Marianne Staub hat genug: An der Präsidentenkonferenz der Tierschutzsektionen Anfang November gab sie ihren Rücktritt per Juni 2001 bekannt. «Ich habe meine Kraft gern zur Verfügung gestellt. Aber jetzt halte ich den Zeitpunkt für gekommen, die Leitung des STS in neue Hände zu geben», begründet Staub diesen Schritt.

Überraschend ist das nicht: Mitte September berichtete der Beobachter über Unstimmigkeiten im Dachverband der Tierschützer: frustrierte Mitarbeiter, Protestrücktritte aus dem Vorstand und Sektionen, die sich vom Verband im Stich gelassen fühlen (Nr. 19). Die Tierschützer an der Basis ärgern sich vor allem, dass der grosse Dachverband im Geld schwimmt, während manche Sektionen ums Überleben kämpfen. Im Zentrum der Kritik stand Präsidentin Staub und ihr Führungsapparat.

Interner Krach ohne Ende

Der Beobachter-Artikel löste unter den Tierschützern grosse Unruhe aus. Doch damit nicht genug: Kurz darauf goss der STS selbst noch mehr Öl ins Feuer. In der Zeitschrift Tierreport warb der Dachverband um zusätzliche Spenden. «Mit Ihrer Spende helfen Sie uns, wichtige Tierschutzprojekte weiterhin schnell und unkompliziert anzupacken», war zu lesen. Wer 50 Franken (oder mehr) einzahlt, werde Fördermitglied beim STS.

«Damit gräbt man den kleinen Sektionen und Tierschutzorganisationen noch weiter Wasser ab», ärgert sich Kurt Sieber vom Tierschutzverein Frauenfeld. Die Befürchtung ist verständlich: Wer den Dachverband unterstützt, will in der Regel nicht auch noch den einzelnen Sektionen Geld spenden. Der Zürcher Tierschutz ist gar der Ansicht, dass diese Sammelaktion laut Statuten nicht erlaubt ist. Er beauftragte deshalb einen Anwalt, rechtliche Schritte gegen den STS zu prüfen.

Eine geballte Ladung Ärger. Doch Marianne Staub betont, dass ihr Rücktritt nichts damit zu tun habe. Der Verband sei in einem gutem Zustand. «Von einer Krise kann keine Rede sein.» Ihre Kritiker sehen das anders und sind froh über den Abgang. «Jetzt ist die Chance da für einen Neuanfang», sagt ein Sektionsmitglied. Und Dagmar Senn, die im September aus Protest als Zentralvorstandsmitglied zurückgetreten ist, meint: «Es braucht jemand Unbelastetes von aussen, der den Verband ausmistet und auf ein neues Fundament stellt. Sonst ändert sich nichts.»

Doch genau dies könnte geschehen. So hat sich Zentralvorstandsmitglied Heinz Lienhard als Kandidat zur Verfügung gestellt. Lienhard gilt als «Staub-nahe» was er aber bestreitet: «Das stimmt nicht.» Er sei «unabhängig und stehe für Kontinuität ein. Es darf kein Vakuum entstehen.» Von ernsthaften Problemen im STS will Lienhard nichts wissen: «Das wird von Aussenstehenden hergeredet und ist alles gar nicht so schlimm», betont er.

Staub-Vertrauter unerwünscht

«Dass Herr Lienhard die Probleme im STS nicht wahrhaben will, beweist, dass er nicht die richtige Person für den Posten ist», sagt Kurt Sieber vom Tierschutzverein Frauenfeld. Pikant: Heinz Lienhards Frau sitzt ebenfalls im Zentralvorstand. Sie ist zuständig für die Finanzen. Daran soll sich bei einer allfälligen Wahl ihres Mannes auch in Zukunft nichts ändern zumindest wenn es nach Lienhard geht .

Offensichtlich wären auch andere mit einem Präsidenten Lienhard nicht glücklich: Drei Sektionen überlegen sich bereits den Austritt aus dem Verband, falls Lienhard Präsident wird. Und es gibt Leute, die beim Präsidenten des Zürcher Tierschutzes, Hans H. Schmid, sondiert haben, ob er Interesse hätte, den Posten interimistisch zu übernehmen. Dieser Vorschlag ist insofern interessant, als Schmid gar nicht mehr im STS ist: Er und der Zürcher Tierschutz sind 1998 aus dem STS ausgetreten. Zudem ist Schmid unter den Tierschützern auch nicht unumstritten. «Ich bewerbe mich nicht aktiv, aber unter gewissen Voraussetzungen würde ich eine Wahl annehmen», sagt er.

Auch Dagmar Senn macht sich Gedanken über alternative Kandidatinnen oder Kandidaten. «Für mich wäre etwa Kurt Sieber eine Möglichkeit. Oder dann bauen wir jemand ganz anderen auf.» Noch ist Zeit dafür. Die Wahl des neuen Präsidenten steht erst im Juni 2001 auf der Traktandenliste der Delegiertenversammlung.