In totalem Frieden mit sich und anderen, zufrieden und glücklich im Hier und Jetzt: Für Dagmar Jauernig ist dieser Zustand «das, was letztlich zählt». Im Moment erreicht sie ihn vor allem durch Meditation. Schön fände sie, wenn sie ihn häufiger in ihren Alltag integrieren könnte.

Die 43-jährige Dokumentalistin ist Mitglied in einem buddhistischen Zentrum. Das «Haus Tao» in Wolfhalden AR hat sich von östlichen Religionsführern losgesagt und pflegt einen eher westlichen Stil – wie auch andere unter den rund 50 buddhistischen Zentren in der Schweiz. «Die buddhistische Haltung ist nicht an eine bestimmte Kultur gebunden. Und die Umsetzung der fünf ethischen Richtlinien ist auch in Europa möglich», sagt Jauernig. Eine Pilgerfahrt, während der sie zur Zen-Nonne ordiniert wurde, führte sie dennoch nach Indien, in die Heimat des Religionsstifters Siddhartha Gautama, der unter einem Bodhi-Baum zur Erleuchtung kam und fortan als Buddha («der Erwachte») seine Lehre verbreitete.

20'000 Buddhisten in der Schweiz

Buddhas Weg folgen nach Schätzungen mehr als 20'000 Menschen in der Schweiz. Etwa ein Drittel von ihnen ist westlicher Herkunft und konvertiert – wie Dagmar Jauernig. Vollzogen hat sie den Schritt zum neuen Glauben vor zwölf Jahren. Der Übertritt ist aber keine Bedingung, um in einem der vielen buddhistischen Zentren mitmachen zu dürfen; die meisten Zentren stehen allen Interessierten offen, unabhängig von ihrer Konfession. Auch Dagmar Jauernig verzichtete lange auf den formellen Beitritt zum Buddhismus, sah ihn dann aber als «logische Konsequenz meines Wegs, denn ich lebte und dachte schon lange buddhistisch».

Aufgewachsen in einer «ganz normalen, nicht sehr kirchennahen Schweizer Familie», zeigte Jauernig bereits als Jugendliche grosses Interesse an religiösen Fragestellungen. Nach der Matura studierte sie einige Semester Theologie, doch das war ihr zu theoretisch. Gestillt wurde ihre Sehnsucht nach einem tieferen Lebenssinn schliesslich in der Meditation. «Sie ist für mich eine Möglichkeit, mehr Klarheit zu gewinnen, zu erfahren, wie ich mit mir und anderen umgehe.»

Auf Anhieb wurde sie nicht fündig. Der Buddhismus in der Schweiz spiegelt die Vielfalt buddhistischer Traditionsausrichtungen wider. Das erschwert die Suche, und Dagmar Jauernig versuchte sich als Erstes im japanischen Zenbuddhismus – der war ihr jedoch zu formell. Die Faszination für den Buddhismus aber blieb, und schliesslich fand sie im «Haus Tao» jene Ausrichtung, die ihr zusagte. Meditation wie verschiedene Yogaübungen gehören heute zu ihrem fixen Tagesablauf. Doch einen Fahrplan mit festgelegten Zeiten gibt es nicht, und manchmal meditiert Jauernig auch an der Tramhaltestelle. Mit den Jahren hat sie ihre Funktion am buddhistischen Zentrum ausgeweitet, ist heute Meditationslehrerin und gibt Zenseminare. «Geplant war das nie – auch nicht mein Weg zu Buddha.» Viel eher habe es sich einfach so ergeben, und «mit der Zeit wurde daraus eine grosse Liebe».

Pascal Goetz hat seit dem Übertritt den Islam fix in den Alltag integriert.

Quelle: Anne Gabriel-Jürgens
Klar, dass der Mann ein Muslim sein muss

Ebenfalls aus Liebe, allerdings zu einer Frau, wurde Pascal Goetz zum Muslim. «Für meine Frau, ihre Familie und ihr gesamtes Umfeld war klar, dass ihr Mann ein Muslim sein muss», begründet der 35-jährige Physiotherapeut seinen Schritt. Ein Einzelfall ist Pascal Goetz nicht: «Bei der Mehrheit der Konvertiten ist eine Liebesbeziehung ausschlaggebend für den Übertritt zum Islam», sagt die Berner Religionswissenschaftlerin Susanne Leuenberger. «Und das trifft zumindest in der Schweiz auch auf viele Männer zu.» Wie Leuenberger in einer Untersuchung herausgefunden hat, beträgt der Männeranteil unter den zum Islam konvertierten Schweizerinnen und Schweizern satte 40 Prozent.

