besten. Zurückhaltung empfiehlt sich bei Allfinanzberatern von Strukturvertrieben. Diese sind nicht so neutral, wie sie sich gerne geben, denn sie verkaufen vorwiegend Produkte mit hohen Kommissionen und langen Laufzeiten, die ihnen fette Provisionen einbringen. Auch Lebensversicherungen gaben in den letzten Jahren häufig Anlass zu Reklamationen. Die ursprünglich prognostizierten Überschussanteile wurden teilweise bis auf null gekürzt, und bei fondsgebundenen Lebensversicherungen wurden die Renditeerwartungen viel zu hoch geschraubt.

«Konservativ» ist nichts Negatives

Als Erstes empfiehlt sich, die aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation zu erfassen. Weiter sollten Sie Anlageziel (was will ich?), Zeithorizont (wann soll das Ziel erreicht sein?) und Renditevorstellung (was soll die Anlage einbringen?) notieren. Zusammen mit dem Bankberater kann dann ein Risikoprofil ausgearbeitet und eine Anlagestrategie festgelegt werden.

Was ist ein Risikoprofil? Zur Ermittlung werden Ihnen einige Fragen gestellt, die Sie ehrlich beantworten sollten. Einerseits geht es um die Risikofähigkeit - kann ich es mir leisten, Geld zu verlieren? Andererseits um die persönliche Risikobereitschaft - diese ist wesentlich schwieriger einzuschätzen. Wer weiss schon, wie er wirklich reagieren wird, wenn die gewählte Anlage innert sechs Monaten 20 Prozent an Wert verloren hat? Sie sollten ruhig dazu stehen, wenn Sie keine Risiken eingehen möchten. Bei der Wahl der Anlagestrategie hat der Ausdruck «konservativ» keine negative Bedeutung.

Für Hausbesitzer Othmar Schneider aus unserem eingangs erwähnten Beispiel ist es wichtig, dass das Kapital am gewünschten Termin verfügbar ist, es darf nicht mehr als zwei Jahre fest angelegt werden. Ausserdem sind Kursschwankungen, wie sie bei Aktien oder fremden Währungen vorkommen können, nicht erwünscht. Empfehlenswert für ihn ist, ein spesenfreies Festgeld auf zwölf Monate abzuschliessen und dieses dann für ein weiteres Jahr zu verlängern. Die Zinssätze können täglich ändern, derzeit kann er mit gut 2,60 Prozent pro Jahr rechnen. Eine andere Variante wäre, eine Kassenobligation auf zwei Jahre zu kaufen, die momentan um 2,75 Prozent Zins abwirft. Hier können aber noch Depotgebühren entstehen - netto hat er in der heutigen Situation keinen Vorteil mit der Obligation.

So würde es auch Peter Nabholz seinen Kunden raten: «Wir empfehlen derzeit Festgelder für kurzfristige Anlagen. Nur auf lange Frist raten wir im Rahmen des individuellen Risikoprofils des Kunden auch zu Aktienanlagen», sagt der Finanz-Fachverantwortliche der Raiffeisenbank Kloten. Es lohnt sich, nebst der Hausbank weitere Banken nach den aktuellen Zinssätzen zu fragen und die Angebote zu vergleichen. Teilweise sind die Unterschiede markant, ein Viertelprozent macht für Schneider jährlich 500 Franken mehr oder weniger!

«Konjunktur bleibt robust»

Judith Freimüller hat mit zehn Jahren einen wesentlich längeren Anlagehorizont, darum kommt für sie auch der Gang an die Börse in Frage. Die Auswertung des Risikoprofils legt bei ihr eine ausgewogene Anlagestrategie nahe. Das bedeutet, das Kapital je zur Hälfte in Rendite (Aktienanlagen) und Sicherheit (Obligationen) aufzuteilen. Als kostengünstige Variante könnte sie den Aktienanteil in zwei bis drei Indexfonds (Exchange Traded Funds [ETF]: Anlagefonds, die einen bestimmten Börsenindex exakt nachbilden und börsengehandelt sind) anlegen, etwa mit einem Mix aus je einem schweizerischen, europäischen und amerikanischen Index. Für die Sicherheit kommt eine dreijährige Kassenobligation mit drei Prozent Zins in Frage. In drei Jahren kann sie diese zum dannzumal aktuellen Zinssatz verlängern. Und wenn sie die Fondskäufe online abwickelt, spart sie noch einige Franken an Gebühren.

Sind bei Obligationen derzeit eher kurze oder lange Laufzeiten ratsam? Wie werden sich die Zinsen weiter entwickeln? Jan Amrit Poser, Chefökonom der Bank Sarasin, rechnet damit, dass die Renditen von Franken-Obligationen in den nächsten neun Monaten noch «um etwa ein halbes Prozent steigen werden, danach sehen wir eher eine sinkende bis stabile Tendenz». Die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich sieht es ähnlich: «Wenn die Konjunktur weiterhin robust bleibt - und davon geht die KOF aus -, dürften sich die Obligationenrenditen in den nächsten Jahren leicht über dem langjährigen Durchschnitt bewegen.» Diesen gibt die KOF mit 3,1 Prozent an. Solange die Zinsen weiter ansteigen, sind vor allem Kassenobligationen mit kurzen Laufzeiten von zwei bis drei Jahren empfehlenswert, da diese nach der Rückzahlung zu einem höheren Zinssatz neu angelegt werden können.

