Vor fünf Jahren kaufte René Schnell im Kanton Solothurn ein Stück Land, um darauf Obstbäume zu pflanzen. Per Zufall stellte er diesen Frühling fest, dass durch sein Grundstück eine Leitung der Cablecom verläuft. Ausserdem fand er eine Dole, die als Zweigstelle für Kabel dient. Die Dole, anderthalb Meter tief, zwängt sich zwischen zwei Bäume. Weder Dole noch Kabel sind auf einem Plan eingezeichnet, und weder Schnell noch der Verkäufer wussten davon. Dole und Leitung müssen in den frühen achtziger Jahren von einer Vorgängerfirma der Cablecom erstellt worden sein; ein Durchleitungsvertrag war nicht abgeschlossen worden.

Was Schnell widerfuhr, ist kein Einzelfall. Es ist davon auszugehen, dass in der Anfangszeit des Kabel-TV-Booms vor etwa 20 Jahren häufig auf solch hemdsärmelige Art Kabel verlegt wurden. Oft gibt es bei den Gemeinden nicht einmal Pläne, wo die Leitungen durchgehen. Für Fernsehkabel und ähnliche Leitungen bräuchte es eine Baubewilligung, wobei das Einverständnis des Grundeigentümers einzuholen ist. Ein Eintrag im Grundbuch ist indes nicht nötig. Ein Grundeigentümer kann gezwungen werden, die Durchleitung zu dulden.

Per eingeschriebenen Brief teilte Schnell der Cablecom mit, er erachte die Leitung als unrechtmässig und untersage weitere Grabungen. «Es fand ein Augenschein statt», so Schnell, «bei dem der Vertreter der Cablecom zugab, dass die Leitung widerrechtlich erstellt worden war.» Cablecom bot ihm eine «Durchleitungsvereinbarung» an. «Als ich diesen Vertrag sah, glaubte ich, die Cablecom wolle mich für dumm verkaufen», sagt Schnell. Rechte sah der Vertrag praktisch nur für die Cablecom vor, Schnell hätte vor allem Pflichten gehabt. Er verlangte daraufhin, dass die Leitung bis zum 15. Oktober entfernt werde. Kurz vor Ablauf dieser Frist scheint die Cablecom nun einzulenken. Ein Bauunternehmen hat in ihrem Auftrag mit Schnell Kontakt aufgenommen, um die Entfernung der Leitung zu planen. «Ich habe das nur erreicht, weil ich hart blieb und mit rechtlichen Schritten drohte», sagt Schnell.

Die Cablecom hat nicht systematisch untersucht, wie viele Fälle widerrechtlicher Kabelverlegungen es gibt. Bei 1,5 Millionen Kunden dürften es Hunderte, wenn nicht Tausende sein. Von einem Cablecom-Mitarbeiter erhielt René Schnell die Auskunft, dass man die Landbesitzer in den achtziger Jahren nur mündlich oder gar nicht um ihre Zustimmung gefragt habe. Vor allem in der Nordwestschweiz gebe es deshalb Probleme. Cablecom-Sprecher Stephan Howeg spielt das Problem herunter. Im Jahr 2003 seien es acht Fälle gewesen, in diesem Jahr bisher drei, bei denen man sich mit den Grundbesitzern geeinigt habe. Nachfragen in anderen Gemeinden zeigen, dass die Zahl grösser sein dürfte, als der Cablecom lieb ist. Will sie ihren Leitungssalat legalisieren, steht sie vor einer grösseren Recherche.

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