«Obwohl ich seine Mutter bin, muss ich sehr objektiv sagen, dass mein Sohn, Maître Pirkl, wunderbar und kostengünstig ist.» So stehts in der bis anhin einzigen Bewertung des Genfer Rechtsanwalts Peter Pirkl auf der Website www.anwaltvergleich.ch. «Seine Fähigkeiten und sein Wissen erleuchten die Gerichte und bringen die Gegenparteien zur Räson. Er ist ein schöner Junge, höflich und verdient Ihr ganzes Vertrauen.»

Das Internetangebot der Firma Websheep will «mehr Transparenz und mehr Wettbewerb» in die Anwaltszunft bringen. Ein hehres Unterfangen, auf dessen Notwendigkeit auch ein Anwaltstest des Beobachters unlängst hingewiesen hat: Ein Beobachter-Redaktor liess sich von 21 zufällig ausgewählten Anwälten persönlich beraten. Resultat: Bloss ein Drittel klärte während der ersten Beratungsstunde von sich aus über den Tarif auf (siehe Artikel zum Thema «Anwälte im Test: Kasse statt Klasse»).

Erkaufte Ranking-Positionen

Kein Wunder also, dass die Anwälte gegenüber der neuen Internetseite zurückhaltend sind: Nur gerade 26 von mehr als 7000 Anwälten gaben zum Zeitpunkt des Tests ihre Stundentarife bekannt. Deshalb erfährt der Kunde neben belanglosen (Selbst-)Bewertungen («souverän, kompetent, lösungsorientiert») kaum Neues. Ein Vergleich der Anwälte ist weder fachlich noch kostenmässig möglich. Im Gegenteil: Die Anwälte können ihre Ranking-Position erkaufen. Wer mehr zahlt, erscheint zuoberst.

«Die Bezeichnung ‹Anwaltvergleich› ist deshalb irreführend», sagt die Zürcher Rechtsanwältin Magda Streuli-Youssef, die im Auftrag des Schweizerischen Anwaltsverbands (SAV) rechtliche Schritte gegen Websheep prüft. Zudem habe das Unternehmen die Grunddaten der Anwälte ohne Einwilligung des SAV übernommen, und das Design der Website lehne sich zu stark an die offizielle SAV-Website an. Aus diesem Grund drohe Verwechslungsgefahr, oder zumindest werde eine Nähe zum Anwaltsverband suggeriert, die nicht bestehe.

Websheep-Geschäftsführer Michael von Arx nimmt die Kritik gelassen: «Vor zwei Jahren lancierten wir den Fahrlehrervergleich, vor einem Jahr den Zahnarztvergleich. Beide Angebote stiessen vorerst vor allem bei den Verbänden auf Widerstand, beide sind unterdessen akzeptiert.» Der 29-Jährige rechnet damit, dass sich in einem Jahr rund 40 Prozent der Anwälte mit Stundentarifen und weiteren Angaben eingetragen haben werden. Dann sei ein effektiver Vergleich möglich. In einem Punkt gelobt der Jungunternehmer Besserung: «In einem Monat werden wir bei jedem bezahlten Eintrag darauf hinweisen, dass ein Ranking-Platz erkauft wurde.»

Ob der Anwaltsverband gegen das Unternehmen klagen will, ist noch offen. Doch die einfachste und wirkungsvollste Antwort wäre ein eigenes Angebot des Anwaltsverbands: eine Website, wo Anwälte ihre Stundentarife bekannt geben und Bewertungen ihrer Arbeit möglich wären - fachlich korrekt und unabhängig. Dazu der St. Galler Rechtsanwalt und SAV-Kommunikationsbeauftragte Michael Hüppi: «Ein Anwaltvergleich mit Stundentarifen und Klientenkommentaren, wie der ‹Anwaltvergleich› ihn anbietet, ist nach heutigen Erkenntnissen praktisch unmöglich und unseriös.»

So könne zum Beispiel ein Anwalt mit einem tiefen Stundenansatz mehr kosten, weil er für seine Arbeit doppelt so viel Zeit benötige, und über die Qualität sage der Tarif nichts aus. «Kundenbewertungen sind zudem problematisch», gibt SAV-Vorstandsmitglied Michael Hüppi zu bedenken: «Auch ein gut beratener Mandant kann von der Arbeit seines Anwalts enttäuscht sein, weil das Urteil nicht so ausfiel, wie er es erhofft hatte.»

«Brechen Sie die Übung ab»

In Diskussionsforen und Mailinglisten der Anwälte gehen derweil die Wogen hoch: «Brechen Sie Ihre unnütze Übung besser - und schnell - ab», schreibt einer an den «Anwaltvergleich». Und selbst Maître Pirkl zeigt sich trotz dem Lob seiner Mutter ungerührt: «Ich habe den Eindruck, dass Sie Birnen mit Tomaten vergleichen.»