Während der Finanzkrise standen plötzlich Banken vor der Pleite, die als sicher galten. In der Folge verschärften mehrere Länder die Vorschriften. Auch in der Schweiz ging es dabei um zwei Punkte: Die Banken brauchen mehr Eigenmittel und mehr Liquidität. Die Finanzmarktaufsicht (Finma) hat in einem Rundschreiben jetzt auch neue Regeln für Kundeneinlagen erlassen: Die Banken müssen sie nun mit mehr flüssigen Mitteln unterlegen. «Das Ziel ist, dass Banken jederzeit über genügend liquide Mittel verfügen, um eine 30-tägige Stressperiode mit hohen Abflüssen von Kunden- und anderen Einlagen aus eigener Kraft überstehen zu können», sagt Katharina Wälchli von der Zürcher Kantonalbank.

Die Finma liess den Banken aber ein Türchen offen: Sie müssen Spareinlagen nicht mit zusätzlicher Liquidität unterlegen, wenn sie Kunden mittels Zusatzgebühren davon abhalten, Geld innerhalb von 30 Tagen abzuziehen. Das sei der Fall, wenn der Kunde mindestens zwei Prozent Strafzahlung leisten müsse.

Die neue Regel hat Konsequenzen für Banken, die schwergewichtig im Kreditgeschäft tätig sind und viele Spargelder in den Büchern haben. Sie müssen laut dem St. Galler Bankenprofessor Manuel Ammann bezüglich der Liquiditätsanforderungen einiges verbessern. «Den Banken steht es grundsätzlich frei, wie stark sie ihre Bilanzstruktur optimieren, solange die Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen erfüllt sind.»

Die Raiffeisenbanken sind vorgeprescht und wenden die neue Finma-Regel strikte an. Kunden müssen ab 2016 eine Gebühr von zwei Prozent bezahlen, wenn sie die Rückzugs- und Kündigungsbestimmungen auf ihrem Konto nicht einhalten. Angesichts der tiefen Zinsen hat das Folgen. Zum Beispiel auf einem Sparkonto mit derzeit 0,05 Prozent Zins: Hier zahlt man auf dem zu viel abgehobenen Betrag eine Gebühr, die dem 40-Fachen des Jahreszinses entspricht. Wenn etwa eine monatliche Rückzugslimite von 20'000 Franken und eine Kündigungsfrist von drei Monaten für höhere Beträge gilt, muss man 600 Franken hinblättern, wenn man sofort 50'000 Franken abheben will. Das gilt auch für Wertschriftenkäufe, Rückzahlungen von Hypotheken oder Überträge auf die dritte Säule. «Die regulatorischen Vorgaben lassen keinen Spielraum zu», sagt Raiffeisen-Sprecher Franz Würth.

Manche Banken verlangen gar nichts

Es geht auch anders. Das zeigen weitere vom Beobachter befragte Banken:

  • Die Zürcher Kantonalbank verzichtet auf Strafgebühren. Sie werde Spargelder mit mehr Mitteln unterlegen. Das sei die kundenfreundlichere Regelung.
  • Postfinance sagt: «Aus heutiger Sicht drängt sich keine Anpassung unserer Rückzugskonditionen auf.»
  • Die Credit Suisse verlangt die höhere Gebühr nur auf einem speziellen Firmenkonto: Bei den restlichen Konten zieht sie wie bisher ein Prozent ab.
  • Die Migros-Bank behält die bisherige Praxis bei und verrechnet 0,2 Prozent auf den Beträgen, die die kündigungsfreien Rückzugslimiten übersteigen.
  • Die UBS ändert ihre Konditionen nur bei vorzeitiger Auflösung von Festgeld. Hier belastet sie zwei Prozent Gebühren auf dem Barwert.
  • Die Luzerner Kantonalbank verrechnet nur bei Rückzügen von Kassenobligationen und Festgeldern einen Strafabzug von zwei Prozent – schon seit Anfang Jahr. Beim Kontosortiment sei noch nicht entschieden, wie und wann sie diese Massnahmen umsetzen werde.
  • Die Aargauer Kantonalbank belastet ab 2016 auch auf Konten einen Nichtkündigungsabzug. Er beträgt aber nur ein Prozent für den Betrag, der die kündigungsfreie Rückzugslimite übersteigt.
  • Die Valiant Bank verlangt nur auf Konten mit vorteilhafteren Zinsen eine Gebühr von zwei Prozent. In fest umrissenen Härtefällen verzichtet sie darauf; dazu zählt eine persönliche Notlage wie Krankheit, Unfall oder Todesfall – oder wenn ein Kunde bedürftig wird oder auf Sozialhilfe angewiesen ist.

Bankenprofessor Ammann begrüsst die neuen Vorschriften. Jede Bank sei frei im Entscheid, ob sie Rückzugsgebühren erhebe oder nicht – und den Mehraufwand letztlich über geringere Spar- oder höhere Kreditzinsen auf die Kunden überwälzen wolle. Die Finma wolle sicherstellen, dass die Banken auch im Krisenfall genügend Liquidität hätten. Ammann: «Es geht aber nicht nur um die einzelne Bank, sondern um das ganze Bankensystem.»

Wie können die Bankkunden auf die Strafgebühren reagieren?

Am besten, indem sie ihren Geldbedarf planen und nicht kurzfristig Summen abheben müssen, auf denen Strafgebühren anfallen. Planung werde in Zukunft noch wichtiger, meint der St. Galler Bankenprofessor Manuel Ammann. «Ich gehe davon aus, dass mit der Zeit noch weitere Banken solche Rückzugsgebühren auf Spargeldern einführen werden.» Deshalb sollten Kunden die Konditionen ihrer Konten jeweils genau überprüfen, mit der Bank über Möglichkeiten sprechen und – sofern nötig – rechtzeitig neue, geeignete Konten einrichten. Wer trotzdem einen höheren Betrag abheben muss, etwa um die Hypothek zu amortisieren, sollte unbedingt die Kündigungsfrist einhalten. Sonst kann es teuer werden. Mit Kulanz kann man kaum rechnen.