Einer der verrücktesten Balkone der Schweiz befindet sich an der Langstrasse 195 in Zürich. Je nach Saison gestaltet dort der pensionierte Maskenbildner Max Furrer humoristische Szenen mit Schaufensterpuppen und Tierfiguren. Die Hausverwaltung hat nichts dagegen, auch wenn Max Furrer nie um Erlaubnis gefragt hat. «Ich bekomme viele Komplimente», schmunzelt der kreative Senior.

Nicht alle Hauseigentümer zeigen sich so tolerant gegenüber den Ideen ihrer Mieter. «Wenn wir ein Haus sorgfältig renoviert haben und kurz darauf an einem Balkon eine Schilfmatte montiert wird, ist die Ästhetik des Gebäudes beeinträchtigt», sagt etwa Hans Graf, Bereichsleiter bei der Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich. «Dann greifen wir ein.»

Die Rechtslage ist meist eindeutig
Die Ansichten über Ästhetik gehen oft auseinander. «Ob Sichtschutzmassnahmen das Erscheinungsbild stören, hängt auch von der architektonischen Qualität eines Hauses ab» – so erläutert der Luzerner Rechtsanwalt Mathias Birrer, Spezialist für Immobilien- und Baurecht, den Grundsatz. «In einer architektonisch gut gestalteten Überbauung beeinträchtigen Plexiglastafeln oder Katzentreppen das Erscheinungsbild eher als in einer Mietskaserne.»

Nicht alles, was sich auf dem Balkon tut, ist aber Ansichtssache. Sobald es um feste Installationen geht oder Nachbarn sich gestört fühlen, gilt es rechtliche Vorgaben zu beachten.

  • Parabolantennen: «Die Installation einer Satellitenschüssel stellt eine Änderung an der Mietsache dar», sagt Jurist Mathias Birrer, «und dafür ist die schriftliche Einwilligung des Vermieters erforderlich.» Sichtbar montierte Parabolantennen erlauben viele Vermieter grundsätzlich nicht, so auch der Stadtzürcher Liegenschaftenverwalter Hans Graf: «Wenn sie aber hinter einer Betonbrüstung stehen, haben wir nichts dagegen.» Dass der Hauseigentümer die Installation einer Parabolantenne untersagt, ist statthaft. Der Mieter kann sich nicht auf das Recht auf Informationsfreiheit berufen.
  • Blumenkistchen: Viele Mieter neigen aus Platzgründen dazu, ihre Blumenkisten an der Aussenseite des Geländers aufzuhängen – die Verwaltungen hingegen verlangen oft die Platzierung auf der Innenseite. Zu Recht, wie Mathias Birrer findet: «Herabfallende Töpfe können eine Haftung des Vermieters zur Folge haben.» Wenn von den Kistchen Wasser tropft oder Blätter herabfallen, müsse der Vermieter ausserdem dafür sorgen, dass die Störung beseitigt wird. «Andernfalls können andere Mieter, die davon beeinträchtigt sind, einen Mangel der Mietsache geltend machen und eine Mietzinsreduktion oder Schadenersatz verlangen», so Birrer. Auch die Art der Bepflanzung kann Probleme verursachen: «Kletterpflanzen beispielsweise beschädigen den Verputz und sind deshalb nicht zulässig», so Hans Graf zur Praxis in seiner Verwaltung.
  • Tierhaltung: Fühlen sich Mieter durch andauerndes Gebell oder Vogelgeschrei von einem benachbarten Balkon gestört, können sie sich wehren. «Sofern die Haltung von Haustieren in einem Wohnhaus erlaubt ist, müssen die Nachbarn gelegentliches Bellen oder Pfeifen tolerieren», erklärt Experte Mathias Birrer. «Aber wenn ein Hund den ganzen Tag lang bellt, kann dies einen Mangel der Mietsache darstellen.» Und der Vermieter muss unter Umständen eine Mietzinsreduktion gewähren, sofern er nichts unternimmt.
  • Grillpartys: Das klassische Balkon-Streitthema schlechthin ist das Grillieren. Hier gilt: Erlaubt ist, was nicht stört. «Solange andere Mieter nicht beeinträchtigt werden, habe ich nichts dagegen», sagt Liegenschaftenverwalter Graf. «Erst wenn es zu viel Rauch gibt, müssen wir die Grillmeister ermahnen.» Mit einigen Tricks lässt sich die Rauchentwicklung jedoch in Grenzen halten. Zum Beispiel indem statt Anzündmitteln ein Blasebalg verwendet wird. Oder wenn man darauf achtet, dass möglichst wenig Fett in die Glut tropft.


Am vehementesten wird gegen den Volkssport Grillieren, der oft auch mit Störungen der Nachtruhe einhergeht, im Kanton Appenzell Ausserrhoden vorgegangen. Dort existiert ein eigentliches Verbot: «Das Grillieren auf Balkonen und Terrassen ist zu unterlassen», steht in den vorgedruckten Mietverträgen. «Wir wissen, dass wir die Einzigen sind, die das so handhaben», sagt Ernst Bischofberger, Präsident des kantonalen Hauseigentümerverbands. «Aber die meisten Mieterinnen und Mieter sind froh, wenn sie nicht verraucht werden.»