Entwaffnende Freundlichkeit stärkt die Moral
Ein Bahnpassagier platziert seine nackten Füsse neben Ihnen. Das wollen Sie nicht hinnehmen. Ob ein strafender Blick genügt? Ob Sie Ihr Gegenüber zurechtweisen müssen? Was, wenn er nicht darauf reagiert? Müssen Sie leiden? Wollen Sie leiden? Oder sind Sie kaltblütig genug für ein Kompliment wie etwa: «Sie haben wunderbare Füsse!» Über den Verlust der «guten alten Sitten» zu klagen wäre fehlinvestierte Zeit: Sie können das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen. Aber vielleicht finden Sie einen Weg, Ihre Nerven zu schonen.
Grundsätzlich können Sie Respektlosigkeiten auf drei Arten begegnen:
- Erstens: Sie ignorieren das Ärgernis – und widmen sich Ihren Verwünschungsfantasien.
- Zweitens: Sie versuchen, den Störenfried zur Raison zu bringen.
- Drittens: Sie entfernen sich vom Ort des Ärgernisses.
Tadel begünstigt Eskalationen: Handelt der Unanständige ohne Absicht, ja ohne Wissen, ist Ihre Schelte für ihn eine Provokation. Und ärgert Sie jemand gezielt, befriedigt ihn Ihr Tadel von ganzem Herzen. Das wiederum vergrössert Ihren Ärger.
Wäre es nicht Zeit für Überraschungen?
- Beispiel Strassenverkehr: Entwaffnend ist die Kusshand als Antwort auf einen Stinkefinger.
- Beispiel Bahnverkehr: Ob sich Ihr lauthals Handy talkender Nachbar mässigt, wenn Sie in der gleichen Lautstärke und mit derselben Selbstverständlichkeit aus Ihrer Zeitung vorlesen?
- Beispiel Spaziergang: Die Halterin des Dobermanns will Sie beschwichtigen mit: «Er beisst doch nicht» – antworten Sie: «Aber ich!»
Buchtipp
Alexander Vier (Pseudonym für vier Autoren): «Ich mobbe gern! Die 10 ultimativen Strategien für mehr Lebensglück.» Eichborn-Verlag, 2003, Fr. 26.90