Sie sind Gärtner?» – «Gärtnerin», korrigiert Larissa Stüssi die Frage des Beobachters. Verschmitzt lächelnd sortiert die 55-Jährige eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht. Nur die tiefe Stimme der Rockträgerin irritiert etwas. Chirurgisch ist die Umwandlung perfekt geglückt. Larissa Stüssi konnte nach zehn Tagen nach Hause. Drei bis vier Wochen Spitalaufenthalt sind nach einem solchen Eingriff die Regel. Komplikationen oder psychische Probleme traten nicht auf. Der Bericht des Universitätsspitals Zürich dokumentiert, dass am 31. Januar 2003 eine erfolgreiche «geschlechtsanpassende Operation (Mann zu Frau) durchgeführt wurde und somit keine Zeugungsfähigkeit mehr besteht, da beide Hoden und auch der Penis entfernt wurden». Rund 12 bis 15 Geschlechtsumwandlungen werden im Zürcher Unispital pro Jahr vorgenommen.

Das Badener Urteil sei nichtig


Weniger erfolgreich ist bis jetzt die amtliche Umwandlung des Ralph in die Larissa verlaufen. Wohl gab das Bezirksgericht Baden sofort grünes Licht für die Änderung des Zivilstandsregisters. Doch die Direktion des Innern ihres Heimatkantons Glarus weigerte sich, im Familienregister Ralph durch Larissa zu ersetzen. Das hat zur Folge, dass Larissa Stüssi keinen neuen Pass erhält. Einen Führerschein und einen AHV-Ausweis, die auf den neuen Namen lauten, besitzt sie hingegen bereits. Dafür waren die Behörden ihres Aargauer Wohnorts Baden zuständig.

Die Glarner hingegen beharren darauf, dass Ralph Stüssi rechtlich noch immer verheiratet sei. Würde der Name Larissa ins Familienregister eingetragen, käme dies der Anerkennung einer gleichgeschlechtlichen Ehe gleich. Dies aber sei verboten. Das Badener Urteil, das zu einem andern Schluss kam, bezeichnen die selbstbewussten Glarner als nichtig. Ralph Stüssi müsse sich deshalb scheiden lassen. Dann stehe einem Eintrag nichts mehr im Wege.

Eine Scheidung aber kommt für Larissa Stüssi nicht in Frage: «Meine Partnerin und mein Sohn haben in einer schwierigen Zeit immer zu mir gehalten.» In einem nicht einfachen und oft schmerzlichen Prozess hatten die Angehörigen die bisher unbekannte Seite von Ralph Stüssi akzeptiert. Eines Mannes, der schon als Bub gerne ein Mädchen gewesen wäre, was er aber niemandem sagen konnte. «Damals durfte man so etwas nicht einmal denken», erzählt sie.

Die Rechtslage ist unklar


Ralph Stüssi heiratete, erlebte Vaterfreuden – und konnte trotzdem nie den Wunsch ablegen, eine Frau zu sein. Sein Doppelleben endete erst, als ihn seine Frau in Frauenkleidern ertappte. Nach langen Gesprächen zeigte sie Verständnis für seine Neigung. Auch sein Sohn, der damals in der Pubertät steckte, tolerierte seinen Wunsch, dem anderen Geschlecht anzugehören.

«Es wäre gemein, mich nun scheiden zu lassen.» Auch als Frau wolle sie immer zu ihnen halten. Gemahlin und Sohn sollen sie dereinst auch beerben.

Die Weigerung der Glarner Direktion des Innern, sie als Larissa ins Familienregister einzutragen, will sie nicht akzeptieren. Sie hat den Fall an den Gesamtregierungsrat weitergezogen.

Die Schwierigkeit dabei ist, dass Geschlechtsumwandlungen bis jetzt weder in einem Gesetz noch in der Rechtsprechung ihren Niederschlag gefunden haben. Larissa Stüssi hofft nun auf einen menschlichen Entscheid.

Quelle: Roger Wehrli