Susi Sauber gilt als Instanz in Sachen Aufräumen und Ordnung. Sie war Gast in Kurt Aeschbachers Fernsehshow. Durfte im Schweizer Radio Ratschläge zum Frühjahrsputz erteilen. Hat der «Schweizer Familie» ein Interview gegeben und ein Buch zum Thema geschrieben. Die Sauberfrau ist aber mehr als eine Putzhilfe. Auf ihrer Website finden sich Ratschläge für alle Lebenslagen. Sogar eine Praxis für Eheseelsorge leitet sie gemeinsam mit ihrem Ehemann – ganz nebenbei.

Insbesondere so genannte Messies und deren Angehörige setzen grosse Hoffnungen in die Organisationskünste von Susi Sauber, so ihr Pseuodonym. Dass sich die gelernte Krankenschwester, Mutter und Hausfrau christlich gibt, wirkt für viele Hilfesuchende zusätzlich vertrauensfördernd.

Wenn das Sammeln zur Plage wird
Hinter dem Begriff Messie – abgeleitet vom englischen Wort «mess» für Unordnung – versteckt sich eine psychische Störung, die es den Betroffenen fast verunmöglicht, Sachen fortzuwerfen – selbst solche, die von ihrer Umwelt als Müll taxiert werden. Stattdessen wird alles – vom zerschlissenen Regenschirm bis hin zur kaputten Glühbirne – aufbewahrt, gestapelt und gehortet.

Die Sammelwut kann so weit gehen, dass ein Messie sogar mit einem Stuhl im Bett schläft, weil sich in der ganzen Wohnung kein anderer Platz dafür findet. Inzwischen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass ein Grossteil der Messies von einer ADS genannten Gehirnstoffwechselstörung betroffen sind.

Diesen Menschen bietet Susi Sauber, nach ihren eigenen Aussagen selber Ex-Messie, tatkräftige Hilfe an. Auch Susanna Neu wandte sich vertrauensvoll an die 37-Jährige. «Ich wollte meine Unordnung in den Griff kriegen und hatte in der Presse viel Gutes über Susi Sauber gelesen», sagt sie heute. «Anfangs schien sie auch sehr hilfsbereit und äusserst verständnisvoll zu sein. Sie betonte, sie würde schonend mit meinen Sachen umgehen. Schliesslich wisse sie aus eigener Erfahrung, was in einem Messie vorgehe.»

In einer ihrer unzähligen E-Mails schrieb Susi Sauber an Neu: «Ich komme auch gratis. Nicht, dass Du meinst, Du musst mich bezahlen oder so.» Messie Neu freute sich über das Hilfsangebot, und drei Wochen später gings resolut ans Entrümpeln. Bald jedoch musste Neu feststellen, dass Saubers Aufräumwut auch wichtige Sachen im Wert von rund 3000 Franken zum Opfer gefallen waren. Selbst bereits eingepackte Weihnachtsgeschenke für Familie und Bekannte hatte Susi Sauber entsorgt.

Bei Widerspruch gibts Krach
Einige der vermissten Gegenstände – darunter ein neuwertiges Paar orthopädische Schuhe im Wert von 300 Franken, ein ladenneuer Fotoapparat und Goldschmuck – fand Neu im Abfall wieder. Selbst das von ihr offerierte Mittagessen hatte die Helferin achtlos in den Müll gekippt – über einen Stapel Fotonegative, die sie ebenfalls entsorgt hatte.

Als Susanna Neu sich bei Susi Sauber über den Verbleib der Sachen erkundigte, war es aus mit der Freundschaft. Susi Sauber denunzierte die 48-Jährige als Messie bei der Hausverwaltung. Diese verlangte umgehend Zutritt zur Wohnung, drohte gar damit, sich notfalls über das Bezirksgericht Zutritt zu verschaffen.

Rechnungen mit Eigenleben
Neu geriet in arge Bedrängnis. Es galt, die zwar keineswegs verdreckte, aber zum Bersten voll gestopfte Wohnung innerhalb von wenigen Tagen Vermieter-präsentabel zu machen. Neu wurde auch von Existenzängsten heimgesucht, denn schliesslich drohte ihr im schlimmsten Fall der Verlust der Bleibe. «Dass Susi Sauber mich bei der Verwaltung denunziert hat, das passt so gar nicht zu ihrem frommen Nächstenliebegetue. Das ist scheinheilig», ärgert sich Susanna Neu.

