10_00_bp_stiftung.jpgEin Telefonanruf stand am Anfang der Recherchen: Der Beobachter erkundigte sich bei der eidgenössischen Stiftungsaufsicht über die genauen Tätigkeiten der Schweizerischen Rettungsflugwacht (Bild). Der zuständige Beamte in Bern gab sich bedeckt; Konkretes zur Rega könne er nicht sagen. «Amtsgeheimnis, wissen Sie.» Aber natürlich sei die Aufsichtsbehörde froh über Hinweise aus der Öffentlichkeit. Man gehe dem sorgfältig nach.

Weniger bedeckt gab sich der Staatsdiener gegenüber der Stiftung. Unmittelbar nach dem Beobachter-Anruf griff er erneut zum Telefonhörer. Der Beamte informierte die Organisation, die er beaufsichtigen sollte, über die Beobachter-Recherchen. Gut für die Rettungsflieger sie waren gewarnt und wappneten sich.

Für Hans Michael Riemer, Professor für Privatrecht an der Universität Zürich, ist dieses Vorgehen unhaltbar. «Für die Stiftungsaufsicht müssen ähnliche Grundsätze gelten wie für die Polizei.» Kritische Anfragen müssten vertraulich behandelt werden. «Wenn sich eine andere Praxis rumspricht, macht niemand mehr Anzeige.»

Beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI), wo die eidgenössische Stiftungsaufsicht angesiedelt ist, sieht man das anders: Informelle Telefongespräche seien üblich. Bei journalistischen Recherchen frage man bei der Stiftung «usanzgemäss» nach. Dass damit schlafende Hunde geweckt werden, will man in Bern nicht gelten lassen: «Im Gegenteil, es ist positiv zu werten, wenn die Stiftungsaufsicht die Stiftung kontaktiert, da diese dadurch gezwungen wird, gegenüber der Aufsicht Transparenz walten zu lassen», schreibt die EDI-Informationsbeauftragte Suzanne Auer auf Anfrage. Ausserdem sei man um «grösstmögliche Transparenz auf alle Seiten hin» bemüht.

Doch ganz wohl ist es der Medienbeauftragten bei der Sache offensichtlich doch nicht. «Dass in Ihrem Fall das Medium bekannt gegeben worden ist, war ein Versehen, wofür wir uns in aller Form entschuldigen», hält Suzanne Auer fest.

Nur ein Einzelfall? Immer wieder werden Ungereimtheiten bei Stiftungen bekannt. So geriet in den letzten Wochen und Monaten nicht nur die Stiftung Rega (Beobachter 7/2000) ins Zwielicht, sondern auch die Schweizer Paraplegiker-Stiftung. Der Vorwurf hier: Vetterliwirtschaft und zweifelhafte Ämterkumulation von Stiftungsratspräsident Guido A. Zäch. Neckisches Detail: Zäch sitzt auch im Stiftungsrat der Rega.

Bern sucht nach Erklärungen

Schaut die Stiftungsaufsicht den Stiftungen wirklich genug auf die Finger? Immerhin geht es um sehr viel Geld. 1998 spendeten Herr und Frau Schweizer rund eine Milliarde Franken an gemeinnützige Organisationen. Tendenz steigend. Eine strenge Aufsicht wäre nötig. Doch das ist Wunschdenken, denn die Aufsicht stösst schnell an Grenzen (siehe hier).

Trotzdem wehrt sich EDI-Generalsekretärin Claudia Kaufmann gegen den Vorwurf, die Stiftungsaufsicht sei ein zahnloser Papiertiger. «Der Vorwurf ist falsch. Die Bedeutung und Wirksamkeit der Stiftungsaufsicht lassen sich nicht nur an einzelnen Interventionen messen. Sie liegen vielmehr in der dauernden Begleitung und Beratung der Stiftungen vom Moment ihrer Gründung an.» Zudem: «Die Verantwortung für das Funktionieren einer Stiftung liegt in erster Linie beim Stiftungsrat.»

Tatsache ist: Wer sich durch den Schweizer Stiftungsdschungel schlagen will, muss beharrlich sein. Denn der Bund ist nur für jene Stiftungen zuständig, die national oder international tätig sind und eine gewisse Bedeutung erlangt haben. Andere Stiftungen unterliegen je nach Tätigkeitsbereich der kantonalen, manche gar der kommunalen Aufsicht. Kommt dazu, dass sich viele Aufsichtsbehörden bei Anfragen hinter dem Amtsgeheimnis verschanzen. Es gibt zwar ein nationales Stiftungsverzeichnis. Doch der Eintrag ist freiwillig, und ob eine Stiftung steuerbefreit ist oder nicht, ist dort nicht vermerkt.

«Wer etwas über eine Stiftung wissen will, soll sich die nötigen Informationen nicht bei der Stiftungsaufsicht, sondern im Handelsregister holen», rät Stiftungsrechtler Hans Michael Riemer. Die Stiftungen müssen sich dort samt Stiftungsurkunde und Stiftungszweck eintragen lassen.

Nur: Ob sich Stiftungsräte tatsächlich an die Stiftungszwecke halten, sieht man im Handelsregister nicht.

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