Das Institut de police scientifique et de criminologie der Universität Lausanne unter Leitung von Professor Martin Killias hat im Sommer 1998 rund 3000 Personen respektive Haushalte zum Kriminalitätsrisiko befragt. Bei diesen «Opferbefragungen» wurden drei Deliktgruppen untersucht: Raub/Entreissdiebstahl, Körperverletzungen/Drohungen und sexuelle Ubergriffe/Vergewaltigung. Die Forschungen ergaben erstaunliche Resultate.

Bei Raub und Entreissdiebstählen tragen jüngere Männer ein höheres Opferrisiko als Frauen und ältere Personen. Das widerspricht der klassischen Vorstellung der alten Dame, der die Handtasche entrissen wird. Fast 20 Prozent der Raubtaten ereignen sich während der Ferienzeit, 25 Prozent im Ausland. Offensichtlich gelten Touristen und Geschäftsreisende als attraktive Opfer, da sie relativ viele Wertgegenstände mitführen.


Bei Körperverletzungen und Drohungen haben ausserhäuslich Berufstätige und Personen, die sich sicher fühlen, ein deutlich höheres Risiko. Wer sich unverwundbar fühlt, geht möglicherweise mehr Risiken ein. Ein höheres Risiko tragen auch Personen, die mindestens einmal wöchentlich ausgehen und Discos, Partys und Bars besuchen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel oder die Gewohnheit, zu Fuss zu gehen, erhöhen das Risiko hingegen nur wenig.


Bei Sexualdelikten haben Frauen unter 35 ein fünfmal höheres Risiko als ältere Frauen. Kombiniert mit ausserhäuslicher Tätigkeit haben Frauen unter 35 gar ein zwölfmal höheres Risiko als ihre übrigen Geschlechtsgenossinnen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dagegen erhöht das Risiko nur mässig. Relativ viele sexuelle Ubergriffe ereignen sich am Arbeitsplatz oder auf dem Arbeitsweg.


Werden alle drei Deliktgruppen zusammen betrachtet, zeigt sich, dass sowohl Männer wie Frauen unter 35 und Leute, die ganztags ausser Haus arbeiten, mehr gefährdet sind als andere und dass sich Delikte gegen die Person hauptsächlich in der Freizeit ereignen, besonders während oder nach dem Besuch von Discos, Bars und Partys. Zeitlich werden Straftaten vor allem am Nachmittag und abends, seltener nach Mitternacht verübt. Allgemein gelten Personen über 35 und Frauen mit Ausnahme von Sexualdelikten infolge ihres Lebensstils als weniger exponiert.