Die vom Gericht angeordnete Expertise spricht Klartext: «Die statische Überprüfung der Decke über Garagenvorplatz und Garage der beiden Häuser (...) ergab, dass weder die normengemässe Tragsicherheit noch die erforderliche Gebrauchsfähigkeit, auch nur annähernd, erfüllt sind (...). Dies ist ein krasser Verstoss gegen die anerkannten Regeln der Technik.» Auch bei der Frage nach dem Verursacher lässt die 45seitige Expertise keine Zweifel offen. Den «krassen Verstoss» lastet der technische Gutachter vollumfänglich dem verantwortlichen Ingenieur an. Die Expertise unabhängiger Spezialisten ist der vorläufige Höhepunkt in einem monatelangen Streit.

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Mario und Graziano Musaro kauften im aargauischen Dottikon eine Parzelle Land und bauten zwei identische Häuser. Baukosten pro Haus: Fr. 800'000.. Mit der Planung beauftragten sie einen Architekten, den sie flüchtig kannten. Dieser schlug vor, seinen Bruder als Ingenieur für die statischen Berechnungen beizuziehen. Musaros waren damit einverstanden.

Bei der Berechnung der Betondecken unterlief dem jungen Ingenieur aber ein folgenschwerer Fehler. Die Decken wurden viel zu schwach konstruiert. Schon bald tauchten feine Risse im Beton auf. Von den Musaros auf diese aufmerksam gemacht, erklärten Ingenieur und Architekt, dies seien übliche Schwindrisse, die bei jedem Bau auftreten würden. Die Bauherren liessen sich durch diese Erklärung nicht beruhigen. Sie baten einen anderen Ingenieur die Decken zu begutachten. Dieser schlug sofort Alarm.

Über das Bezirksgericht Bremgarten wurde eine «vorsorgliche Beweisabnahme» veranlasst. Rund Fr. 30'000. kosteten zwei Expertisen zur Materialqualität und zur Konstruktion der Häuser. Viel Geld für die Gebrüder Musaro, deren Budget durch den Hausbau schon arg belastet war. Doch die Expertisen schafften Klarheit. Die Neubauten müssen teuer saniert werden.

Der Ingenieur der Häuser stand zu den Rechenfehlern, die die Experten in seinen Unterlagen entdeckten. Seine Berufshaftpflichtversicherung erklärte sich bereit, den Schaden zu übernehmen. Der Ingenieur war aber nur über Fr. 100'000. versichert. Ein minimaler Betrag in einer Branche, in der kleine Fehler sehr teure Auswirkungen haben können. Alleine die Anwaltskosten und die teuren Expertisen verschlangen einen Grossteil des Versicherungsgeldes.

Der fehlbare Ingenieur behauptet: «Ich halte daran fest, dass die eigentliche Sanierung kaum mehr als Fr. 100'000. kostet. Bis heute sind allerdings massive Gerichts-, Anwalts- und vor allem Expertisekosten aufgelaufen.» Die Gebrüder Musaro bestreiten diese Darstellung. Ohne den beigezogenen Anwalt wäre es nie zu den Expertisen und somit zur Notspriessung der einsturzgefährdeten Garagendecken gekommen.

Aufgrund der Expertisen holten Fachleute Offerten für die Sanierung ein. Die Kosten sind massiv: Rund Fr. 200'000. pro Haus. Wer diese Kosten übernehmen wird, ist noch unklar. Bis heute bezahlen Musaros alles aus dem eigenen Sack. Doch es wird eng. Die Versicherung des Ingenieurs stuft die Mängel an den beiden Häusern als Serienschaden ein. Deshalb wurde die Versicherungssumme für beide Häuser nur einmal ausbezahlt. Die Anwälte beider Parteien versuchen nun geltend zu machen, dass die beiden Häuser individuell bewertet werden. Dies wäre die Voraussetzung, dass die Versicherung noch einmal Fr. 100'000. ausbezahlt. Noch gibt es aber keine Einigung in dieser Frage.

Musaros brauchen Geduld. Es kann noch lange dauern, bis die Finanzierung der Haussanierung geregelt ist. Käme es zu einer Klage gegen den Ingenieur, könnte das Verfahren Jahre dauern.

Im «Quer» -Studio kommentiert Irmtraud Bräunlich vom Beobachter den Fall.

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«So nicht!»: Der Beobachter-Fall im Quer

In jedem Quer präsentiert der Beobachter einen unerhörten Fall. «So nicht!» heisst es jeweils, wenn Beobachter und Quer aktiv werden. Wir decken Unmenschliches und Ungerechtigkeiten auf, berichten über Amtsschimmeleien und Behördenwillkür. Im Film kommen die Betroffenen zu Wort, im Studio kommentiert der Beobachter den «So-nicht!»-Fall live.