Seit Anfang Jahr wurden Millionen von Anlagegeldern in Obligationenfonds statt in Aktien gesteckt. Bei der UBS beispielsweise floss im zweiten Quartal dieses Jahres kein zusätzliches Geld mehr in Aktienfonds, bei den Obligationenfonds hingegen betrug der Zuwachs gegenüber dem Vorquartal vier Prozent. Der Wechsel in sichere Anlagen liess die Kurse vor allem bei Obligationen in der Schweiz, den USA und in Europa steigen.

Weiterer Grund für den Kursanstieg: Seit der Börsencrash auf Raten im März 2000 seinen Anfang nahm, wurden in den USA die Zinsen elf Mal gesenkt – von 6,5 auf 1,75 Prozent. Das ist das tiefste Niveau seit mehr als 40 Jahren. Anteilseigner von Obligationenfonds machten dabei ein gutes Geschäft. Denn bei sinkenden Zinsen steigen die Kurse von Obligationenfonds. Ausschlaggebend: die gestiegenen Kurse der im Fonds enthaltenen Obligationen.

Nur in Tranchen investieren
Ist der Zeitpunkt günstig, um in Obligationenfonds einzusteigen? Entscheidend ist, wie sich die Zinsen entwickeln. Folgende zwei Szenarien könnten in den kommenden Monaten auftreten:

  • Die Zinsen fallen weiter: Vor kurzem hat die Schweizer Nationalbank die Leitzinsen erneut um 0,5 Prozent gesenkt. Auch in Europa könnte sich eine weitere Zinssenkung ankündigen. Für Neueinsteiger dürfte deshalb der Kauf von Obligationenfonds weiter steigende Anteilswerte bringen.

  • Die Zinsen steigen wieder: Die Volkswirtschaften stabilisieren sich und somit auch die Aktien. Meist fallen dann die Kurse der Obligationen. Neueinsteiger könnten in diesem Fall schon nach wenigen Wochen Obligationenfonds günstiger erwerben.


Welches Szenario eintrifft, ist schwer zu prognostizieren. Schliesslich könnte es auch sein, dass Obligationen noch längere Zeit auf dem jetzigen Kursniveau verharren. Da es den idealen Einstiegszeitpunkt nicht gibt, empfiehlt sich auf jeden Fall ein Kauf in Tranchen.

Wer jetzt Obligationenfonds kaufen möchte, muss zwischen ausschüttenden und nicht ausschüttenden (so genannt thesaurierenden) Fonds auswählen. Die ausschüttenden geben einmal jährlich Zinserträge aus ihren Obligationen weiter. Der Kurs des Fondsanteilswerts ist nach der Ausschüttung meist etwas tiefer. Die Ausschüttungen können von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausfallen – je nachdem, wie hoch die Zinsen der im Fonds enthaltenen Obligationen sind. Genaue Zahlen lassen sich bei der Fondsgesellschaft oder über die Hausbank in Erfahrung bringen. Für Qualitätsobligationen (überwiegend AAA-Bewertungen) gibt es in der Regel nicht allzu hohe Zinsen.

Obligationenfonds mit Ausschüttung werden oft mit einem A gekennzeichnet. Gewissheit erhält aber nur, wer bei seiner Bank nachfragt. Ausschüttende Fonds eignen sich für Personen, die auf regelmässige Erträge angewiesen sind, zum Beispiel Rentner. Auch für Sparer, die einen Teil der Kapitalerträge brauchen wollen, kommen sie in Frage. Bei ausschüttenden Fonds fallen in der Regel 35 Prozent Verrechnungssteuern an.

Eine andere Anlagevariante bieten die thesaurierenden Fonds. Dort bleiben die Ausschüttungen im Fonds. Der Kurs des Fonds steigt deshalb in der Regel langfristig an. Es sei denn, die Zinsen steigen und die Kurse der Obligationen im Fonds fallen; in diesem Fall kann es sein, dass der Wert des Anteilscheins auch kurz- bis mittelfristig taucht.

Obligationenfonds ohne Ausschüttung werden häufig mit einem B gekennzeichnet. Aber auch hier muss dies nicht immer so sein. Thesaurierende Obligationenfonds eignen sich für Anleger, die nicht auf regelmässige Ausschüttungen angewiesen sind und ihr Vermögen langfristig sicher vermehren wollen.

In wirtschaftlich unsicheren Zeiten wählen Anleger meist Obligationenfonds mit tiefem Risiko aus: Für einen konservativ anlegenden Kunden sind zum Beispiel Fonds interessant, die nur Obligationen auf Schweizer Franken kaufen. Diese brachten im letzten Jahr immerhin eine Performance von drei bis vier Prozent. Solche Renditen sind aber die Ausnahme, da die Kurse letztes Jahr stark gestiegen sind. In aller Regel erwirtschaften diese Fonds eine Rendite zwischen zweieinhalb und drei Prozent.

Langer Atem gefordert
Im Vergleich zum europäischen Ausland und den USA liegt das Zinsniveau in der Schweiz tiefer, wie auch ein Vergleich von Obligationenfonds durch die Firma Bevag im Auftrag des Beobachters (siehe Tabelle auf www.beobachter.ch) zeigt. Weil im Ausland die Zinsen höher sind, lauten mehr als zwei Drittel der 62 untersuchten Fonds auf Fremdwährungen wie US-Dollar und Euro.

Solche internationalen Obligationenfonds unterliegen jedoch auch Währungsrisiken. Was dies ausmachen kann, sieht man am stark gefallenen Dollar: Gegen-über dem Schweizer Franken verlor er innert kurzer Zeit knapp 15 Prozent. Währungsturbulenzen können die etwas höhere Rendite bei ausländischen Obligationenfonds schnell wieder auffressen. Um mit Obligationenfonds in Dollar oder Euro höhere Durchschnittsrenditen zu erzielen, muss man jedoch langfristig denken. Die Kursschwankungen der im Fonds enthaltenen Währungen gleichen sich meistens über Jahre hinweg aus. Dann kommen auch die höheren Zinsen zum Tragen.

Wenn Sie einen fremden Fonds bei Ihrer Bank kaufen wollen, also einen Fonds, den Ihre Bank oder Fondsgesellschaft nicht selbst bewirtschaftet, lohnt es sich, nach den genauen Ausgabekommissionen zu fragen. Es kann sein, dass ein Fonds bei einer anderen Bank günstiger erhältlich ist. Zudem ist bei Obligationenfonds auch auf die Managementgebühren zu achten, die jährlich abgezogen werden. Die Alternative: Wer sein Geld direkt in sichere Obligationen anlegt, fährt von der Kostenseite her in den meisten Fällen günstiger.

Mitarbeit: Christian Kaiser