Zweieinhalb Millionen Jahre ist das Licht des Andromedanebels unterwegs, wenn man es durchs Teleskop in Lü erblickt. Was zunächst wie eine milchige Scheibe aussieht, stellt sich, sobald sich das Auge entspannt hat, als Ansammlung von Milliarden schimmernder Sterne heraus. So unvorstellbar weit entfernt die Galaxie auch sein mag, so faszinierend ist der Fernrohrblick ins Weltall. Besonders in langen Winternächten wimmelt es nur so vor Sternen: die Winter-Milchstrasse, das Kassiopeia-Sternbild, der Orionnebel und natürlich Polarstern und Mond. Durch das Teleskop ist der Erdtrabant gleissend hell, die einzelnen Krater unterscheiden sich deutlich in Grösse und Form.

Abgesehen von der Wüste Namibias gibt es weltweit nur wenig geeignetere Orte als Lü, um möglichst viele Sterne zu beobachten. Das kleine Dorf auf einer Sonnenterrasse im Münstertal hat optimale Bedingungen für Hobby-Astronomen: hoch gelegen, meist trockene Luft – und vor allem abgelegen und damit dunkel. In Lü sind darum in mondlosen Nächten von blossem Auge bis zu 5000 Sterne zu sehen, hundertmal so viel wie zum Beispiel in Zürich.

Noch viel mehr sieht man durch die Teleskope der Himmelsbeobachtungsstation Alpine Astrovillage. «Der Blick zurück beeindruckt mich immer wieder aufs Neue», sagt Mitbesitzerin Jitka Ourednik. Schliesslich ist das, was man heute durchs Fernrohr sieht, Vergangenheit, der eine oder andere Stern längst verglüht.

Anders als bei einer grossen Sternwarte gibt es in Lü nur kleine Besuchergruppen. Man hat mehr Zeit, sich dem Himmelsgeschehen zu widmen. Denn bis sich das Auge entspannt und an den Blick durchs Teleskop gewöhnt hat, dauerts eine Weile. «Und man kann bei uns ungeniert fragen», sagt Mitbesitzer Václav Ourednik. Wer will, kann sogar das eigene Fernrohr mitnehmen; Ourednik zeigt dann, wie man das Maximum aus dem Gerät herausholt.

Informationen: Auf Alpineastrovillage.net finden sich alle Termine der geplanten mehrtägigen Beobachtungs- und Fotokurse. Nachthimmel-Beobachtungsabende (zwei bis drei Stunden) finden wetterabhängig spontan statt, Erkundigungen via Telefon 081 850 36 06. Übernachtungsmöglichkeit im Alpine Astrovillage.

Anreise: Mit der Rhätischen Bahn via Landquart–Sagliains nach Zernez, ab dort Postauto mit Umsteigen in Fuldera. Mit dem Auto durch den Vereinatunnel ins Unterengadin, über den Ofenpass Richtung Müstair, nach Fuldera abbiegen Richtung Lü.

Weitere Sternwarten: Unter Astronomie.ch findet sich eine Liste der öffentlich zugänglichen Sternwarten, Observatorien und Planetarien.

Quelle: Andrea Badrutt