Zuerst stieg der Kühlschrank aus, und wenige Tage später gab auch der Backofen den Geist auf. Es kann mir doch nicht zugemutet werden, mit meiner Familie weiterhin in dieser Wohnung zu leben. So lässt sich die Wohnung auch keinem Nachmieter anbieten. Kann ich also fristlos kündigen?», fragt Silvana T.

So einfach gehts nicht. Für eine fristlose Kündigung braucht es verschiedene Voraussetzungen: Es muss ein schwerer Mangel an der Mietwohnung vorliegen, den der Vermieter kennt und nicht innert angemessener Frist beseitigt.

Möchte ein Mieter unbedingt die Wohnung verlassen, sollte er als erstes den Vertrag lesen. Ist die Wohnung mehrmals jährlich kündbar, empfiehlt sich als sicherste und beste Variante die ordentliche Kündigung. Wer vor dem Kündigungstermin ausziehen will, kann sich aus seinen vertraglichen Verpflichtungen vorzeitig befreien, wenn er dem Vermieter einen Nachmieter stellt. Dieser muss allerdings zumutbar, zahlungsfähig und bereit sein, den bestehenden Vertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.

Ist der Vertrag auf lange Zeit hinaus nicht ordentlich kündbar und besteht die Gefahr, keinen Nachmieter zu finden, gibt es im Mietrecht neben dem ausserterminlichen Auszug noch andere Möglichkeiten, das Vertragsverhältnis frühzeitig aufzulösen. Wichtig ist, dass der erzürnte Mieter nicht voreilig handelt, sondern wohlüberlegt vorgeht.

Was ist für Mieter zumutbar?

Zuerst ist zu prüfen, ob ein schwerwiegender Mangel vorliegt. Dies trifft zu, wenn dem Mieter nicht mehr zugemutet werden kann, in der Wohnung zu verbleiben. Im Fall von Silvana T. liegt kein schwerer Mangel vor. Selbstverständlich muss ihr der Vermieter die defekten Geräte so bald als möglich ersetzen. Unzumutbar ist ihre Situation nicht. Anders präsentiert sich der Fall von Mieter Peter H.: «Bei jedem Regen tritt massiv Wasser durchs Dach, und unsere Stube verwandelt sich in kürzester Zeit in einen Swimmingpool.» Diese Situation ist keinem Mieter zumutbar.

Doch wie soll Peter H. darauf reagieren? Er muss den Vermieter möglichst unverzüglich über den Mangel informieren. Reagiert dieser nicht und sorgt er nicht sofort für einen halbwegs akzeptablen Zustand, kann Peter H. mit eingeschriebenem Brief fristlos kündigen.

Wichtig ist, dass Mieter in solchen Fällen klar und deutlich den Grund für die Kündigung erwähnen. Termine oder Fristen sind dabei keine einzuhalten. Die Kündigung wird wirksam, wenn sie der Vermieter erhält. Dieser darf dann vom Mieter verlangen, dass er die Wohnung unverzüglich abgibt. In diesem Fall kann der Mieter aber im Gegenzug beim Vermieter «Kündigungsschaden» geltend machen. Dazu zählen vor allem Umzugskosten.

Wichtige Gründe als Ausnahme

In einer ganz anderen Lage befindet sich Jakob M. Seit der alleinstehende Rentner auf seinem Fahrrad verunglückte, ist er schwer gehbehindert. Das verunmöglicht es ihm, seine Wohnung im vierten Stock zu erreichen, da das alte Haus keinen Lift hat. Seit dem Unfall wohnt nun Jakob M. bei seiner Schwester. Die Hoffnung, eines Tages in seine Wohnung zurückkehren zu können, hat er inzwischen aufgegeben. Laut Vertrag kann Jakob M. seine Wohnung aber aufgrund eines Festvertrags erst in zwei Jahren kündigen.

In diesem Fall liegt kein schwerwiegender Mangel an der Mietsache vor. Im Gegenteil: Die Wohnung ist frisch renoviert und gibt keinerlei Anlass zu Beanstandungen. Das Gesetz bietet Jakob M. dennoch eine Lösung. Liegen nämlich «wichtige» Gründe vor, die das Mietverhältnis für die kündigende Partei «unzumutbar» machen, lässt sich das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist auf einen beliebigen Termin kündigen.

Da der Unfall von Jakob M. nicht voraussehbar war und die Folgen des Unfalls dauerhaft sind, kann er das Mietverhältnis aus «wichtigen Gründen» kündigen. Wichtig ist, dass Mieter in solchen Situationen nicht lang zögern, das Mietverhältnis mit Hinweis auf «wichtige Gründe» schriftlich kündigen und das Problem im Detail schildern. Können die Parteien die finanziellen Folgen der Kündigung nicht unter sich regeln, setzt der Richter eine angemessene Entschädigung für den Vermieter fest.

Dem Vermieter eine Frist setzen

Ob im Einzelfall ein «schwerwiegender» Mangel vorliegt oder ein «wichtiger» Grund besteht, ist oft strittig. In vielen Fällen akzeptiert der Vermieter eine solche ausserordentliche Kündigung nicht, und der Richter hat zu entscheiden, ob die Kündigung gerechtfertigt ist oder nicht. Auch die finanziellen Folgen können Anlass zu Diskussionen geben, selbst wenn der Vermieter die Kündigung akzeptiert.

Ein Wohnungswechsel ist aber oft gar nicht notwendig. So kann etwa Silvana T. ihrem Vermieter eine kurze Frist (im vorliegenden Fall maximal eine Woche) ansetzen, um die Geräte zu ersetzen. Reagiert der Vermieter nicht, kann sie dies selbst tun – selbstverständlich auf Kosten des Vermieters. Bei Schwierigkeiten hilft die Schlichtungsbehörde. Auch Peter H. könnte auf Kosten des Vermieters ein Notdach errichten lassen. Ist der Vermieter nicht bereit, die baulichen Massnahmen in die Wege zu leiten, kann ihn der Richter dazu zwingen. In beiden Fällen sollte auch eine Mietzinsreduktion während der Zeit bis zur Behebung der Mängel verlangt werden.

Etwas schwieriger präsentiert sich die Situation für Jakob M. Vom Vermieter den Einbau eines Lifts zu verlangen liegt kaum drin. Sinnvoll ist aber, das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen. Vielleicht wird im Parterre ja bald eine Wohnung frei.