Das juristische A - Z
Veröffentlicht am 25. November 2014 - 11:11 Uhr
Die Notwendigkeit, sich in juristischen Fragen möglichst eindeutig auszudrücken, hat zu einer sehr ausgeprägten Fachsprache geführt. Unsere Experten aus dem Beobachter-Beratungszentrum erläutern in diesem Glossar, was unter geläufigen juristischen Begriffen wirklich zu verstehen ist.
Leichtere Straftaten werden meist nur verfolgt, wenn der Geschädigte einen Strafantrag stellt – sie sind Antragsdelikte. Wenn etwa jemand am Kiosk ein Exemplar des Beobachters klaut, müsste der Kioskinhaber Strafantrag stellen. Die schwereren Offizialdelikte werden hingegen auch ohne Antrag verfolgt. Um beim Beispiel zu bleiben: Falls der Täter den Kioskverkäufer fesselt oder verletzt, um die Beobachter-Ausgabe zu entwenden, verfolgt die Strafbehörde die Tat von sich aus. Voraussetzung ist einzig, dass sie davon erfährt.
Sicher haben Sie sich auch schon betrogen gefühlt – sei es durch einen hartnäckigen Verkäufer oder einen falschen Freund. Ein Betrug im rechtlichen Sinn muss das aber noch lange nicht gewesen sein. Erst wenn jemand Sie täuscht, etwa durch besonders hinterhältige und raffiniert aufeinander abgestimmte Lügen, und Sie so in einen Irrtum versetzt, worauf Sie ihm Geld zahlen und Ihr Vermögen sich verringert, liegt strafrechtlich Betrug vor. Die Person muss zudem in der Absicht gehandelt haben, sich selber finanziell besser zu stellen.
Im Alltag werden die Begriffe «Eigentum» und «Besitz» oft als Synonym verwendet. Rechtlich ist das nicht korrekt: Ein Eigentümer hat nämlich die stärkere Position als ein blosser Besitzer. Er hat umfassende Herrschaft über eine Sache und kann nach seinem Belieben darüber verfügen. Ein Besitzer hingegen hat zwar die tatsächliche Gewalt über eine Sache, sie muss ihm aber nicht zwingend gehören. Klassisches Beispiel: Einem Vermieter gehört die Wohnung, er ist ihr Eigentümer. Der Mieter besitzt die Wohnung nur.
Lässig ist das bestimmt nicht: Im Verständnis der Juristen handelt nämlich jemand fahrlässig, wenn er die Folge seines Verhaltens aus Unvorsichtigkeit nicht bedenkt, obwohl er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen dazu in der Lage gewesen wäre. Angenommen, Sie rutschen beim Holzschnitzen mit dem Messer ab und verletzen jemanden, müssen Sie sich unter Umständen wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten. Der Begriff der Fahrlässigkeit dürfte seinen Ursprung also eher bei «fahren lassen» oder «vernachlässigen» haben.
Eine Genugtuung ist ein Ausgleich eines körperlichen oder seelischen Leidens – deshalb nennt der Volksmund sie auch «Schmerzensgeld». Der Betrag soll also nicht einen finanziellen Schaden, sondern einen immateriellen Schmerz ausgleichen, zum Beispiel wenn ein Mensch verletzt oder widerrechtlich in seiner Persönlichkeit angegriffen wird. Die Höhe der Genugtuung wird je nach Einzelfall individuell festgelegt. Verliert etwa ein Gitarrist einen Finger, wird er eine höhere Summe bekommen als ein Marathonläufer.
Weit verbreitet ist die Ansicht, man könne sich auf ein Gewohnheitsrecht berufen, wenn man etwas schon länger tut, ohne dass sich jemand daran störte. Aber das ist in den allermeisten Fällen rechtlich haltlos. Wer etwa seit Jahren über Nachbars Grund geht, ohne dass dieser je reklamierte, kann daraus kein Recht ableiten, weiterhin über sein Grundstück gehen zu dürfen. Die lang andauernde Ausübung einer Tätigkeit führt nur dann zu einem Gewohnheitsrecht, wenn das Gesetz lückenhaft ist.
