Unklare Reglemente, unfähige Verwaltungen, falsch

berechnete Wertquoten oder kleinliche Nachbarn können

die Freude am Stockwerkeigentum empfindlich trüben. Und

dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle: Ein Fünftel

aller Beobachter-Beratungen im Bereich Wohnen betrifft das

Stockwerkeigentum.

Bei den Beratungsgesprächen wird jeweils schnell klar,

dass viele nicht genau wissen, worauf sie sich mit dem Kauf

einer Eigentumswohnung eingelassen haben. Denn: Wie es der

Begriff «Stockwerkeigentum» bereits andeutet,

ist man zwar Eigentümer, zugleich aber zwingend in eine

Gemeinschaft eingebunden. Das hat Folgen – nicht nur

im zwischenmenschlichen, sondern auch im juristischen Bereich.

Das einzelne Mitglied der Gemeinschaft verfügt nicht

über einen bestimmten physischen Teil des Objekts, sondern

nur über eine entsprechende Quote. Konkret: Jeder Miteigentümer

ist im Umfang seiner Wertquote Eigentümer am Ganzen.

Die Wertquote ist eine rein rechnerische Grösse und

sagt nichts über den Verkehrswert oder den Kaufpreis

der Wohnung aus. Von Bedeutung ist sie aber bezüglich

der Aufteilung der gemeinschaftlichen Kosten. In aller Regel

müssen die Miteigentümer im Rahmen ihrer Wertquote

für die Gemeinschaftskosten aufkommen: je höher

die Quote, desto grösser der Kostenanteil. Lassen Sie

im Zweifelsfall Ihre Wertquote durch einen Fachmann prüfen.

Das oberste Organ der Stockwerkeigentümergemeinschaft

ist die Stockwerkeigentümerversammlung. Dort werden die

entscheidenden Beschlüsse gefasst. Oft muss sich das

einzelne Mitglied dann einem Mehrheitsentscheid beugen. Wer

damit Mühe hat und allgemein andere Ansichten und Lebensweisen

nur schlecht akzeptieren kann, ist in einer Stockwerkeigentümergemeinschaft

fehl am Platz.

Jeder Stockwerkeigentümer hat das Recht, seine Einheit

ausschliesslich zu benutzen, zu verwalten und baulich den

eigenen Bedürfnissen anzupassen. Dank diesem «Sonderrecht»

ist er in den eigenen vier Wänden einem richtigen Eigentümer

beinahe gleichgestellt. Hingegen bleiben der Boden, auf dem

das Haus steht, die Gebäudehülle sowie alle Teile,

die nicht einem einzelnen Eigentümer ausschliesslich

dienen, gemeinschaftliche Teile.

Kaufentscheid in aller Ruhe fällen

Aber Vorsicht: Nur in sich abgeschlossene Gebäudeteile,

die über einen eigenen Zugang verfügen, können

unter das «Sonderrecht» gestellt werden. Der Gartensitzplatz

ist daher nie sonderrechtsfähig.

Dem Käufer einer Parterrewohnung kann nur ein «ausschliessliches

Nutzungsrecht» am Gartensitzplatz eingeräumt werden.

Meist haben die restlichen Miteigentümer bei der äusseren

Gestaltung des Gartens ein Wörtchen mitzureden. Informieren

Sie sich daher, worin Ihr «ausschliessliches Nutzungsrecht»

besteht. Es ist mehr als ärgerlich, wenn Sie im Nachhinein

feststellen, dass Sie keinen Sichtschutz erstellen dürfen,

ja nicht einmal bei der Wahl der Pflanzen freie Hand haben.

Lassen Sie sich auf keinen Fall zu einem Kaufabschluss drängen.

Bei einem Erwerb ab Plan sollten Sie Verträge nur mit

Firmen abschliessen, die über einen guten Leistungsnachweis

verfügen. Sprechen Sie mit Ihrer Bank und verlangen Sie

Referenzen. Unterschreiben Sie nichts, ohne Ihren Vertragspartner

genau zu kennen.

