Dünger: So blüht der Garten auf
Zahlreiche Hobbygärtner setzen im Glauben, ihren Pflanzen Gutes zu tun, reichlich Düngemittel ein. Doch dadurch wird der Boden stark belastet. Deshalb gilt: weniger ist mehr.
Veröffentlicht am 11. April 2003 - 00:00 Uhr
Sein Name ist unter Hobbygärtnern Legende: Auf einem kleinen Stück Erde am Stadtrand von Zürich zog «Chabis-Aschi» alias Ernst Roth (1934 bis 2002) Knoblauch von der Grösse eines Kürbis, fussballgrosse Tomaten, meterlange Zucchetti und einen 30 Kilo schweren Weisskohl. Auf seiner Jagd nach immer grösserem Gemüse sicherte sich der Expolizist acht Einträge im Guinness-Buch der Rekorde. Viele Gartenfreunde eiferten dem Bücherautor und unermüdlichen Vortragsreisenden in Sachen Gemüseanbau nach und pflanzten und düngten, was das Zeug hielt.
Heute besitzt jeder dritte Schweizer einen Garten, rund 900'000 Parzellen werden intensiv bewirtschaftet – ein Graus für Umweltschützer. «Der Phosphorgehalt in Böden von Haus- und Familiengärten ist rund dreimal so hoch wie in Landwirtschaftsböden», sagt Hansjürg Hörler, Berater und Ausbildner für naturnahen Gartenbau. In der Landwirtschaft, wo der Normalwert kaum mehr überschritten werde, dünge man seit längerem viel haushälterischer und gezielter.
Bereits Ende der achtziger Jahre schlug das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) Alarm: Nutzgärten in städtischen Gebieten waren massiv mit Phosphor belastet und wiesen zu hohe Schwermetallkonzentrationen auf. Die Behörde lancierte zur Aufklärung die Aktion «Gsundi Gärte – gsundi Umwält» und bot begleitend Broschüren und Kurse an. Laut Hans Grob, Gartenberater bei Bioterra, der Schweizerischen Gesellschaft für biologischen Landbau, hat sich die Situation bis heute aber kaum verbessert: «Noch immer sind vier von fünf Gärten überdüngt.»
Bei Überdüngung reichert sich Phosphor, das Pflanzen für Blüte und Fruchtbildung benötigen, im Boden an. In der Folge wird die natürliche Balance unter den Bodenlebewesen gestört. Auch Pflanzen nehmen erhöhte Mengen auf. Für den Menschen ist das ungefährlich, solange Kräuter, Gemüse und Früchte keine extrem hohen Konzentrationen aufweisen. Schädlich sind die erhöhten Phosphatmengen aber für Seen und Flüsse, denen durch die Überdüngung Sauerstoff entzogen wird.
Die Düngerproduzenten haben das Problem erkannt und bieten vermehrt phosphorarme oder -freie Mittel an. Das allein reicht aber nicht. Wer sinnvoll düngen will, sollte eine seriöse Bodenanalyse vornehmen lassen: Sie zeigt auf, welche Nährstoffe in welcher Menge vorhanden sind, und ermöglicht so, die Düngermenge richtig zu dosieren. Neutrale Bodenanalysen bieten die Fachleute von Bioterra an; Kostenpunkt: 85 Franken. Wer auf Nummer Sicher gehen will, lässt auch den selber zubereiteten Kompost untersuchen.
Für den heimischen Garten sei das Düngen mit reifem Kompost meist ausreichend, erklärt Roland von Arx von der Sektion Boden und allgemeine Biologie beim Buwal. «Falls Nährstoffe wie Kalium für die Wurzelbildung oder Stickstoff für den Pflanzenwuchs fehlen, können sie gezielt zugeführt werden.» Das Angebot an Spezialdüngern ist jedoch riesig und für Laien kaum zu überblicken.
Auf Kompost und organischen Dünger schwört auch Claudia Müller, Fachberaterin für biologischen Gartenbau in Basel. «Hornspäne oder Kuhmist zum Beispiel steigern die Bodenaktivität und geben der Pflanze eine Auswahl an Nährstoffen.» Da auch Kompost viel Phosphor enthalten kann, sei jedoch auch hier Vorsicht geboten, so Müller: «Ich empfehle ein bis zwei Schaufeln pro Quadratmeter und Jahr.»
Chemische oder mineralische Dünger hingegen sollte man möglichst sparsam verwenden. Weil diese Präparate leicht löslich sind und schnell aufgenommen werden, erziehen sie die Pflanzen zu einem Fast-Food-Verhalten: Die Pflanzen werden «faul» und bilden kaum noch Wurzeln.