Der Kommentar des Medgate-Ärzteteams:

Bei jedem Medikament muss der potentielle Nutzen den möglichen Schäden gegenübergestellt werden. Oft ist die Verträglichkeit sehr individuell: Medikamente mit bekanntermassen vielen Nebenwirkungen werden von einigen Patienten problemlos vertragen, andere Patienten hingegen haben bei sonst problemlosen Medikamenten schwere Nebenwirkungen.

Aktuell sind die Cholesterinmedikamente durch die Diskussion um das Präparat Lipobay (Cerivastatin), das von der Firma Bayer am 13.08.01 vom Markt genommen wurde, in Verruf geraten. In über 30 ungeklärten Fällen war es in den USA zu einem akuten Muskelschaden (Rhabdomyolyse) mit Todesfolge gekommen. Betroffen waren offenbar Patienten mit (nicht empfohlenen) Medikamenten-Kombinationen oder Dosierungen, die in der Schweiz nicht üblich sind. Diesbezügliche Abklärungen sind noch im Gange. In der Schweiz wurde bisher ein Fall mit Rhabdomyolyse gemeldet, der nicht tödlich verlaufen ist.

Interessant sind sicherlich die folgendenden Empfehlungen der Arbeitsgruppe Lipide und Atherosklerose (AGLA) der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie, die allerdings auf «medizinerisch» abgefasst sind (Den Originaltext erhalten Sie auf Anfrage zugesandt):

Im Einklang mit unseren letzten Empfehlungen, ist eine Behandlung mit Statinen bei Patienten indiziert, die ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko aufweisen und die trotz diätetischer Massnahmen die Interventionswerte bezüglich Lipiden überschreiten.


Aufgrund der gegenwärtigen Kenntnisse sollten Patienten, die Cerivastatin erhalten, auf ein anderes Statin umgestellt werden.


Die Wahl und die Dosierung der Statine basiert auf pharmakologischen Eigenschaften der Statine und deren unterschiedlicher Potenz, der erwünschten Senkung des Cholesterins sowie den Resultaten aus Studien, welche die Effektivität und das Sicherheitsprofil der Statine evaluiert haben (5-6). Zudem ist es vorzuziehen, nicht von vornherein die höchste Dosis zu verschreiben. In Erwartung der Resultate aus Langzeitstudien, sollten hohe Dosen von Statinen nur bei extremen Formen von Hypercholesterinämie verschrieben werden.


In Anbetracht des erhöhten Risikos von Myopathie:

Die Kombination Statin-Fibrat sollte nur bei ausgeprägten Fällen von kombinierter Hyperlipidämie eingesetzt werden, falls der therapeutische Nutzen das Risiko von unerwünschten Effekten klar übersteigt. In solchen Fällen sollte eine entsprechende Expertenmeinung eingeholt werden.

Der Beginn einer Therapie mit einer Kombination eines Statins und Cyclosporin bei einem Patienten mit kardiovaskulärem Risiko sollte ebenfalls aufgrund einer Evaluation des Risiko/Nutzen-Verhältnisses mit einem Experten besprochen werden.

Statine sollten nicht mit Medikamenten kombiniert werden, von denen man bereits weiss, dass sie zusammen mit Statinen ein erhöhtes Myopathierisiko zur Folge haben [zum Bsp. Gemfibrozil, Nikotinsäure, Fibrate, Cyclosporin, Makrolide vom Typ Erythromycin und Clarithromycin, Antimykotika vom Typ der Imidazole (Ketoconazol, Itraconazol), Proteaseinhibitoren, Chlorzoxazon etc.]. Ebenso sollten Kombinationen mit Medikamenten vermieden werden, die das Cytochrom P450 inhibieren (vor allem die Cytochrom P450 3A4 Isoform).


5. Trotz der alarmierenden Meldungen der Firma Bayer über das Auftreten einer erhöhten Zahl von Todesfällen, die auf Cerivastatin zurückgeführt werden könnten, und dem sofortigen Rückzug dieser Substanz, sind wir abschliessend der Ansicht, dass Statine unter Beachtung der notwendigen Vorsichtsmassnahmen weiterverwendet werden sollten.