Sie war ein Sitcom-Star im Schweizer Fernsehen und hat auf internationalen Laufstegen Mode präsentiert. Sie hat nackt gegen Pelze demonstriert, in einem Kibbuz Kühe gemolken und in den USA eine Schauspielschule besucht. Wie alt muss eine Frau sein, die in ihrem Leben so viel gemacht und erlebt hat? 40? 50? Nun, Gwendolyn Rich ist gerade mal 25 Jahre alt und widmet sich zurzeit der anspruchsvollsten Aufgabe, die sie je zu bewältigen hatte: Sie kümmert sich – allein – um ihre neun Monate alte Tochter Loïs.

Gwendolyn Rich lebt in Meilen am Zürichsee. Auch wenn zunächst die Kleine meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht, bin ich in erster Linie hier, um mit der Mutter zu kochen. Diese sagt, sie sei nervös, weil das Kochen nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen gehöre. Und überhaupt sei die Küche noch gar nicht fertig eingerichtet. Wir setzen uns also vorerst zum Gespräch und schieben die Arbeit ein wenig hinaus.

Mit 14 war Gwendolyn Rich bereits ein TV-Star. Sie spielte in der Fernsehserie «Tobias» mit und war dadurch prominent in allen Medien vertreten. Dass sich der Rummel gelegt hat, stört sie überhaupt nicht: «Als mich beim Einkaufen plötzlich alle erkannten, war das ein Stress. Ich bin grundsätzlich ein scheuer Mensch. Wenn ich Freunden erzähle, dass es mir Mühe macht, einfach so durch ein Lokal zu gehen, lachen sie mich aus.»

Fotografen wünschen dünne Frauen


Gwendolyn Rich bittet mich, beim Rüsten und Zubereiten mitzuhelfen. Die Küche mit dem Kindertisch und den Kindergartenstühlchen erinnert mich an eine Puppenstube. Ich sitze beinahe am Boden und kämpfe beim Rüsten gegen meine Knie, die mir in die Quere kommen.

Essen ist ein umstrittenes Thema in der Modebranche. Viele Models sind so mager, dass man sie verdächtigt, magersüchtig zu sein. Wie (über)lebt Gwendolyn Rich in dieser Welt? «Die Models essen nicht freiwillig wenig, sondern weil die Fotografen und Designer immer dünnere Frauen wünschen», sagt sie.

Wie aber geht sie persönlich damit um, dass sich jedes Pfund zu viel negativ auf die Auftragslage auswirken kann? Gwendolyn Rich weicht aus: «Es sind ja nicht die Formen, die eine Frau interessant machen. Ich habe manche bildschöne Kollegin kennen gelernt, die mir nach ein paar Tagen, als ich sie besser kannte, hässlich vorkam.» Immerhin verrät sie, dass sie nur wenig Zeit zum Essen habe: Immer wenn sie eine Gabel voll nehmen wolle, müsse sie erst die Kleine füttern.

Gwendolyn Richs Eltern kochten gut und gern: der Vater währschafte Schweizer Gerichte, die Mutter – Halbfranzösin – bevorzugte Mediterranes. Noch heute freut sich Gwendolyn, nach einer anstrengenden Auslandsreise nach Hause zu kommen und sich für ein Couscous oder für Moules marinières an den Tisch zu setzen.

Als die fünf Kinder schulpflichtig waren und die Mutter wieder berufstätig wurde, beschränkten sich die gemeinsamen Essen aufs Wochenende und auf Feiertage. Rich: «Unter der Woche war manchmal viel Betrieb rund um den Kühlschrank. Man bediente sich individuell oder taute etwas aus dem Tiefkühlfach auf.»

Lammspiess in Fladenbrot, grossartig!


Wir haben das Lammcarré angebraten und in den Ofen geschoben. In der Zwischenzeit kümmern wir uns um den Feta und den israelischen Salat. Gwendolyn Rich hat sich während ihrer Aufenthalte im Kibbuz nicht nur für Kochrezepte interessiert, sondern vor allem für die hebräische Sprache. Als Tochter einer jüdischen Mutter wollte sie ihren Wurzeln nachgehen und die Traditionen dieses Glaubens kennen lernen. Im Kibbuz lernte sie Kühe melken, was sie als Schweizerin durchaus passend fand.

Welche kulinarischen Glanzlichter hat Gwendolyn Rich auf ihren Reisen um die halbe Welt kennen gelernt? «In New York ass ich zum ersten Mal Sushi. Ich kannte diese scharfe grüne Sauce, Wasabi, nicht und ass davon so viel, dass es mir beinahe das Hirn wegblies.» Das köstlichste Barbecue habe sie in Armenien serviert bekommen. Sie besuchte die Familie ihres damaligen Freundes und ass «Lammspiesse, eingeklemmt in ein Fladenbrot, wie ein Kebab, so dass das Brot die Sauce des Fleisches aufnahm. Grossartig!»

Gwendolyn Rich würde sich wünschen, einen Mann kulinarisch verwöhnen zu können. «Wenn Liebe wirklich durch den Magen geht», sagt sie, «dann weiss ich, warum ich zurzeit keinen Partner habe.» Man solle nun aber bitte nicht das Gefühl bekommen, sie sei auf der Suche. Nein, es gehe ihr gut. Sie habe mit ihrer Tochter eh alle Hände voll zu tun.

Mit der Mutterrolle will sie sich nicht begnügen. Zurzeit ist sie auf dem Set einer neuen Schweizer Komödie, die Ende Jahr in die Kinos kommt: «The Ring Thing». Eine Parodie auf «Lord of the Rings». Gwendolyn spielt Prinzessin «Grmpfli», die weibliche Hauptrolle.

Während des Kochens machte Loïs ein Mittagsschläfchen. Jetzt ist sie, rechtzeitig zum Essen, wieder wach. Wir setzen uns und lassen es uns schmecken. Nur Gwendolyn kommt leider zu kurz. Wie gesagt: Immer wenn sie essen will, kommt die Kleine dazwischen.

Quelle: Niklaus Spoerri