Spricht man von juristischen Personen, könnte man meinen, es gehe um Anwälte und Rechtsgelehrte. Diese sind zwar bestenfalls juristisch versiert, aber zu juristischen Personen macht sie das nicht. Privatpersonen, also einfach gesagt Menschen, werden als natürliche Personen bezeichnet. Juristische Personen hingegen sind Unternehmen, die rechtsfähig sind. Das bedeutet, dass sie selbst Träger von Rechten und Pflichten sein können. Eine Aktiengesellschaft kann in eigenem Namen klagen.
Er muss nicht unbedingt minderjährig sein. Und er ist auch nicht zwingend kindisch. Mit «Kindsvater» ist einfach «Vater» gemeint. Aber warum sprechen Juristen eher selten von einer «Kindsmutter»? Es mag damit zu tun haben, dass die rechtliche Mutter nach dem lateinischen Sprichwort «Mater semper certa est» immer als bekannt galt: Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat. Zur Zeit ihrer Entstehung erschien diese Regel restlos zutreffend – Eispenden oder Leihmutterschaft existierten noch nicht.
Das Konkursamt prüft in einem Konkursverfahren sämtliche Forderungen und entscheidet, ob diese zugelassen werden und welchen Rang sie haben. Das Ergebnis dieser Prüfung hält es im Kollokationsplan fest. Gläubiger, deren Forderung ganz oder teilweise abgewiesen wurde oder nicht den beanspruchten Rang erhielt, können den Kollokationsplan innert 20 Tagen mit einer Klage beim Gericht anfechten. Das gleiche Recht haben Gläubiger, die mit der Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang nicht einverstanden sind.
Flattert ein Zahlungsbefehl ins Haus, treibt dies manchem den Angstschweiss auf die Stirn. Um sich gegen eine ungerechtfertigte Betreibung zu wehren, gibt es in diesem Fall nur eines: «Rechtsvorschlag erheben». Das bedeutet, dass der Betriebene sofort gegenüber dem Überbringer des Zahlungsbefehls – oder innert zehn Tagen gegenüber dem Betreibungsamt – erklärt, dass er die Forderung nicht anerkennt. Das hat zur Folge, dass das Betreibungsverfahren angehalten wird und der Betreibende Nachweise liefern muss, dass seine Forderung zu Recht besteht.
Der Registervater ist im amtlichen Personenregister als rechtlicher Vater eines Kindes eingetragen. Nicht immer ist er aber auch der leibliche Vater: Falls eine Ehefrau fremdgeht und daraus während der Ehe ein Kind entsteht, vermutet das Gesetz den Ehemann als Vater. Folglich wird er im Register eingetragen. Wenn er später aber herausfindet, dass das Kind nicht seins ist, und die Vaterschaft rechtzeitig anficht, kann er vom leiblichen Vater Ersatz für den geleisteten Kindsunterhalt verlangen.
In vielen Verträgen findet sich eine Saldoklausel – oft so oder ähnlich lautend: «Mit dem Abschluss dieser Vereinbarung erklären sich die Parteien per saldo aller Ansprüche als endgültig und vollständig auseinandergesetzt.» Klingt aufgeblasen, bedeutet aber einfach, dass man gegeneinander keine Forderungen mehr hat, dass also alles abgerechnet und bereinigt ist. Ein Mieter etwa kann sich so darauf verlassen, dass sein früherer Vermieter ihm später nicht noch eine alte Heizkostenabrechnung auftischt.
Ist der Altersunterschied zwischen einer Schweizerin und ihrem ausländischen Ehemann auffallend gross? Wurde nach kurzer Bekanntschaft geheiratet – oder kurz bevor er die Schweiz hätte verlassen müssen? All das könnte die Aufmerksamkeit der Behörden erregen: Es handelt sich dabei um Indizien für eine Scheinehe – dass also nicht aus Liebe, sondern wegen des Aufenthaltsrechts geheiratet wurde. Das wäre unzulässig. Wer eine Scheinehe eingeht, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe belangt werden.
Wenn Parteien «sich vergleichen», heisst das nicht, dass sie sich aneinander messen. Vielmehr geht es darum, dass zwei Streitparteien einen Kompromiss schliessen und sich einigen. Ein Streit wird also durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt. Einen Vergleich kann man sowohl aussergerichtlich wie auch in einem laufenden Verfahren schliessen. Insbesondere bei Schlichtungsverhandlungen liegt der Fokus darauf, die Parteien zu versöhnen.
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