Editorial: Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Bundespräsidiale Wortraketen zum Ersten August.
Veröffentlicht am 16. Juli 2001 - 00:00 Uhr
Am Anfang des Bundes stand und steht der Wille zur Freiheit (8). Läuft die Zeit heute anders (2)? Damals waren die Zustände im Fraubrunnenamt so, wie wir sie in Bosnien und im Kosovo und in Tschetschenien und in Timor erlebt haben und erleben (11). Ich hüte mich davor, Alarm zu schlagen (2). Aber die Andern sind nicht mehr die Andern (11). Am 1. August stellt sich die Frage, wie es mit unserem inneren Feuer für die Schweiz steht (9). Ein gewisser Griesgram hat sich breit gemacht, wie Mehltau liegt eine pessimistische Stimmung über unserem Land (11). Keine Angst: Die Kirchen in unserer Heimat haben immer noch ihre Glocken (10). Doch Hand aufs Herz: Sind wir solidarisch genug, packen wir die Probleme gemeinsam an, blicken wir nach vorn (11)? Sicher, wir wollen die so genannten Gräben nicht dramatisieren (14). Aber es geht nicht nur um die Sprachenfrage (3). Wir sind ein Kleinstaat mit seinen engen Grenzen und Schranken (12). Sogar die Luft zeigt uns, wie abhängig wir sind, denn sie kann Hunderte von Kilometern ausserhalb unseres Landes verschmutzt worden sein (1). Dieses Schneckenhaus ist klein und nicht unzerbrechlich (11). Dieses gebirgige Land liegt im Herzen Europas (4).
Wir leben in einer Zeit grosser weltweiter Veränderungen (13). Unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem wird immer komplizierter (8). Oft muss das Werkstück nochmals zurück auf die Werkbank (5). Angesichts dieser komplexen Aufgaben sind Kleinmut und Verzagtheit nicht am Platz (6). Hier zählen wir ganz besonders auf unsere Jugend (8). Es ist Aufgabe unserer Generation, den von unseren Ahnen eingeschlagenen Weg weiterzugehen (3). Das bedeutet, dass wir auch weiterhin uns selbst sein wollen, wenn nötig mit der Waffe in der Hand (2). Es ist unsere Schweiz, eure, meine (12). Wir müssen uns von niemandem belehren lassen (9). Doch wir kommen nicht darum herum, unsere Zukunft zu gestalten (11). Miteinander, füreinander (12). Dafür muss der Mensch kämpfen, solange die Welt steht (11) und im Vertrauen darauf, dass uns der Schutz des Allmächtigen weiterhin erhalten bleibe (6).
Der Beobachter dankt den Ghostwritern, die mit bundespräsidialen Wortraketen dieses Editorial ermöglicht haben: Pierre Aubert (1), Georges-André Chevallaz (2), Flavio Cotti (3), Jean-Pascal Delamuraz (4), Ruth Dreifuss (5), Alphons Egli (6), René Felber (7), Kurt Furgler (8), Arnold Koller (9), Moritz Leuenberger (10), Adolf Ogi (11), Leon Schlumpf (12), Otto Stich (13) und Kaspar Villiger (14).
Übrigens: Am 1. August 2001 spricht Moritz Leuenberger in Interlaken und Samuel Schmid im Kosovo. Wir harren gespannt der Lehren für die Zukunft.