Hierzulande leben heute rund 400 000 Muslime, womit der Islam nach dem Christentum die meisten Anhänger zählt. Wie viele unter ihnen wie Pascal Goetz konvertiert sind, verrät die Statistik nicht; Schätzungen gehen von rund 30 000 aus. Die grosse Mehrheit bilden muslimische Immigranten, zu denen auch die Frau von Pascal Goetz gehört, die aus Indonesien stammt.

Schwer fiel Pascal Goetz die Konversion nicht. Er habe nie das Gefühl gehabt, etwas aufgeben zu müssen. «Gott blieb derselbe. Und ich sah in der neuen Religion einen Gewinn und Mehrwert für mein Leben.» Vor allem jedoch «ein Mittel zum Zweck, um die Frau meines Herzens zu heiraten». Am Anfang habe sich sein Leben deshalb kaum verändert.

Heute ist das anders. Vor vier Jahren lernte Goetz einen Mann kennen, dessen Art, den Islam zu leben, ihn so beeindruckte, dass er Mitglied seiner kleinen Gruppe wurde. Bei den wöchentlichen Treffen rezitieren die vier völlig unterschiedlichen Männer den Namen Gottes, was laut Goetz «zu einem meditativen Zustand führt». In dieser «weichen Form des Islams» fühlt er sich heute zu Hause. Seine Wandlung schreibt er zumindest teilweise aber auch seiner Frau zu, mit der er inzwischen zwei kleine Töchter hat. Sie sei «eine sehr gute Muslima, die viel im Koran liest, grundehrlich und extrem gerecht handelt und an sich und ihre Umwelt hohe moralische Ansprüche stellt. Gleichzeitig ist sie eine sehr moderne Frau.»

Abstinenz und Verzicht sind im Trend

In Pascal Goetz’ Alltag nimmt die Religion inzwischen einen wichtigen Platz ein. Die fünf täglichen Pflichtgebete stellen für den selbständig Erwerbenden kein Problem dar, weil er seine Pausen selbst planen kann. Die Wallfahrt nach Mekka, die wie das Fasten im Monat Ramadan oder Almosen zu den Pflichten jedes gläubigen Muslims gehört, hat er noch nicht unternommen. Aber im letzten Dezember war er zusammen mit seiner Frau auf einer kleineren Wallfahrt nach Mekka und Medina.

Goetz isst kein Schweinefleisch und rührt keinen Tropfen Alkohol an. Schwer fällt ihm das nicht. Auch weil in seinem Umfeld Abstinenz und Verzicht auf Fleisch gerade im Trend liegen. «Und sogar der Bart, den ich als äusseres Zeichen trage, ist im Moment sehr in», sagt er schmunzelnd. Oft seien Bekannte erstaunt, wenn sie von seiner Religionszugehörigkeit erführen. «Ich sehe mich deshalb auch in der Pflicht, dem Islam zu einem freundlicheren Bild zu verhelfen.» Dass es wie im Christentum viele unterschiedliche Strömungen gibt und die Mehrheit einen weltoffenen Islam pflegt, werde in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. «Die Medien zeigen vorwiegend Vertreter eines Islams, der Hass und Frauenunterdrückung predigt. Aber der Prophet Mohammed hat auch gesagt: ‹Der Beste unter euch ist derjenige, der seine Frau am besten behandelt.›»

Der Prophet und Religionsstifter Mohammed lebte im 6. und 7. Jahrhundert auf der Arabischen Halbinsel und verkündete Gottes Wort. Angebetet wird ein einziger Gott, was von vielen Konvertiten geschätzt wird. «Das gibt mir sehr viel Klarheit», sagt auch Pascal Goetz. Mohammed, der grosse Prophet, sei als Mensch geboren worden und nicht als Gottessohn, das werde im Koran immer wieder betont. Aus diesem Grund sind im Islam alle Menschen ausnahmslos gleich vor Gott.

Er bezeichnet den Islam deshalb als «sehr weise Religion». Und fügt an: «Doch der wahre Schatz dieses Glaubens lässt sich nicht mit Worten, sondern nur mit dem Herzen erklären.»

Die Religion wechseln: Wie geht das?

Noch nie gab es in der Schweiz so viele Konfessionslose: Laut Volkszählung 2011 gehört jeder Fünfte keiner Religion an. Gleichzeitig ist der Glaube so vielfältig wie noch nie, und die Konversion, der Übertritt zu einer anderen Religion, ist nichts Aussergewöhnliches mehr.


