Endlich! Tun und lassen, was man will! – Nicht ganz. Den Traum von Frieden und absoluter Freiheit in den eigenen vier Wänden müssen Stockwerkeigentümer oft relativieren: Schuld sind die Bestimmungen über Sonderrechte, gemeinschaftliche Teile und besondere Nutzungsrechte (siehe unten: «Stockwerkbesitzer: Das müssen Sie wissen»).

Die Beobachter-Praxis zeigt immer wieder, wie viele Unklarheiten hier bestehen. Zeit also, die häufigsten Fragen aus dem Beobachter-Beratungszentrum anhand einer Beispielperson zu klären. Nennen wir sie Peter Haller.

Partnerinhalte
 
 
 
 

Wohnung? Büro? Kinderkrippe?

Haller fiel aus allen Wolken, als er realisierte, wer seine Nachbarn über ihm waren: spielende Kinder! Zu seinem Leidwesen wurde eine der Stockwerkeigentumseinheiten als Kinderkrippe genutzt. «Es ist doch klar, dass es sich hier ausschliesslich um Wohnungen handelt», fand er.

Doch weder im Begründungsakt noch im Reglement war dieser Punkt geregelt. Das bedeutet: Die Stockwerkeigentümer sind grundsätzlich frei in der Verwendung ihrer Einheit. Grenzen bestehen nur dort, wo andere Eigentümer in ihrer Nutzung gestört würden – etwa durch übermässigen Lärm. Streitigkeiten lassen sich vermeiden, indem die Zweckbestimmung klar definiert wird. Das kann auch nach Errichtung des Stockwerkeigentums geschehen, bedarf dann aber eines einstimmigen Beschlusses sämtlicher Eigentümer.

Gehört mein Balkon mir?

Als die ersten Sommertage nahten, montierte Peter Haller ein Klimagerät an der Aussenfassade über seinem Balkon. Unverzüglich kamen Beschwerden von Nachbarn über das unansehnliche Ding.

Gegen den Beschluss der Eigentümergemeinschaft, in dem er aufgefordert wurde, den Apparat zu entfernen, zog Haller vor Gericht – und blitzte ab: Das Gerät sei hierzulande ausgesprochen selten, fanden die Richter. Da es gut sichtbar sowie fest mit der Fassade verbunden sei, beeinträchtige es das äussere Erscheinungsbild des Gebäudes. Das Sonderrecht am Balkon betreffe nur den Innenbereich – der Aussenbereich sowie die Fassade seien zwingend gemeinschaftlich.

Milde Gabe für den Nachbarn?

Noch im gleichen Sommer begann der Aussenverputz des oberen Balkons abzubröckeln – direkt auf Peter Hallers Esstisch. Das war zwar unangenehm, doch freute sich Haller diebisch, dass sein Nachbar nun die Kosten für die Instandstellung des Balkons bezahlen müsste.

Bis er daran erinnert wurde, dass Balkonaussenseiten zwingend zu den gemeinschaftlichen Teilen gehören. Haller musste sich gemeinsam mit allen Eigentümern an den Kosten beteiligen.

Der Keller als Schlafzimmer?

Um auch ohne Klimaanlage kühle Nächte verbringen zu können, baute Peter Haller das in seinem Sonderrecht stehende Kellerabteil zum Schlafzimmer um. Als er im Pyjama auf der Treppe einem Nachbarn begegnete, machte dieser ihn darauf aufmerksam, dass diese Umnutzung so nicht zulässig sei. Haller wies siegessicher darauf hin, dass das Reglement kein entsprechendes Verbot vorsehe.

Um einen weiteren kostspieligen Gerichtsprozess zu vermeiden, konsultierte er trotzdem einen Anwalt. Dieser klärte ihn auf: Eine Nutzungsbeschränkung kann sich nicht nur aus dem Reglement ergeben, sondern auch daraus, dass einzelne Räume funktionell untergeordnet sind. Der Keller «dient» in diesem Sinne der Wohnung bloss. Eine Umnutzung zum Schlafzimmer ist ohne entsprechenden Beschluss nicht zulässig – Haller musste die Änderungen rückgängig machen.

Der Sitzplatz – gestalterischer Freiraum?

Als im unteren Stock der Gartensitzplatz umgestaltet wurde, konnte Blumenfreund Haller nicht verstehen, wieso Blumenbeete durch Steinplatten ersetzt werden sollten. Flugs verlangte er von den Nachbarn, einen entsprechenden Beschluss der Eigentümerversammlung abzuwarten. Beim Gartensitzplatz handle es sich zwingend um einen gemeinschaftlichen Teil, auch wenn seine Nachbarn daran ein besonderes Nutzungsrecht hätten.

Damit hatte Haller zwar Recht. Aber: Der Berechtigte darf seinen Sitzplatz im Rahmen von dessen Zweckbestimmung recht frei gestalten – nur eine Einfriedung ist nicht erlaubt. Auch bei den Steinplatten war Haller also auf dem Holzweg.

Stockwerkbesitzer: Das müssen Sie wissen

Das Sonderrecht ist das Recht eines Stockwerkeigentümers, seine Einheit allein zu benutzen, zu verwalten und innen auszubauen. Sonderrecht kann aber nur an Gebäudeteilen begründet werden, die in sich abgeschlossen sind und über einen eigenen Zugang verfügen. Ein Aussenparkplatz erfüllt diese Voraussetzung beispielsweise nicht.

Gemeinschaftliche Teile sind jene Teile, die nicht zum Sonderrecht eines Stockwerkeigentümers gehören. Zwingend gemeinschaftlich sind der Boden der Liegenschaft sowie die Bauteile, die für den Bestand, die konstruktive Gliederung und die Festigkeit des Gebäudes von Bedeutung sind oder dessen Aussehen bestimmen. Ebenso sind alle Anlagen und Einrichtungen, die allen Stockwerkeigentümern dienen, gemeinschaftlich.

Das besondere Nutzungsrecht – auch «ausschliessliches Benutzungsrecht» oder «Sondernutzungsrecht» genannt – ist das Recht eines Stockwerkeigentümers, einen gemeinschaftlichen Teil zu einem vereinbarten Zweck zu nutzen.