Christian Sauter wurde dafür bestraft, dass er die Wahrheit ans Licht brachte. Als Rainer W. Grüssner 1998 als Chef der Klinik für Viszeralchirurgie ans Universitätsspital berufen wird, zweifelt Christian Sauter schon bald an dessen Fähigkeiten. Verschiedene Ärzte beklagen sich bei ihm über unmögliche Arbeitsbedingungen unter Grüssner. Die fähigsten Operateure würden ins Büro verbannt, Führungsstil und Anordnungen seien unverständlich, und darunter würden letztlich die Patienten leiden. Tatsächlich geht auch die Zahl der Patienten zurück, und die Intensivstation muss interimistisch geschlossen werden.

Christian Sauter kann nicht akzeptieren, dass Patienten nicht mehr die bestmögliche Behandlung erhalten, und beginnt zu recherchieren. Zufällig erfährt er, Grüssner würde zu Unrecht den akademischen Titel eines «Ph.D.» führen und wissenschaftliche Arbeiten damit unterzeichnen. Da er findet, das sei ein für einen Professor unwürdiges Verhalten, orientiert er den Dekan. Doch dieser unternimmt nichts, untersagt Sauter jedoch weitere private Recherchen. Als gar der zuständige Regierungsrat Ernst Buschor jedem mit einem Disziplinarverfahren droht, der in der Sache private Recherchen betreibe, bekennt sich Sauter öffentlich zu seinen Abklärungen. Und er erhält prompt einen Verweis durch die Universitätsleitung. Grüssner hingegen wird nach einem Jahr entlassen – fürstlich mit 1,2 Millionen Franken entschädigt.

Weil Christian Sauter sich weigert, eine unzumutbare Vereinbarung mit dem Universitätsrat zu unterschreiben, die ihn völlig mundtot gemacht hätte, bleibt der Verweis jedoch bestehen und hat Konsequenzen. Zwei Beschwerden verpuffen wirkungslos, da sich weder Universität noch Regierungsrat kompetent fühlen und nicht darauf eintreten. Obwohl er in der Sache Recht hat, wird Christian Sauter ein ihm rechtlich zustehender Lohnstufenanstieg verweigert, was eine Kürzung seiner Rente bedeutet.

Die Jury ehrt Christian Sauter, weil er sich nicht vor der Obrigkeit gebeugt hat. Er hat sich mutig zum Wohl der Patienten für die Wahrheit eingesetzt und riskierte damit, geächtet zu werden und als Nestbeschmutzer zu gelten.

Doch der Rechtsstaat darf vor den Pforten der Medizinischen Fakultät und der Universität nicht aufhören. Sauter wurde dafür bestraft, dass er einen Titelbetrug aufgedeckt und öffentlich gemacht hatte. Es darf an einer Hochschule – wo immerhin junge Akademiker ausgebildet werden – nicht vorkommen, dass unhaltbare Zustände von der Universitätsleitung einfach unter den Tisch gewischt werden. Und es darf nicht sein, dass Leute, die Unregelmässigkeiten und Fehler entdecken, mundtot gemacht werden. Eine Universitätsklinik muss als Vorbild dienen, die Patienten müssen den Ärzten vertrauen können.

Darum sind Menschen wie Christian Sauter wichtig. Menschen, die der Wahrheit zuliebe Meinungen und Entscheide vorgesetzter Instanzen in Frage stellen. Menschen, die ihre Verantwortung wahrnehmen, Unregelmässigkeiten aufdecken und so den Filz verunmöglichen – Menschen mit Zivilcourage.
Laudatio von Otto Stich, Jurypräsident