Bei Vanessa Pletscher hingegen ist ein Fondssparplan die optimale Lösung. Am besten wählt sie einen Strategiefonds mit einem Aktienanteil von 30 bis 50 Prozent und monatliche Raten von 300 Franken. Bei dieser Sparform kauft die Bank monatlich Anteile des ausgewählten Anlagefonds. Pletscher hat zwar keine Garantie, dass sie nach fünf Jahren mehr Geld zur Verfügung hat als mit dem Sparkonto. Sie kann aber dieses Risiko tragen, da sie schlimmstenfalls auch länger als geplant mit dem alten Auto weiterfahren könnte, falls die Börsen 2012 in einem Tief sind. Wichtig bei der Wahl des Fondssparplanes: keine Einzahlungsverpflichtung eingehen und die Kosten bei verschiedenen Banken vergleichen. Sie belasten Gebühren auf die monatlichen Einlagen, einige verlangen zusätzlich noch jährliche Depotgebühren. Gewisse Strukturvertriebe verrechnen sogar hohe Einstiegsgebühren, die Kundin bezahlt gleich zu Beginn einige Prozente auf alle künftigen Einlagen, der sogenannten Plansumme.

Schlafen Sie drüber

Die drei Beispiele zeigen: Für die richtige Geldanlage ist individuelle Vorbereitung nötig. Machen Sie sich Gedanken über Ihre Ziele und bis wann Sie diese erreichen wollen. Vereinbaren Sie erst danach einen Banktermin. Wenn Sie sich unsicher fühlen, schlafen Sie nach der Beratung darüber. Vielleicht tauchen neue Fragen auf, die eine weitere Beratung nötig machen.

So finden Sie die richtige Geldanlage

  • Wenn Sie sich beraten lassen, fragen Sie ruhig nach der Ausbildung und der Erfahrung des Beraters.
  • Beachten Sie bei jeder Anlage die einmaligen und die wiederkehrenden Kosten und die steuerlichen Auswirkungen. Lassen Sie sich die Informationen schriftlich geben.
  • Wählen Sie Anlagefonds statt Einzelaktien. So verteilen Sie das Risiko auch bei kleinen Beträgen auf verschiedene Unternehmen.
  • Kaufen Sie nur Anlagen, bei denen Sie verstanden haben, wie sie funktionieren. Sind Sie unsicher oder haben Sie ein flaues Bauchgefühl, dann kaufen Sie nicht.
  • Wählen Sie Indexfonds anstelle von bankeigenen Aktienfonds. Letztere haben viel höhere Verwaltungsgebühren und weisen über die Jahre sehr selten einen besseren Kursverlauf auf als die Indexfonds.
  • Lassen Sie sich auch Anlagefonds offerieren, die von anderen Anbietern als der eigenen Bank sind.
  • Lassen Sie sich Fachausdrücke so erklären, dass Sie sie verstehen.
  • Auch bei Kursverlusten sollten Sie nicht einfach verkaufen. Halten Sie sich an die einmal gewählte Anlagedauer und -strategie.
  • Lassen Sie sich nie durch hohe Gewinnversprechen blenden.

Vorhandenes Vermögen

CHF 10'000 CHF 50'000 CHF 100'000
6 Monate Sparkonto Sparkonto
Festgeld
Sparkonto
Festgeld
1 Jahr Sparkonto Sparkonto Sparkonto
2 Jahre Sparkonto
Kassen-obligation
Sparkonto
Kassen-obligation
Sparkonto
Kassen-obligation
5 Jahre Sparkonto
Kassen-obligation
Strategie-fonds*
Sparkonto
Kassen-obligation
Strategie-fonds*
ETF/ Indexfond**
Sparkonto
Kassen-obligation
Strategie-fonds*
ETF/ Indexfond**
10 Jahre Sparkonto
Kassen-obligation
Strategie-fonds*
ETF/ Indexfond**
Sparkonto
Kassen-obligation
Strategie-fonds*
ETF/ Indexfond**
Sparkonto
Kassen-obligation
Strategie-fonds*
ETF/ Indexfond**

* Anlagestrategie gemäss persönlichem Risikoprofil
** Beschreibung siehe oben im Abschnitt «Konjunktur bleibt robust»

Sparen und anlegen, um ein Vermögen aufzubauen

CHF 100 CHF 500 CHF 1000
3 Jahre Sparkonto Sparkonto Sparkonto
5 Jahre Fondssparplan mit
Strategiefonds*
Fondssparplan mit
Strategiefonds*
Säule 3a
Fondssparplan mit
Strategiefonds*
Säule 3a
10 Jahre Fondssparplan Aktienfonds Fondssparplan Aktienfonds
Säule 3a
Fondssparplan Aktienfonds
Säule 3a

* Anlagestrategie gemäss persönlichem Risikoprofil