Es war eine lustige Gesellschaft, die sich am 6. Mai 2007 vom zürcherischen Hombrechtikon zu einem Ausflug aufmachte. Drei Familien mit Kindern, alles Nachbarn, im eigens angemieteten Minibus. Ihr Ziel: ein Gewerbebau an der Lerchentalstrasse in St. Gallen, wo die Generalunternehmung Hausfactory AG, die Erbauerin ihrer Einfamilienhäuser, gerade den Umzug in neue Räumlichkeiten feierte. Die Reisegruppe kam auf Einladung und mit einer klaren Absicht, wie sich Daniel Jenni, einer der Teilnehmer, erinnert: «Wir wollten so viel essen und trinken wie nur möglich, um wenigstens so für unseren Ärger entschädigt zu werden.»

Und Ärger hatten sie beim Hausbau reichlich gehabt. Mehrkosten von rund 150'000 Franken etwa, nicht wegen Zusatzwünschen - «die haben wir selber erfüllt», wie Handwerker Jenni betont -, sondern unter anderem, weil plötzlich Bauland und Kanalisationsanschluss deutlich teurer waren, als von Hausfactory angegeben. Zudem war ein Isolationsanstrich vergessen worden, und kurz nach dem Einzug musste Jenni feststellen, dass der ganze Dachstock verschimmelt war. Es dauerte ein Jahr, bis der Schaden am neuen Haus behoben war.

Anderen war es noch übler ergangen. Roy Müller aus dem bernischen Walperswil etwa stand schon am ersten Wochenende nach dem Einzug die ganze Nacht in einem Lichtschacht des neuen Heims und schöpfte zusammen mit einem Nachbarn Wasser. Die von Hausfactory beauftragte Baufirma hatte die Kanalisation nicht fachmännisch verlegt. Die unangenehmen Folgen für Familie Müller: Ihr Haus musste in wochenlanger Arbeit auf drei Seiten noch einmal bis auf die Grundplatte freigelegt werden, um die Arbeiten korrekt auszuführen. Hausfactory übernahm zwar die Sanierung, nicht aber die Folgekosten: Umgebungsarbeiten, Geländeabsenkungen und einen massiven Elektroschaden, den von Baumaschinen verursachte Erschütterungen ausgelöst hatten, mussten Roy und Manuela Müller selber bezahlen. Kostenpunkt: Knapp 80'000 Franken.

«Ehemalige Verantwortliche» schuld
Auf der Internetseite Haus-Forum.ch gibt es, neben einigen zufriedenen Hausfactory-Kunden, unzählige Klagen dieser Art: Verzögerungen, unfähige Bauleiter, überzogene Budgets, eingetragene Bauhandwerkerpfandrechte wegen Rechnungen, die von Hausfactory nicht bezahlt wurden, sowie Baumängel sind an der Tagesordnung. Besser gesagt: waren. Ende Februar, knappe zehn Monate nach dem Umzugsfest, war die Partystimmung bei Hausfactory verflogen. Das Unternehmen, das jährlich bis zu 100 Einfamilienhäuser gebaut hatte, musste Konkurs anmelden. Dadurch sahen sich Dutzende von Familien von einem Tag auf den anderen mit der unangenehmen Situation konfrontiert, dass ihr Traumhaus eine Baustelle zu bleiben drohte.

In einem Brief teilte ihnen Hausfactory mit, «dass ehemalige (qualifizierte) Verantwortliche über Monate den Geschäftsgang frappant falsch dokumentierten und die Firma nach sieben Jahren erfolgreicher Geschäftstätigkeit innert weniger Wochen in die Illiquidität führten». Hausfactory-Chef Urs Lampert hatte für die überrumpelten Bauherren - zum Zeitpunkt des Konkurses waren schweizweit 43 Häuser im Bau - jedoch eine Lösung bereit: «Ihr Projekt kann mit geringem Mehraufwand fertiggestellt werden», schrieb er und informierte die Kundschaft darüber, dass Hausfactory bereits alle Urheberrechte an eine Firma namens Baulandpool AG abgetreten habe. In dieser Firma würden sämtliche «notwendigen» Mitarbeiter von Hausfactory «bis zur Vollendung weiter beschäftigt». Es sei deshalb unabdingbar, dass alle Werkverträge von im Bau befindlichen Objekten unverzüglich an die Baulandpool abgetreten würden. Nur in diesem Fall komme die vorgeschlagene Lösung zum Tragen, setzte Lampert seine Kundinnen und Kunden unter Druck: «Es ist nun von Ihnen abhängig.» Mit einer Übertragung, so Lampert weiter, könnten auch die von den Kunden auf ihr jeweiliges Generalunternehmerkonto einbezahlten Gelder gerettet werden: «Durch einen Konkurs und die Bemühungen durch den Konkursrichter würden Sie dieses Geld unter Umständen vollumfänglich verlieren.» Für ihren Entscheid hatten die Kunden knapp 48 Stunden Zeit.

Die Übertragung der Werkverträge war mit wenig Aufwand verbunden, eine Unterschrift reichte. Auch für Hausfactory-Chef Lampert hielt sich die Arbeit in Grenzen, er musste wohl nicht einmal die Dokumente zügeln: Die Baulandpool AG residiert im selben Gebäude wie die Hausfactory. Einziges Mitglied des Verwaltungsrats ist Urs Lampert selber, als Geschäftsführerin amtet Ehefrau Michèle. Sie sass einst auch im Verwaltungsrat von Hausfactory, schied dort aber nur wenige Tage vor dem Konkurs aus.

Verzweifelte Bitte um Rückruf
Wer die eingeforderte Vertragsänderung unterzeichnete, überschrieb seine Verträge demnach bloss von einer Lampert-Firma an die andere. Das hinderte Lampert nicht daran, für die Übertragung zusätzliche Kosten in Aussicht zu stellen: Einigen Kunden wurde ein Vertrag mit einem Passus vorgelegt, der die Baulandpool AG ermächtigte, «aufgrund organisatorischer Umtriebe unverzüglich Mehrkosten im Minimum von CHF 6000.- bis maximal CHF 14'000.- zu verrechnen».

Zahlreiche Kunden verzichteten darauf und versuchten, ihr Geld direkt am Firmensitz in St. Gallen sicherzustellen. Firmenchef Lampert ging der aufgebrachten Kundschaft jedoch tunlichst aus dem Weg. Telefonanrufe wurden nicht beantwortet, die Türen am Firmensitz blieben verschlossen. Betroffene berichten von an die Türen geklebten Zetteln, auf denen verzweifelte Bauherren um Rückruf baten. Lampert meldete sich nicht - auch nicht beim Beobachter, der ihn mit den Vorwürfen konfrontieren wollte.

Am 3. März wurde über die Hausfactory AG der Konkurs verhängt, Anfang April wurde dieser mangels Aktiven eingestellt. Kein Gläubiger war bereit gewesen, den vom Konkursamt verlangten Vorschuss von 60'000 Franken zu leisten.

Die Baulandpool AG hingegen existiert noch, zumindest im Handelsregister. Ob sie die übertragenen Werkverträge erfüllt und die Häuser fertigstellt, lässt sich nicht feststellen. Der Kontakt mit der Firma ist schwierig: Die Homepage ist abgeschaltet und die im Telefonbuch angegebene Nummer nicht mehr in Betrieb.