Jahrelang zahlte Walter Peyer* zähneknirschend für einen Parkplatz, den er berufsmässig brauchte. Als er seinen Job bei der Secura-Versicherungsgesellschaft aufgab, verlangte er das Geld zurück. Das erwies sich allerdings als ein schwieriges Unterfangen. Doch alles der Reihe nach.

Im Frühjahr 1995 beschloss die Direktion der Secura in Zürich, die Fahrzeugexperten und Schadeninspektoren müssten in Zukunft für die Firmenparkplätze etwas bezahlen. Die betroffenen Mitarbeiter sollten einen Vertrag unterzeichnen, der es der Gesellschaft erlaubte, monatlich 80 Franken für die Parkplatzmiete vom Lohn abzuziehen. Murrend unterschrieb die Belegschaft, darunter auch der ehemalige Secura-Mitarbeiter Walter Peyer; er bezahlte monatlich zunächst 80, später noch 60 Franken für seinen Parkplatz.

Als aber Peyer sein Arbeitsverhältnis mit der Secura auf Ende Januar 2000 kündigte, bat er seine Vorgesetzten schriftlich um ein offenes Gespräch bezüglich Rückerstattung der Gebühren. «Ich kann schliesslich meine Aufgaben als Schaden- und Fahrzeugexperte ohne Auto gar nicht erfüllen», sagt Walter Peyer.

Eine klare Sache für den Richter
Trotz mehreren Rückfragen blieb die Secura eine Antwort schuldig. Das ärgerte Peyer zusätzlich, und er verklagte seinen ehemaligen Arbeitgeber – auf Rückzahlung der seiner Ansicht nach seit Jahren zu Unrecht erhobenen Gebühren.

Das Gewerbliche Schiedsgericht in Basel reagierte prompt. Bereits sieben Tage nach Einreichen der Klage lud es die Parteien zur Verhandlung vor. Ergebnis: Die Secura musste Peyer die Gebühren zurückzahlen – inklusive fünf Prozent Verzugszins.

Für das Schiedsgericht war klar: Sobald ein Vertrag die Mitarbeiter zur Ubernahme von Spesen verpflichtet, die notwendigerweise durch die Ausführung der Arbeit entstehen, ist dies nicht zulässig. Denn solche Auslagen zählen zu den Betriebskosten, für die der Arbeitgeber aufzukommen hat. Und dazu gehört auch ein Parkplatz, sofern die Mitarbeiter ihr Auto als Arbeitsinstrument unbedingt brauchen.

Die Secura schluckte diese bittere Pille und zahlte dem ehemaligen Schadeninspektor den geforderten Betrag anstandslos zurück. Ausserdem strich die neue Geschäftsleitung der Generali/Secura die Parkplatzgebühren sofort von den Lohnabrechnungen der Schaden- und Fahrzeugexperten.

Schön für die Mitarbeiter. Aber wie steht es in ihrem Fall mit einer Rückerstattung? «Wir sind im Moment damit beschäftigt, die Arbeitskonditionen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu überarbeiten. Dabei wird auch die Spesenregelung geprüft», sagt Peter Schürch, Mitglied der Geschäftsleitung Generali in Genf. «Uber die Ergebnisse kann im Interesse einer koordinierten Mitarbeiterinformation zurzeit jedoch noch nichts gesagt werden», heisst es weiter aus Genf.

Was ganz konkret die Rückzahlung der Parkplatzgebühren betrifft, so waren die Verantwortlichen sowohl in Genf als auch in Zürich «aus Rücksicht auf die aktuell heikle Phase der Fusion» zu keinen weiteren Aussagen bereit.

Die Konkurrenz ist grosszügiger
Entsprechend unglücklich sind die betroffenen Mitarbeiter der inzwischen mit der Generali fusionierten Secura. «Wir können ja nicht wie unser ehemaliger Kollege gegen unseren Arbeitgeber prozessieren. Schliesslich sind wir auf unsere Jobs angewiesen», sagt einer der Angestellten.

Abwarten und Tee trinken, lautet also das Motto – und darauf hoffen, dass die neue Geschäftsleitung irgendwann doch noch zu Gunsten ihrer Angestellten entscheiden wird. Vielleicht hilft dabei ja auch ein Blick auf die Gepflogenheiten der andern Schweizer Versicherungsgesellschaften. Dort ist überall ein kostenloser Parkplatz für alle Experten und Aussendienstmitarbeiter «selbstverständlich» – und das ganz ohne Gerichtsentscheid.

* Name geändert