Beobachter: Die Zahl der Autorückrufe ist deutlich gestiegen. Fühlen Sie sich als Testfahrer?
Peter Riedwyl: Nein, aber ich habe vielleicht einfach Glück gehabt. Auch ich erhielt ein Schreiben meines Autohändlers, ich solle meinen Wagen für «qualitätsfördernde Massnahmen» in die Garage bringen. Daraus lässt sich ja nicht ersehen, wie ernst der Rückruf gemeint ist. Ich musste nachfragen und erfuhr, dass es ein Problem mit dem Zahnriemen gab. Ein gerissener Zahnriemen hätte einen Motorschaden von rund 5000 Franken verursachen können, aber immerhin war nicht die Bremse kaputt.

Beobachter: Also führt mancher Autohersteller die Tests doch hauptsächlich auf der Strasse durch?

Riedwyl: Das kann man aufgrund der steigenden Zahl von Rückrufen so sagen. Der enorme Kostendruck ist sicher der Hauptgrund. Ausserdem geht es immer schneller, bis ein neues Modell auf den Markt kommt: Früher waren es vier Jahre, jetzt noch 24 bis 30 Monate. Dieser Zeitdruck erfordert Kompromisse: Man geht auf den Markt und hofft, dass es klappt.

Beobachter: Das ist aber eine Gefahr für alle Verkehrsteilnehmer.

Riedwyl: Ja, wenn es um sicherheitsrelevante Mängel geht, zum Beispiel mit einer blockierten Lenkung oder den Bremsen. Als Laie kann man das ja oft gar nicht beurteilen. Wir vom TCS kennen leider sehr viele solcher Fälle. In England und in Italien werden alle Rückrufe von den Behörden im Internet veröffentlicht, in der Schweiz wird leider nicht immer offen darüber informiert. Es kann sicher nicht dem einzelnen Importeur beziehungsweise dem Konsumenten überlassen werden zu entscheiden, ob ein Auto mit Sicherheitsmängeln in die Garage kommt oder nicht. Die Situation ist daher unbefriedigend.

Beobachter: Deshalb fordert der TCS seit längerem eine unabhängige Fachstelle, die Schadenmeldungen sammeln und analysieren soll.

Riedwyl: Wir werden die Mängelmeldungen sicher weiterhin sammeln, um unsere Mitglieder beraten zu können. Aber wir können die Importeure nicht zwingen, einen Autotyp wegen verkehrsgefährdender Mängel zurückzurufen. Dafür braucht es eine amtliche Stelle. Das Parlament hat es aber vor etwa drei Jahren abgelehnt, eine EU-Richtlinie mit einem ähnlichen Ziel ins schweizerische Recht zu übernehmen.