Bei der St. Galler Coiffure-Institut GmbH ist die Lehre ein Minusgeschäft: Im ersten Jahr verdienen die Lehrlinge gerade mal 100 Franken im Monat statt 350 Franken, wie vom Coiffeurfachverband empfohlen. Die meisten bezahlen ihre Lehre obendrein auch noch selbst. Sie liefern Institutsinhaber Willi Huser 500 Franken im Monat ab, für eine «Intensiv-Zusatz-Ausbildung», die laut Huser «das Finden einer Arbeitsstelle erleichtert und den Erfolg in der Branche garantiert». Das zieht bei den zumeist ausländischen Interessenten: Um ihren Kindern die beste Ausbildung zu ermöglichen, unterschreiben viele Eltern den Zusatzvertrag - und liefern Huser jährlich 6000 Franken ab.

Was viele übersehen: Das eidgenössische Fähigkeitszeugnis würden die Lehrlinge auch ohne diesen teuren Zusatzvertrag erlangen. Huser sagt, das Geld würde für intern durchgeführte Schulungen eingesetzt, die über die Grundausbildung hinausgehen. Und die 100 Franken Lohn würden durch Trinkgeld aufgebessert.

Das verantwortliche Amt für Berufsbildung sieht sich nicht zum Handeln veranlasst. «Der Lohn von 100 Franken ist nicht anfechtbar. Auch die Zusatzverträge über 500 Franken werden privatrechtlich zwischen Eltern und Institut abgeschlossen, darauf haben wir keinen Einfluss», sagt Werner Aemisegger, Leiter der Abteilung Lehraufsicht.

Jetzt regt sich in St. Gallen Widerstand. «Hier wird offensichtlich die Notsituation von Auszubildenden auf grobe Weise ausgenutzt», sagt der St. Galler SP-Kantonsrat Urs Hermann. Er will eine Interpellation einreichen und prüfen lassen, ob die Geschäftstätigkeit des Coiffure-Instituts tatsächlich legal ist, wie die Behörden behaupten.