Austritt aus der ursprünglichen Religion

Für einen Wechsel von der einen zur anderen Glaubensrichtung verlangen nicht alle Religionen einen offiziellen Austritt aus der bisherigen Religion. Doch für viele ist das der erste logische Schritt. Wer seine neue Religionszugehörigkeit bei der Wohn- gemeinde anmelden möchte, kann das zudem oft nur mit der Bescheinigung tun, dass er oder sie aus der Landeskirche aus- getreten ist. Ein (schriftlicher) Beweis für die Konversion wird in der Regel nicht verlangt. Für den Kirchenaustritt genügt in den meisten Kantonen ein Schreiben an das Pfarramt, am besten mit einem Doppel an die Wohngemeinde, die die Kirchensteuer eingezogen hat. Vor allem in ländlichen Gegenden kann es passieren, dass der Pfarrer um ein Gespräch bittet; man ist aber nicht verpflichtet, der Bitte nachzukommen. In einigen Gemeinden ist es auch möglich, die Austrittserklärung direkt an die politische Gemeinde zu richten. Am besten erkundigt man sich am Wohnort nach den Regeln. Danach ist der Weg frei für die Konversion. Dies läuft dann von Religion zu Religion anders ab.

Informationen zum Kirchenaustritt findet man unter www.frei-denken.ch/...


Eintritt in eine neue Religion


Kon_Jud.pngJudentum

Normalerweise geht die Religion von der Mutter auf die Kinder über. Dennoch ist der Übertritt zum jüdischen Glauben grundsätzlich möglich. Das genaue Prozedere hängt jedoch von den Gepflogenheiten der jeweiligen Gemeinde ab. In einigen Kantonen hat die israelitische Gemeinschaft den Status einer öffentlich- rechtlichen Kirche. Ihre Mitglieder zahlen wie die Anhänger der Landeskirchen Kirchensteuern.

www.swissjews.ch


RTEmagicC_Kon_Isl.png.pngIslam

Prinzipiell genügt es, vor zwei muslimischen Zeugen in Arabisch die Schahada (das islamische Glaubensbekenntnis) auszusprechen. Damit bezeugt der Gläubige, dass es keinen Gott ausser Allah gibt und Mohammed sein Gesandter ist. Ein von allen Muslimen anerkannter schweizerischer Dachverband existiert bis heute nicht.

www.islam.ch


RTEmagicC_Kon_Bud.png.pngBuddhismus

Um sich an Buddha, seiner Lehre (Dharma) und der Gemeinschaft (Sangha) zu orientieren, durchläuft man die «Zufluchtnahme zu den drei Juwelen» oder die «dreifache Zuflucht- nahme». Die Zufluchtnahme ist meist mit einer Zeremonie verbunden, die je nach der buddhistischen Gemeinschaft und Ausrichtung etwas anders aussieht.

www.sbu.net


RTEmagicC_kon_hin.png.pngHinduismus

«Den» Hinduismus gibt es nicht, viel eher handelt es sich dabei um einen Oberbegriff für ziemlich unterschiedliche Religionsformen. Der Anschluss an einen bestimmten Führer oder Guru ist auch für Europäer jederzeit möglich. Eine eigentliche Konversion mit einem entsprechenden Glaubensbekenntnis existiert jedoch nicht, weil man als Hindu und in eine bestimmte Kaste hineingeboren sein muss. Einfacher ist die Konversion zu einer der sogenannten neohinduistischen Bewegungen wie etwa Krishna.


RTEmagicC_Kon_Chr.png.pngChristentum

Ein Eintritt oder Wiedereintritt in eine christliche Landeskirche ist für Ausgetretene oder Konvertierte
jederzeit möglich und an keine speziellen Bedingungen geknüpft. Über die genaue Vorgehensweise kann der Pfarrer am Wohnort aufklären. Grundsätzlich genügt es aber, ihm diesen Wunsch vorzutragen und ein Formular auszufüllen, das von ihm unterschrieben und an die Einwohner- kontrolle weitergeleitet wird. Danach ist man kirchensteuerpflichtig. Eine erneute Taufe ist für Wiedereintretende nicht notwendig. Wer zuvor noch nicht getauft war, kann dies nachholen.

Die römisch-katholische Kirche des Kantons Solothurn wirbt mit einem Internetauftritt für einen (Wieder-)Eintritt und beantwortet dort Fragen, die in diesem Zusammenhang auftauchen können.

www.kircheneintritt-so.ch