Doch damit nicht genug. Bald flatterte Neu eine Rechnung über 470 Franken ins Haus – für geleistete Aufräumarbeiten und den Anfahrtsweg. Als sie sich weigerte, die Rechnung zu bezahlen, drohte Susi Sauber ihr wiederholt mit der Betreibung und versuchte, über eine Anwältin Druck aufzusetzen. Gegenüber dem Beobachter bestreitet Susi Sauber jegliches Fehlverhalten ihrerseits.

Ungleich höher fiel die Rechnung für die Wohnungsentrümpelung eines weiteren Sauber-Opfers aus. 6356 Franken verrechnete Susi Sauber der Familie S., die aus Angst vor allfälligen Konsequenzen für ihre Messie-kranke Tochter ihren Namen nicht preisgeben will.

«Meist kommen wir mit 2 Personen zum Einsatztag. Pro Zimmer rechnen wir mit 2 bis 3 Stunden. Inklusive Fahrspesen, Entsorgung und AHV/Versicherung kostet unser Service 88 Franken pro Stunde», beantwortete Susi Sauber im Namen ihrer Firma Home Management GmbH die Frage nach dem Preis per E-Mail. Bei den Helfern handle es sich um «geschultes Personal, welches die speziellen Umstände von Messies (...) kennt», schrieb Sauber weiter.

Da es um eine Zweizimmerwohnung ging, rechnete Familie S. mit Kosten von höchstens etwa 1000 Franken. Doch Aufräumaktion und Rechnung entsprachen keineswegs den vorgängig erhaltenen Informationen. Am Entrümpelungstag standen nicht zwei Personen vor der Wohnungstür, sondern sieben Erwachsene und drei Kinder unter 15 Jahren, das jüngste war gerade mal sieben. Selbst die Kinder waren – ungeachtet ihres Alters, das zumindest den jüngeren Lohnarbeit rechtlich verbietet – als eigener Posten auf der Rechnung aufgeführt. Die Fahr- und Transportkosten waren trotz anders lautenden Angaben mit über 1000 Franken zusätzlich verrechnet worden.

Als die Familie S. bei der Firma Home Management nachfragte, erklärte ihr die Geschäftsführerin Helene Karrer-Davaz, sie habe die Rechnung aufgrund des von ihrer Partnerin Susi Sauber verfassten Arbeitsrapports ausgestellt. Eigenartig ist bloss, dass sich weder das Ehepaar S. noch dessen Tochter daran erinnern können, den mit einem blümchenartigen Schriftzug unterzeichneten Rapport jemals unterschrieben zu haben.

Ausweise und Uhren verschwanden
Doch nicht nur in Sachen Rechnung lief einiges schief. So vermisste die Tochter nach der Räumung ihrer Bleibe unter anderem ihren AHV-Ausweis, den Ordner mit allen Bankauszügen, Arbeitszeugnisse, den Mietvertrag, sämtliche Uhren, einen neuen Walkman und sogar das Bügeleisen. Im Abfall fand die Familie zufälligerweise einen Teil des Silberbestecks, das die Tochter seit Geburt von ihrer Taufpatin erhalten hatte. «Es ist schon bedenklich, dass das angeblich geschulte Personal von Frau Sauber Silberbesteck nicht als solches erkennt, sondern als Abfall entsorgt», ärgert sich der Vater.

Nach längerem Hin und Her erhielt Familie S. dann einen Teil der reklamierten Sachen zurück. Und zu ihrem grossen Erstaunen auch über 40 Gegenstände, die gar nie zum Haushalt ihrer Tochter gehört hatten, etwa Kindergummistiefel Grösse 33. Familie S. erwägt nun rechtliche Schritte gegen die Sauberfrau. Auch von diesen Vorwürfen will Susi Sauber nichts wissen.

Helene Karrer-Davaz, die sich erst im März 2004 mit Sauber zusammengetan hatte, will dennoch nichts mehr mit ihrer ehemaligen Partnerin zu tun haben: «Angesichts der massiven Kundenreklamation habe ich mich per sofort von Susi Sauber getrennt. Von ihrer Arbeitsweise distanziere ich mich vollumfänglich.»