Wer sich für einen Altbau interessiert, muss unbedingt

das ganze Gebäude unter die Lupe nehmen. Für Reparaturen

an gemeinschaftlichen Teilen werden nämlich alle Miteigentümer zur Kasse gebeten. Ein undichtes Dach

oder eine sanierungsbedürftige Fassade können sehr

schnell ins Geld gehen.

Besondere Vorsicht ist bei Häusern geboten, die erst

nachträglich zu Stockwerkeigentumseinheiten umgebaut

wurden. Diese Erfahrung machte auch Peter M. aus Bern: «Meine

Wohnung ist so ringhörig, dass mich schon die Toilettenspülung

des Nachbarn aus dem Schlaf reisst.» Lassen Sie sich

daher eine genügende Schalldämmung vertraglich zusichern.

Ein detailliertes Reglement bildet die Basis für eine

gut funktionierende Gemeinschaft und gewährleistet, dass

Beschlüsse gefasst und Konflikte bereinigt werden können.

Setzen Sie sich also gründlich und vertieft mit dem Reglement

auseinander. Achten Sie dabei insbesondere auf die Gemeinschaftskosten: Nicht immer ist die sture Kostenverteilung

nach Wertquoten gerechtfertigt. Sollten Sie auf Unstimmigkeiten

stossen, verlangen Sie eine Abänderung des Reglements

– das ist bei Neubauten in aller Regel noch möglich.

Besonders empfehlenswert ist die Aufnahme einer Schiedsklausel:

Wenn es zu einem Streit kommt, wird ein unabhängiger

Schiedsrichter bestimmt, der für eine gütliche Einigung

sorgt.

Wenn Sie sich in eine bestehende Stockwerkeigentümergemeinschaft

einkaufen wollen, tun Sie gut daran, sich auch über die

künftigen Nachbarn zu informieren. Fragen Sie die Verwaltung,

wie es um den Haussegen bestellt ist. «Heute wissen

wir, warum der frühere Besitzer die Wohnung loshaben

wollte», klagt Martina K. aus Chur. «Wenn unsere

Kinder nur schon laut lachen, erhalte ich ein erbostes Telefon

von meiner Nachbarin.» Ein Verkauf der Wohnung ist derzeit

nur mit Verlust möglich, so dass Martina K. bis auf weiteres

wird ausharren müssen.

Der Erneuerungsfonds bildet die Reserve für Unterhalts-

und Erneuerungsarbeiten. Die Bildung eines solchen Fonds ist

nicht vorgeschrieben, doch Sanierungsarbeiten sind teuer –

und wehe dem, den sie unvorbereitet treffen. Nur bei Neubauten

darf in den ersten Jahren auf die Äufnung eines solchen

Fonds verzichtet werden.

Erneuerungsfondsgelder prüfen

Das Reglement sollte klar festhalten, wozu der Erneuerungsfonds

verwendet wird. Grundsätzlich darf er nur dazu dienen,

Erneuerungsarbeiten ohne Belastung der einzelnen Stockwerkeigentümer

durchzuführen. Wie viel und bis zu welcher Höhe

die einzelnen Eigentümer einzahlen müssen, bestimmt

die Stockwerkeigentümergemeinschaft.

Wenn Sie sich für eine bereits bestehende Eigentumswohnung

interessieren, prüfen Sie genau, ob der Verkäufer

auch alle Beiträge an die Gemeinschaft bezahlt hat. Die

Stockwerkeigentümergemeinschaft kann für ausstehende

Beiträge ein Grundpfandrecht eintragen lassen. Ihnen

bleibt dann nichts anderes übrig, als die Ausstände

des Verkäufers auch noch zu begleichen, wenn Sie die

Errichtung des Grundpfands verhindern wollen.